Echo der Liebe
kurz nach Mitternacht aus Rances Bett gestiegen war, musste sich schwer konzentrieren. Ein Foto vom Eröffnungstag, sie mit der großen Torte vor sich und Avalon, die an ihr hochsprang, prangte ihr entgegen.
Die Stadt begrüßt Echo Wells, lautete die Überschrift.
War es wirklich möglich, dass sie erst vor zwei Tagen ihren Laden eröffnet hatte?
"Ich habe meine Kamera gleich in die Zeitungsredaktion gebracht, und ein Redakteur hat das Foto auf seinen Computer geladen", plauderte Cora weiter. "Hier gibt es keine Wochenendausgabe. Die meisten Leute lesen die Republic am Sonntag. Aber hier bist du nun am Montag, in deiner ganzen Pracht!"
Lächelnd überflog Echo den kurzen Artikel, in dem ihr Name, ihre Telefonnummer und die Adresse samt Öffnungszeiten genannt wurden. Dazu gab es einen recht witzigen Kommentar über Hunde, die Bücher lasen.
"Vielen Dank, Cora", sagte sie gerührt.
"Ein bisschen Werbung kann nie schaden."
"Was ist denn das?", fragte Rianna. Sie war um die Theke gelaufen und hatte den Kasten mit den vielen kleinen Paketen entdeckt, die Echo in der Mittagspause zur Post bringen wollte.
Echo warf Cora einen Blick zu, die neugierig über die Theke spähte, dann wandte sie sich an Rianna. "Nur ein paar Pakete", sagte sie. "Muster."
"Muster?", wiederholte Rianna verwirrt.
"Rianna McKettrick", schimpfte Cora. "Hör auf, herumzuschnüffeln."
"Wir bekommen manchmal Muster." Rianna blickte ernst zu Echo hinauf. "Waschmittel und so was. Aber ich habe noch nie ein Musterbuch gesehen."
"Tja", sagte Cora, die offenbar keinen Zusammenhang zwischen den Päckchen in dem Kasten und ihrer eigenen Lieferung herstellte. "Ich schätze, wir sollten uns besser auf den Weg zur Ranch machen und mal nachsehen, wie Rance mit seinem neuen Cowboyleben zurechtkommt."
Echo spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde. Wie in aller Welt sollte sie Rance jemals wieder gegenübertreten nach all den Dingen, die sie getan hatten?
"Geht es dir gut?", fragte Cora. "Du siehst ein wenig blass aus. Ich hoffe, du brütest nichts aus."
"Mir geht's gut", behauptete Echo und zwang sich, die ältere Frau anzusehen. Ihr Lächeln war zittrig und ein wenig gereizt. Sicher, Cora spielte gern die Kupplerin, keine Frage, aber stundenlangen wilden Sex mit dem Mann ihrer verstorbenen Tochter hatte sie sich vermutlich nicht darunter vorgestellt. Vielleicht ein bisschen Händchenhalten. Das eine oder andere Abendessen in Anwesenheit der Mädchen oder etwas ähnlich Unschuldiges.
Zum Glück stellte Cora keine weiteren Fragen. Noch einmal betrachtete sie die Päckchen und verließ dann mit einem leichten Stirnrunzeln den Laden. Diese kleine Nebenbeschäftigung, über die Echo mit niemandem sprach, war nicht gerade ein schlimmes, dunkles Geheimnis. Wenn die Mädchen nicht dabei gewesen wären, hätte sie Cora davon erzählt.
Bis zum Mittag hatte sie alle Hände voll zu tun. In ihrer Pause schloss sie den Laden ab, verstaute Avalon und die Päckchen im Auto und fuhr zur Post. Der Frau am Schalter, die zu ihrer Eröffnung gekommen war und einen ganzen Stapel Liebesromane gekauft hatte, machte einen freundlichen Kommentar über die vielen Päckchen und schlug ihr eine günstigere Variante vor. Echo bedankte sich lächelnd.
Als sie mit Avalon wieder zum Laden kam, warteten bereits vier Kunden vor der Tür. Gegen zwei wurde es wieder ruhiger, und sie nutzte die Zeit, um nach oben zu laufen und schnell ein Thunfischsandwich hinunterzuschlingen. Als die Türglocke läutete, rannte sie noch kauend wieder die Treppe hinab.
Rance betrachtete einen Stapel mit Thrillern. Bei seinem Anblick erstickte Echo beinahe an ihrem Sandwich. Als sie sich im Laden umsah, bemerkte sie erleichtert und zugleich besorgt, dass sie allein waren. An seinem Gesicht oder seiner Haltung war nicht abzulesen, was er dachte. Aber ihn nur wiederzusehen, ließ ihr Herz rasen. Er legte einen Thriller auf die Theke und zog eine Geldklammer aus der Hemdtasche. Wollte er so tun, als ob nichts geschehen wäre?
Und war das ein gutes Zeichen oder ein schlechtes?
Sie zwang sich zu einem Lächeln und ging hinter die Kasse. "Hast du schon viel von diesem Autor gelesen?", fragte sie. Genauso gut hätte Rance ein Tourist sein können, der kurz in der Stadt war, jemand, den sie noch nie gesehen hatte und nie wiedersehen würde.
"Nein", antwortete Rance.
So viel zum Thema Small Talk, dachte Echo ein wenig verzweifelt. Mit rotem Gesicht schob sie ihm das Wechselgeld hin und packte das Buch in eine
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