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Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Titel: Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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unebenen und von Schlaglöchern übersäten Straßen.
    Als sie eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit erschöpft am New Market eintraf, war ihr Karren nicht einmal zu einem Drittel gefüllt. Ein paar Knochen, dreckige Lumpen sowie eine löchrige Arbeitshose und zwei Paar ausrangierte Hausschuhe waren alles, was sie mitbrachte.
    Umso überraschter war sie, als Ebenezer Lahiffe beim Anblick ihrer Ausbeute anerkennend ausrief: »Respekt, Miss Sullivan! Das ist ja beachtlich, was du da an deinem ersten Tag zusammengetragen hast! Zumal es schon früher Nachmittag war, als du losgezogen bist!«
    Dann wollte er wissen, in welcher Gegend sie ihr Glück versucht hatte.
    Sie sagte es ihm und brachte ihn dadurch noch mehr zum Staunen.
    »Da bist du gewesen und hast dennoch so viel mitgebracht?«, staunte er. »Heiliger Patrick, Schutzpatron aller Tugger und Altkleiderhändler! Du scheinst mir wirklich das Zeug zu einem tüchtigen Tuggermädchen zu haben! Die ganze Gegend rund um Ranelagh und Rathmines gehört zum festen Revier von zwei Tuggerfrauen, die für den alten Pembroke arbeiten. Du kannst wirklich von Glück reden, dass du keiner von ihnen über den Weg gelaufen bist. Die hätten dir das Gesicht zerkratzt, wenn nicht gar noch Übleres angetan!«
    Éanna erschrak im Nachhinein, freute sich andererseits jedoch auch über sein Lob. Da war es ein bisschen leichter zu ertragen, dass sie an diesem Tag nur neun Pence verdient hatte.
    »Das wird schon besser, verlass dich darauf«, tröstete Mister Lahiffe. Er händigte Éanna ihren Mantel aus und gab ihr einige gute Ratschläge, welche Route sie am nächsten Tag einschlagen sollte. »Die Strecke hoch zur Dublin Bay und die Route über die Ortschaften an der Küste im Süden der Stadt bis hinunter nach Dun Laoghaire und Killiney dürften ertragreicher sein. Die meisten Tugger scheuen die weiten Wege aus der Stadt. Aber du bist offensichtlich gut bei Kräften. Du musst allerdings früh losziehen. Denn der lange Rückweg ist mit einem vollen Karren nur schwer zu bewältigen.«
    »Das schreckt mich nicht ab! Und wenn Ihr meint, dass es sich lohnt, will ich es dort gern versuchen«, sagte Éanna ohne Zögern. »Wann kann ich morgen meinen Karren holen?«
    »Um halb sechs schließe ich meinen Laden auf.«
    »Dann werde ich um halb sechs zur Stelle sein!«
    Er schmunzelte und nickte. »Das habe ich mir schon gedacht. Dann also bis morgen um halb sechs, Éanna!«
    Müde, aber von neuer Zuversicht erfüllt, beschloss sie, auf dem Heimweg einen kleinen Abstecher zu ihrer ehemaligen Pension einzulegen. Sie hoffte, dort auf Neill zu treffen, bei dem sie sich bedanken wollte. Und tatsächlich fand sie ihn am Torbogen vor. Vollkommen verblüfft blickte er auf die zwei Pence, die sie ihm in die Hand drückte. Seinen Widerspruch ließ sie nicht gelten.
    »Du hast sie dir redlich verdient. Ohne deine Hilfe wäre ich wahrscheinlich immer noch auf der Suche nach Arbeit«, sagte sie.
    »Gott segne Euch für Eure Güte, Miss Sullivan!«
    »Und dich nicht weniger, Neill!«, erwiderte Éanna. Dann machte sie sich auf den Weg nach Hause, wo Emily sie schon voller Unruhe und Sorge erwartete.
    Wie erleichtert war die Freundin, als sie hörte, dass der Tag für Éanna doch noch eine Wendung zum Guten genommen hatte!
    Auch Brendan, den sie nach dem Essen trotz ihrer großen Müdigkeit unbedingt sehen musste, war voller Anerkennung, dass sie den Mut aufgebracht hatte, sich als Tugger zu verdingen.
    Seine Augen blickten besorgt, als sie ihm erzählte, dass sie in einem fremden Revier auf Beutezug gegangen war.
    »Keine Angst, Brendan, ab morgen werde ich in einer anderen Gegend unterwegs sein und mir ein eigenes Revier erobern«, versuchte Éanna ihn zu beruhigen.
    Brendan musste nun doch lachen und seine Augen blitzten sie an, als er sagte: »Éanna, die Eroberin. Das ist mein Mädchen. Sie werden dir alle zu Füßen liegen. So wie ich es tue.« Damit griff er sich dramatisch gespielt an die Brust und ließ sich auf die Erde sinken. Doch die Kälte des eisigen Winterbodens führte dazu, dass er sehr schnell wieder auf den Beinen stand.
    Wieder ernst geworden, fügte er hinzu: »Manchmal liegt eben gerade im Scheitern die Chance auf etwas viel Besseres. Man muss sie nur sehen und ergreifen, so wie es mir mit dir ergangen ist, mein Liebling.« Mit diesen Worten zog er sie zärtlich in seine Arme und für eine ganze Weile vergaßen sie alles um sich herum.

Zwölftes Kapitel
    Die Tage auf der Landstraße

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