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Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Titel: Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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zertretenem Mehl und Zwieback und die Toten, die man nahe bei der Luke niedergelegt hatte, begannen zu verwesen.
    Die Zustände wurden so entsetzlich, dass viele der Auswanderer sich in ihre Betten verkrochen und mit wippenden Bewegungen ihres Oberkörpers apathisch vor sich hin starrten.
    Als die See sich nach zwei Tagen und Nächten vollends wieder beruhigt hatte, schien Captain Crimshaw sich wieder seiner eingeschlossenen Passagiere im Zwischendeck zu erinnern, denn endlich wurde die Luke geöffnet.
    Alle wollten jetzt so schnell wie möglich an Deck, um mit der frischen Luft wieder neuen Lebensmut zu schöpfen. Doch einige hatte die Erfahrung der letzten Tage in den Wahnsinn getrieben. Eine Frau, deren vierjähriges Mädchen in einer der letzten beiden Nächte gestorben war, erklomm, noch bevor sie jemand daran hindern konnte, mit ihrem toten Kind auf dem Arm die Reling und stürzte sich in die eisige See. Ihr folgte Augenblicke später ein weiterer Passagier in den Tod.
    Captain Crimshaw dachte nicht daran, beizudrehen und ein Ruderboot auszusetzen, um nach ihnen zu suchen. Er veranlasste noch nicht einmal eine Seebestattung der elf Toten. Auch für einen Trauergottesdienst unter seiner Leitung sah er nicht die geringste Veranlassung. Die Metoka hatte im Sturm an mehreren Stellen im Rumpf leckgeschlagen, und obwohl die Matrosen das eindringende Wasser mithilfe der Lenzpumpen zurückhielten, wollte der Kapitän offenbar nicht eine einzige Stunde Segelzeit verlieren.
    Der Segelmacher beschwerte die Toten mit Ballaststeinen aus dem Kielraum, schlug sie in ein Stück altes Segeltuch und vernähte es zu einem Leichensack. Dabei »ölte« er seine Nadel, wie es die Seeleute nannten, indem er sie beim Zusammennähen des Segeltuchs mehrfach durch die Haut der Toten zog.
    Es blieb nicht einmal genug Zeit für Gebete und Gesänge. Denn schnell hatten die Seeleute ein Stück Planke zur Hand, über die sie die Leichen ins Meer beförderten.
    Nie waren Zorn und Hass der Zwischendeckpassagiere auf Captain Crimshaw und seine Mannschaft größer als in dieser Stunde.

Achtundzwanzigstes Kapitel
    Die Iren hatten seit Generationen gelernt, mit dem Unabänderlichen zu leben und sich dem Schicksal zu fügen, ohne jedoch ihren Stolz und ihre Würde aufzugeben. Ihr starker Glaube gab ihnen die Gewissheit, dass die Gerechtigkeit durch göttliche Fügung obsiegen und dass ihre Peiniger und Unterdrücker eine gerechte Strafe erhalten würden. Deshalb ließen sie sich auch nicht von ihrem Hass davon ablenken, sich mit praktischer Nüchternheit für das tägliche Überleben und den Erhalt der Familie einzusetzen.
    Was immer sich in diesen Tagen an Wut aufgestaut hatte, es hinderte sie nicht daran, ihr Leben unter Deck wieder einigermaßen erträglich zu machen.
    Auch Éanna und Emily putzten und schrubbten, froh darüber, ihr Leben wieder in die Hand nehmen zu können. Endlich konnten sie ihre schmutzigen Sachen ausziehen und waschen. Sie hatten sich längst daran gewöhnt, dass es für die Wäsche nur Salzwasser gab und die Seife keinen Schaum bildete. Um nach dem Waschen das Salz aus den Kleidern zu bekommen, schlugen sie die Sachen immer wieder auf den Planken und an der Reling aus.
    Der grauenhafte Sturm und dessen Folgen hatten Éanna Brendans besorgniserregende Drohung vergessen lassen. Doch die Erinnerung kehrte am Nachmittag schlagartig zurück, als sie ihn zusammen mit einer sechsköpfigen Gruppe in der Nähe der Abtrennung sah.
    Er und die Männer hatten grimmige Mienen aufgesetzt. Sie redeten leise miteinander und nickten sich entschlossen zu. Dann traten sie an das Seil, wenige Schritte von Captain Crimshaw entfernt, der mit seinem Ersten Offizier und dem Bootsmann zusammenstand und immer wieder in Richtung Fockmast deutete.
    Éanna wusste sofort, dass etwas passieren würde, was immer Brendan und seine Gefährten auch im Sinn haben mochten. »Mein Gott, er wird es tun!«, raunte sie ihrer Freundin zu.
    »Was denn?«, fragte Emily.
    »Ich weiß es nicht! Aber ich habe das Gefühl, dass es eine schreckliche Dummheit sein wird!«
    Schon im nächsten Moment rief einer der Männer in Brendans Gesellschaft mit lauter Stimme: »Captain Crimshaw, auf ein Wort, wenn Ihr erlaubt! Wir haben mit Euch zu reden!«
    Sofort wurde es still auf dem Hauptdeck. Alle Augen richteten sich auf die kleine Männergruppe am Seil und den Captain mit seinen beiden Untergebenen.
    »So, habt ihr das?«, blaffte Captain Crimshaw geringschätzig. »Ich

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