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E-Book statt Papierkonserve

E-Book statt Papierkonserve

Titel: E-Book statt Papierkonserve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Michaelis
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in den rohen Ton geritzt, so ging man bald dazu über, Zeichen mittels verschiedener Griffelformen – rund, spitz und dreieckig – einzustanzen und nicht mehr jedes einzelne einzuzeichnen. Dies diente der Zeitersparnis beim Schreiben.
    Die veränderte Darstellung mit dem keilförmigen Griffel führte zu einer Vereinfachung der Zeichen. Nach und nach wurden auch Begriffe mit mehreren Bedeutungen verwendet – so stand das Zeichen für Fuß für den entsprechenden Körperteil, aber später auch für das Gehen. Andere Begriffe konnten durch Zeichenkombinationen beschrieben werden, wie beispielsweise die Tätigkeit des Essens durch die Kombination der Zeichen für Mund und Brot. Im Laufe des 3. Jahrtausends v. Chr. führten die Sumerer in einigen Fällen auch ein anderes Prinzip ein, das den weiteren Verlauf der Schriftentwicklung entscheidend prägen sollte: die Verbindung eines Zeichens mit einem bestimmten Laut. Manche Zeichen wurden zunächst nicht mehr nur mit ihrer bildhaften oder dem Zeichen zugeschriebenen Bedeutung verbunden, sondern in ihrer Kombination auch mit bestimmten Lauten. So konnten beispielsweise Namen, für die es keine Zeichen gab, über die mit Lauten verbundenen Silben geschrieben und gelesen werden. Das Zeichen bekam seine Bedeutung dann nicht mehr durch den mit ihm verbundenen Gegenstand oder die entsprechende Tätigkeit, sondern durch seinen Klang in der gesprochenen Sprache.
    Es waren dann nicht die Sumerer, sondern die ebenfalls im Zweistromland beheimateten Akkader sowie die akkadisch sprechenden Babylonier und die Assyrer, die die Keilschrift als Silbenschrift ab Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. ausschließlich phonetisch nutzten. Diese Völker übernahmen die Keilschrift von den Sumerern und setzten sie als Schrift für ihre eigene mündliche Sprache ein. Mit der Phonetisierung wurde die Schrift erheblich flexibler und prägnanter.
    Im Zweistromland blieb weiterhin die Tontafel Trägermedium für die Aufzeichnungen. In gebranntem Zustand zeichnete sie sich durch eine lange Haltbarkeit und – trotz ihrer Zerbrechlichkeit – auch eine gewisse Robustheit aus. Hätten die Sumerer, Akkader, Babylonier und Assyrer ein flüchtigeres Medium als die Tontafel benutzt, so wüssten wir heutzutage sicherlich weniger über die Entstehung der Schrift. Dennoch muss man neben den genannten Vorteilen auch die Nachteile des Tons gegenüber anderen Werkstoffen betrachten: So war er beispielsweise schwerer als der von den Ägyptern verwendete Papyrus und daher bei größeren Mengen an Geschriebenem zunehmend unhandlicher. Auch die Zerbrechlichkeit gehört – gerade in Hinblick auf größere zu lagernde Mengen, beispielsweise in Bibliotheken und Archiven – unzweifelhaft zu den großen Nachteilen des Mediums. Zwar war dies bei den ersten kleineren Täfelchen, die zu Verwaltungszwecken erstellt wurden, aufgrund der geringen Größe und des geringen Umfangs des Mitzuteilenden noch nicht von Bedeutung. Doch mit den wachsenden Mengen an Schriftmaterial wurde die Zerbrechlichkeit zu einem immer gravierenderen Nachteil. Die Bewohner Mesopotamiens wählten Ton als Schriftträger, weil er als Werkstoff in großen Mengen als natürliche Ressource vorhanden war. Stein dagegen war seltener. Dieser kostbare Werkstoff wurde für die kleinen Siegel verwendet, mit denen Aufzeichnungen und Lieferlisten von ihren Absendern beglaubigt wurden.
    Bücher nach unserem heutigen Verständnis gab es bei den Sumerern nicht. Die umfangreicheren Werke wurden genauso mit keilförmigen Griffeln in Scheiben aus Ton gestanzt wie alltägliche Gebrauchstexte. Die ersten Tontafeln mit Schriftzeichen vom Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. enthalten auch nur Abrechnungen. Die Sumerer erfanden die Keilschrift, um Quittungen auszustellen. Umfangreiche Dichtungen wie das Gilgamesch-Epos waren erst mit der weiterentwickelten Form der Keilschrift möglich. Das heißt nicht, dass es zuvor keine Lieder und Geschichten gab. Sie wurden nur nicht schriftlich niedergelegt, sondern gehörten zum umfangreichen Wissensschatz, der mündlich überliefert wurde.
    Eine der ersten längeren Dichtungen, die schriftlich festgehalten wurden, war das Gilgamesch-Epos. Es war vom Inhalt her eines der ersten Bücher, noch lange vor Einführung von Papier und Druckerpresse. Die ältesten schriftlichen Formen dieses Epos stammen aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. In sumerischer Sprache – der Sprache der Stadt Uruk – sind mehrere Epen über Gilgamesch

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