Echo der Vergangenheit (German Edition)
viel zu heiß.
»Das hier ist noch nicht vorbei.« Es klang wie ein Fauchen. »Das mit uns ist noch nicht zu Ende.«
Sie blinzelte. »Würdest du das bitte wiederholen?«
»Du bist wahrscheinlich sauer auf mich und würdest mich am liebsten aus der Wache schmeißen, aber es geht um die Arbeit, um den Fall.«
Jemand rüttelte am Türknauf. »Lora?«, erklang Amandas Stimme. »Bist du da drin? Die Tür ist abgeschlossen … «
»Wir haben zu tun«, donnerte Kenton.
Schweigen, dann waren sich entfernende Schritte zu hören.
Na prima, jetzt würde Amanda glauben, sie würden vögeln, und Amanda war ein altes Tratschweib.
Vögeln auf der Wache. Ja, das war genau die Art Gerücht, die ihr gerade noch gefehlt hatte. Wenn sie sich in ihrer Freizeit mit dem FBI -Agenten einließ, war das etwas anderes, und deswegen durften die Kollegen sie auch gern aufziehen. Aber auf der Wache …
Sie spürte ein dumpfes Pochen in der rechten Schläfe.
»Vielleicht wolltest du nur vögeln, um zu vergessen. Vielleicht wolltest du dir nur beweisen, dass du noch lebst.«
Aua, jetzt wurde er verdammt persönlich. »Pass auf, was du sagst, GQ .« Sie riss sich von ihm los und fing an, vor dem Fenster auf und ab zu gehen. »Du hast keinen Schimmer, wovon du redest.«
»So? Ich glaube doch. Ich glaube, ich verstehe dich immer besser.«
Sie sah ihn nicht an. »Ich werde weiter mit dir arbeiten. Du weißt, ich will dieses Schwein kriegen.« Aber hier war der Täter nicht. Nicht in ihrem Team. Das hätte sie gewusst.
»Ich will mehr als das.« Der Boden quietschte unter seinem Gewicht, und sie wusste, er kam auf sie zu.
Sie blieb stehen. »Viel habe ich gerade nicht zu geben.« Das war wahr, aber er verstand es einfach nicht. Sex – das war alles. Innerlich war sie wie ausgehöhlt.
Ich will nicht schon wieder leiden müssen , dachte sie. Es war so einfach, jemanden zu mögen, aber dann tat es so furchtbar weh, wenn man diesen Menschen verlor.
Jetzt stand Kenton direkt hinter ihr, das konnte sie spüren.
»Nicht nur du hast jemanden verloren.«
Sie starrte aus dem Fenster auf die Straße hinab. Max verließ gerade die Feuerwache, wahrscheinlich, um Besorgungen zu machen.
Kenton stand hinter ihr, berührte sie nicht, doch sie spürte seinen warmen, starken Körper. »Als ich zehn war, rauschte ein Betrunkener meiner Mutter und mir ins Auto. Wir waren auf dem Heimweg vom Fußballtraining.«
Sie drehte den Kopf. Sie konnte nicht anders. »Das tut mir leid.«
Sein Blick war auf sie gerichtet, doch sie hatte den Eindruck, er sehe die Vergangenheit. »Er ist seitlich in unser Auto gekracht und hat meine Mutter voll erwischt. Das Geräusch von sich verformendem Metall hatte ich noch ewig im Ohr – und ihr Weinen. Sie hat viel geweint.« Er schluckte. »Sie hat so viel geweint, weil sie nicht sofort gestorben ist.«
Oh Gott.
Sie wandte sich um. »Kent … «
»Ich kam nicht an sie ran. Ich war auf dem Rücksitz eingeklemmt.« Seine Stimme klang kalt und leise. Sie kannte diese Stimmlage. Auch sie hatte so geredet. »Dieser Bastard ist einfach abgehauen, ohne sich um uns zu kümmern.«
Lora konnte nur den Kopf schütteln.
»Sie hat mir ein ums andere Mal versichert, alles würde wieder gut, ich solle mir keine Sorgen machen. Alles würde wieder gut.«
Loras Bruder hatte ihr das auch erzählt. Doch er hatte sich geirrt.
»Aber ich wusste es. Ich roch ihr Blut und sah es auf der zersplitterten Windschutzscheibe. Ich wusste es einfach, und ich konnte nur dasitzen und warten, bis sie tot war.«
Lora schloss die Augen.
»Bis endlich jemand anders vorbeikam, hat sie schon nichts mehr gesagt.«
»Kenton … « Ihre Augen öffneten sich. »Es tut mir leid, du musst mir das nicht erzählen … «
»Doch.« In seinen Augen blitzten Zorn und Schmerz. »Du bist nicht die Einzige, die jemanden verloren hat. Du bist nicht die Einzige, die hilflos dabeistand, als der Tod kam, und die nichts dagegen tun konnte.«
Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt und ihn berührt. Er stand so nah und …
Er ist genau wie ich , dachte sie.
Geplagt von der Vergangenheit.
»Was … « Sie musste sich erst räuspern, ehe sie fortfahren konnte. »Was geschah mit dem Fahrer?«
»Er wanderte in den Knast. Fahrlässige Tötung. Er hat fünf beschissene Jahre bekommen.«
Fünf Jahre schienen wenig im Vergleich zu einem Menschenleben.
»Sechs Monate nach seiner Entlassung stieß er frontal mit einem LKW zusammen. Er starb noch am Unfallort.«
War
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