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E-Book - Geisterritter

E-Book - Geisterritter

Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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Hilfe brauchten. Und er erschien, wie abgesprochen, kurz nach Schulschluss und verwickelte die Aufsicht führende Lehrerin (Mrs Bagenal, Mathematik und Chemie) in ein Gespräch über Zahnhygiene, damit Ella und ich uns hinauf in die Schulkapelle schleichen konnten.
    Ich hatte vorgeschlagen, den schmutzigen kleinen Erpresser einfach so einzuschüchtern, dass er uns freiwillig erzählte, wo das Herz war, aber Ella runzelte nur die Stirn und fragte, wie ich das anstellen wollte. Natürlich hatte ich keine Ahnung, also machten wir es auf ihre Weise: Ich versteckte mich zwischen den Bänken, und zehn Minuten später spazierte Ella in die Kapelle und blickte sich um, als wollte sie sichergehen, dass niemand da war. (Sie ist eine ziemlich gute Schauspielerin, wie ich an diesem Tag feststellte.)
    »Aleister? Aleister Jindrich?«, fragte sie in die Stille. (Longspee hatte uns seinen Namen verraten.) »Wo bist du? Ich muss mit dir sprechen.«
    Er ließ nicht lange auf sich warten. Ella sah wie immer sehr hübsch aus, und es schmeichelte Aleisters Eitelkeit sicher maßlos, dass ein solches Mädchen nach ihm rief.
    Zuerst war er kaum mehr als ein Flackern vor den Altarstufen. Dann erschien sein Kopf, verschlagen grinsend wie die Grinsekatze in Alice im Wunderland , und schließlich stand der ganze Junge vor Ella, in seiner Choristen-Tracht, die wie eine ausgebleichte Version von Angus’ Tracht aussah.
    »Nun sieh sich einer das an!«, schnurrte er und lächelte Ella dabei so anzüglich an, dass ich ihn gern auf der Stelle verprügelt hätte. »Kennen wir uns? Nicht, dass ich wüsste.«
    Ella musterte ihn mit so ungerührter Miene, als gäbe es nichts Normaleres auf der Welt als einen toten spukenden Choristen.
    »Mein Name ist Ella Littlejohn«, sagte sie. »Meine Großmutter Zelda führt Geistertouren durch Salisbury. Deshalb bin ich hier.«
    »Ach ja?«, Aleister begann, um sie herumzuschleichen wie eine Katze um den Milchtopf. »Erklär das bitte etwas näher.«
    Ella verschränkte die Arme. Der Vollbart hatte uns erzählt, dass das Geister angeblich davon abhielt, mit einem zu verschmelzen. Er wusste wirklich ein paar nützliche Dinge, wenn er vergaß, dass er ein Zahnarzt war.
    »Ich hab meiner Großmutter von dir erzählt«, sagte Ella. »Schließlich weiß jeder auf dieser Schule von dir. Aber Zelda sagt, sie will auf ihren Touren nicht von einem Jungen erzählen, derso kindisch war, aus Heimweh aus dem Fenster zu springen und seither nichts Besseres zu tun hat, als in seiner alten Schule herumzuspuken und sich leidzutun.«
    Perfekt. Aleister wurde so weiß wie ein Betttuch (nicht, dass er im Normalzustand allzu viel Farbe hatte, aber es machte einen Unterschied).
    »So, das sagt deine Großmutter!«, fauchte er. Er hatte wirklich ziemliche Ähnlichkeit mit einer Katze.
    »Ja, das sagt sie«, erwiderte Ella ungerührt. »Aber ich habe eine andere Geschichte gehört.«
    Sie machte eine wirkungsvolle Pause und strich sich das Kleid glatt (die Schuluniform der Mädchen ist nicht gerade aufregend, aber Ella sah selbst darin gut aus).
    »Ein Junge in meiner Klasse«, fuhr sie fort, »sagt, dass ein Ritter, der in der Kathedrale spukt, dich getötet hat, weil du ihm sein Herz gestohlen hast. Das hört sich natürlich viel besser an als die Heimweh-Geschichte. Aber welche ist wahr?«
    »Na, das ist die Wahrheit! Der verfluchte Ritter hat mich umgebracht!« Aleister stellte sich auf die Zehen, damit er so groß wie Ella war. Pompöser kleiner Freak! Kein Wunder, dass ihn weder Himmel noch Hölle haben wollten.
    Ella strich sich das Haar zurück. »Beweis es.«
    »Beweisen?« Aleister blickte deutlich verwirrt. »Wie?«
    »Zeig mir das Herz!«
    Für einen Atemzug glaubte ich, er würde durchschauen, worum es hier ging. Doch ich unterschätzte seine Eitelkeit – abgesehen davon, dass es seinem Verstand vermutlich nicht allzu gutgetan hatte,aus einem Fenster zu fallen und jahrhundertelang in seiner alten Schule herumzuspuken.
    »In Ordnung«, sagte er »Aber du musst mich küssen, wenn ich es dir zeige.«
    Kleiner Dreckskerl. Ich sah, wie Ella schluckte und unter ihren gekreuzten Armen die Fäuste ballte, aber ihrer Stimme hörte man den Abscheu nicht an.
    »Natürlich«, sagte sie in gelassenstem Ton. »Ich wollte dich schon immer mal küssen. Du siehst auf dem Bild da draußen so gut aus.«
    Er schluckte es. Er schluckte es wie der Fisch den Köder, der jämmerliche kleine Erpresser. Offensichtlich hatte Aleister vollkommen

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