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irgendeiner Form … Würde gezeigt hätte. Oder wenigstens nicht so ein stumpfer, hirnloser Prolet wäre. Was sind das für Götter? Was sind das bloß für Götter?“ Er schlug mit seiner Faust in die Luft. „Wenn es …“ Seine Schultern wurden von den Schluchzern geschüttelt, und ihm fing die Nase an zu laufen.
„Wenn es was?“
„Wenn es ein Unfall gewesen wäre, den ich irgendwie hätte verstehen können. Aber der da ist ein Idiot …“ Roland rang nach Luft.
„Und?“
„Und meine …“ Ihm brach die Stimme weg. „Meine Maxine. Mein Engel … wurde von einem Kerl umgebracht, dem ich noch nicht mal meine Papageien anvertrauen würde, geschweige denn ein Gewehr. Es ist alles so doppelt sinnlos. So gro…“, er stolperte über das Wort, „…tesk. So niedrig. So …“
Er weinte. Er schluchzte. „Ahhhhhhhh!“ Wieder ein Schrei. Mit seinem auf dem Kissen ausgebreiteten grauen Haar sah er aus wie ein Genie aus dem achtzehnten Jahrhundert, das an den Schmerzen der Pest litt. Nur dass Rolands Pest sich nicht durch Ratten übertrug, sondern durch einen Fehler, den ein Schwachkopf begangen hatte, der nun selbst bald seinen letzten Atemzug auf dieser Welt tun würde.
Ich streichelte seine Hand und dachte darüber nach. Was wäre mir lieber, dass meine Frau von einem intelligenten Menschen umgebracht wird, der seinerseits einem schrecklichen Versehen zum Opfer fällt, oder von einem Idioten, der einfach abgedrückt hat, ohne nachzudenken? Ein brillantes Leben – ausgelöscht von einem Deppen. Wie sollte diese Bilanz ausgeglichen werden? Roland hatte Recht. Was für Götter! Was waren das bloß für Götter?
Mit festem Schritt kam Maria in den Raum zurück, die Schultern gespannt wie ein Mensch, der keinen Widerspruch duldete.
„Trinken Sie“, befahl sie ihm, worauf er sich aufsetzte und einen Schluck Wasser zu sich nahm.
„Zunge raus“, ordnete sie an, und er streckte seine Zunge aus dem Mund, auf die sie ihm zwei Aspirin legte.
„Schlucken“, sagte sie, und gab ihm einen weiteren Schluck Wasser zu trinken.
„Legen Sie sich hin.“
Er tat, wie ihm geheißen.
„Das Bett dreht sich.“
„Ruhen Sie sich einfach aus. Nur Schlaf kann solche Dinge heilen.“
Darauf begann sie, auf Spanisch ein Schlaflied zu singen. Die Melodie hatte etwas Einlullendes und erinnerte an Mütter, die – egal in welcher Sprache – ihren Kleinsten etwas vorsummten, um sämtliche Monster und Klabautermänner aus ihrer Fantasie zu verscheuchen. Ich verstand kein einziges Wort von dem Text, aber Maria streichelte Roland immer weiter über den Kopf und hielt seine Hand. Er atmete tief durch und seufzte, und vielleicht schlief er sogar ein.
„Manchmal ist der Tod sinnlos, Mr. Riggs“, sagte sie leise. Als sie sich relativ sicher sein konnte, dass er in den Schlaf zurückgefunden hatte und seine Geräusche aus anderen Tiefen seines Bewusstseins drangen, flüsterte sie mir zu: „Lassen Sie uns gehen. Er hat seine Ruhe gefunden, und vielleicht kann er sogar träumen.“
Auf dem Flur drehte Maria sich zu mir um. „Der Tod findet immer einen Weg, die Lebenden einzuholen.“
„Passiert so etwas häufiger?“
Wissend sah sie mich an. „Es wird Mr. Riggs niemals loslassen. Und der Mann im Fernsehen hat ihn einfach nur wieder an alles erinnert. Sie ist immer noch hier.“ Maria blickte an die dunkle Zimmerdecke. „Sie wird ihn nie zur Ruhe kommen lassen.“
„Das ist Wahnsinn. Er muss einen Weg finden, um dem ein Ende zu machen. Der Tod ist der Tod. Danach ist es vorbei.“
„Es ist niemals vorbei“, flüsterte Maria und bekreuzigte sich.
24. KAPITEL
A m nächsten Tag humpelte ich runter in die Küche. Maria war dabei, für eine weitere Variation ihrer verhängnisvollen Mahlzeiten Zwiebeln zu schneiden.
„Was ist denn mit Ihnen passiert?“ fragte sie, begleitet von dem klackernden Geräusch des Messers auf dem Holzbrettchen. In all der Aufregung hatte sie meine geschwollenen Füße in der Nacht zuvor vermutlich nicht bemerkt. Und ich war, aufgepeitscht vom Adrenalin, so schnell in Rolands Zimmer gerannt, dass ich ihren Zustand selbst vergessen hatte, aber als nun mein Blick auf sie fiel, ließ es sich nicht verhehlen: Sie waren dick und rot und geschwollen.
„Oh … Ich war gestern Nacht noch am Strand spazieren, und da müssen mich ein paar Krebse attackiert haben.“
„Das habe ich ja noch nie gehört.“
„Kommt andauernd vor. Sind Sie nachts schon jemals am Strand spazieren gewesen?“
Sie
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