E-Bike Tour de Suisse (German Edition)
haben. Winnetou und Old Schatterhand waren da unsere Vorbilder. In dem Alter war es für uns ein überzeugendes Argument, dass die beiden Helden von Karl May ihre Lagerplätze auch so verlassen haben, dass keine Hinterlassenschaft mehr von ihnen zu finden war. Was für Winnetou und Old Schatterhand gegolten hat, musste auch für uns gelten. Daran haben wir uns gehalten.“
„Bien sûr, ce n'était pas différent chez nous.“ Emmanuelle stimmt zu.
„Das war bei uns natürlich auch nicht anders. Ich war 8 Jahre alt, als ich zu den Pfadfindern kam. Bei uns heißen die kleinen Mädchen Bienli, Louvette oder Lutin. Eure kleinen männlichen Wölflinge heißen bei uns Wölfi oder Louveteau. In Bienli steckt keine Geschichte dahinter, ich weiß gar nicht, wie dieser Name entstanden ist. Für die Wölfis gibt es wie bei Euch das Dschungelbuch von Rudyard Kipling. Die französischen Louvettes heißen auf Deutsch ‚kleine Wölfinnen‘, das passt ja schon. Als ich dann bei den richtigen Pfadfindern und etwas älter war, habe ich dann selber eine Bienli oder Louvettes Gruppe geleitet. Ich war damals 14 Jahre alt. Ich war bis 18 bei den Pfadfindern und habe auch immer eine Gruppe geleitet, also fast solange ich zur Schule ging. Als ich dann nach Bern kam und meine Berufsausbildung anfing, hatte ich nur noch einen losen Kontakt zu den Pfadfindern. Meine Freunde von damals habe ich natürlich immer mal wieder getroffen, aber das war dann immer informell.“
„Bei mir war es ähnlich. Nach der Bundeswehr und während des Studiums wurde der Kontakt immer lockerer. Ich hatte dann einfach andere Interessen“, antwortet Martin. „Sollen wir jetzt weiterfahren, damit wir heute noch zu unserer Stadtrundfahrt in Bern kommen?“
Emmanuelle nickt zustimmend und Martin reicht ihr das Velo. Er ist erstaunt, wie leicht es ist. Viel Gepäck hat sie auch nicht dabei, das ist dann schon ein angenehmes Fahren.
Sie fahren wieder zurück nach Hagneck und dann am Ufer des Aare-Hagneck-Kanals bis Aarberg, einem bedeutenden Städtchen im Berner Seeland mit knapp über 4.000 Einwohnern. Es wurde 1220 gegründet und war in den vergangenen Jahrhunderten ein wichtiger Straßenknotenpunkt der Schweiz. Inzwischen dürfte der große Verkehr wohl an Aarberg vorbeigehen. Sehenswert sind alte Bürgerhäuser und die 400 Jahre alte Holzbrücke über der Aare. Die Umgebung ist geprägt durch eine waldreiche Hügel- und Flusslandschaft.
Nach Aarberg geht’s weiter die Aare entlang zum Stausee Niederried und dann zum Wohlensee. Sie bleiben an der Aare und fahren schließlich in Bern ein. Höchste Zeit für eine ordentliche Rast mit einer ordentlichen Mahlzeit. Der Magen knurrt. Sie stärken sich gleich am Eingang von Bern in einem kleinen Ausflugsrestaurant. Es ist ja heute Feiertag. Da sind viele Spaziergänger unterwegs.
Nachdem sie ihr Essen bestellt haben, fragt Martin. „Heute habe ich ganz viele Stauseen und Wasserkraftwerke gesehen, ich weiß gar nicht mehr wie viele es waren. Die wurden ja vermutlich schon vor längerer Zeit gebaut. Aber es gibt ja bei Euch auch viele ganz neue große Baustellen. Eure Berge sind durchlöchert wie euer Emmentaler Käse. Erst vor ein paar Jahren wurde euer neuer Tunnel durch den Lötschberg eingeweiht. Und nun habt Ihr am Gotthard schon wieder eine Riesenbaustelle durch den Berg. Geht das denn bei Euch alles so problemlos über die Bühne oder gibt es auch wegen jeder Baustelle so Proteste wie bei uns?“
„Nous avons grandi avec les montagnes.“ Emmanuelle versucht sich diplomatisch auszudrücken. „Weißt du, wir haben eine sehr schwierige Topographie. Wir sind mit den Bergen aufgewachsen und groß geworden. Es ist doch so, ohne die Berge würde es die Schweiz nicht geben. Nur dank der Berge konnten wir uns in den vergangen Jahrhunderten gegen die umliegenden Großmächte verteidigen. Das war sogar im letzten Jahrhundert noch so. Wenn wir nicht durch die Berge geschützt worden wären, wären Hitler und Mussolini in die Schweiz einmarschiert, so wie sie auch in die übrigen Länder Europas einmarschiert sind. Deswegen sind die Berge unser bester Schutz. Die Berge geben uns auch die Wasserkraft und dadurch unsere Energie. Dafür haben wir natürlich hohe Kosten. Das Anlegen und der Unterhalt der Wege, Straßen und der Bahnlinien erfordern immense Summen. Im Winter ist die Schweiz eingeschneit. Um die Verkehrswege aufrecht zu erhalten, müssen wir einen hohen Aufwand treiben. Da gibt es in der Schweiz einen
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