Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
Geschmack.« Hells Blick wanderte einen Augenblick durch den Raum und wurde ein wenig unscharf. Hell Rohmer verfügte definitiv über einen ausgeprägten Tastsinn.
»Hell?«
»Okay. Sorry. Das Papier ist handgeschöpft, hundert Prozent Baumwolle, säurefrei. Damit gehört es in die gleiche Kategorie wie zehntausend andere Papiersorten auch. Ich habe nicht die Möglichkeiten, einen Vergleichstest durchzuführen, um zu bestimmen, um welches Produkt es sich genau handelt. Daher wollte ich das Papier schon zum FBI schicken – und es kann, wie Sie wissen, ein bis zwei Monate dauern, bis Ergebnisse vorliegen –, als ich etwas entdeckt habe.« Hell hielt ein kleines Stück hoch. »Das haben wir von dem Papierstreifen abgeschnitten, mit dem der Kopf des weiblichen Opfers umwickelt war. Schauen Sie mal. Sie können einen kleinen Ausschnitt des Wasserzeichens erkennen.« Hell hielt das Papier vor eine grelle Lampe, aber nicht zu dicht. Jessica sah etwas, das aussah wie der Teil einer Schulter.
»Ist das vielleicht ein Engelskopf?«, fragte Jessica.
Hell schüttelte den Kopf. »Das Wasserzeichen zeigt die Venus von Milo. Auf dem anderen Papierstreifen ist es nicht. Daher nehme ich an, dass es von einem größeren Bogen abgeschnitten wurde.«
Hell zeigte ihnen einen anderen Ausdruck. Es war die durch ein Mikroskop gemachte Makroaufnahme vom Rand des Papiers. »Der Streifen wurde mit einer langen Klinge abgeschnitten. Man erkennt es daran, dass die Fasern leicht gerissen sind. Ich glaube, er hat eine Papierschneidemaschine und kein X-Actor-Messer, keine Schere oder Rasierklinge benutzt. Der Schnitt ist auf beiden Seiten gleichmäßig, und die Fasern wurden nach unten gedrückt. Zu gleichmäßig, als dass es jemand mit der Hand geschnitten haben könnte.«
Hell zeigte auf das Papier.
»Auf den ersten Blick sieht es weiß aus. Es ist aber ein ganz helles Grau. Der Büttenrand an zwei Seiten führt mich zu der Annahme, dass das Papier an allen vier Seiten einen Büttenrand hat. Der Papierstreifen ist sechzig Zentimeter lang. Daher nehme ich an, dass er von einem Bogen in der Größe sechzig mal sechsundsechzig Zentimeter abgeschnitten wurde. Das ist in der Drucktechnik eine Standardgröße.«
»Dieses Papier wird also zum Drucken verwendet?«
»Unter anderem.«
Hell legte das kleine Stück Papier auf den Tisch und nahm ein paar Computerausdrucke in die Hand.
»Das Wasserzeichen hat mich auf die richtige Spur gebracht. Ohne das Wasserzeichen hätten wir auf die Ergebnisse aus Washington warten müssen.« Er deutete auf eine Zeile auf dem Ausdruck, die in Lindgrün hervorgehoben war. »Der Hersteller dieses Papiers hat seinen Firmensitz in Mailand, und dieses Produkt heißt Atriana . Wirklich sehr gute Qualität. Größtenteils für hochwertige Druckerzeugnisse. Aber die Papiermühle stellt auch andere Papiere für die verschiedensten Verwendungen her – Schreibpapier, Leinwand, Pergament, Leinen. In unserem Fall handelt es sich um ein Spitzenprodukt. Ein Bogen davon kostet im Einzelhandel rund siebzig Dollar.«
»Was?«
»Ja. Und stellen Sie sich vor, die Firma liefert auch das Papier für den Euro.«
»Sagen Sie bloß.«
»In den USA bieten es nur zwei Großhändler an. Wenn ich mich nicht irre, kann man dieses Papier im ganzen Land nur in zwanzig Geschäften kaufen. Größtenteils Fachgeschäfte für Künstlerbedarf und Büroartikel. Allerdings kann man das Papier in einem Dutzend Online-Shops bestellen – Pech für uns, aber nicht für unseren Täter.«
»Gibt es auch in Philadelphia Läden, wo man es kaufen kann?«, fragte Jessica.
»Nein.« Hell lächelte und hielt eine Karteikarte mit einer Adresse hoch. »Aber in Doylestown gibt es ein Geschäft.«
Jessica nahm die Karte entgegen.
»Kein Applaus?«
Jessica klatschte.
»Danke. Und jetzt zu dem Wachs.« Auf dem Tisch stand eine kleine zugedeckte Schüssel, in der das Wachssiegel lag. »Das ist ganz normales Kerzenwachs und kein Siegelwachs. Darum löst es sich auch bereits auf.«
»Was ist der Unterschied?«
»Nun, vor ungefähr fünfhundert Jahren wurde Siegelwachs hauptsächlich aus Bienenwachs und dem sogenannten venezianischen Terpentin hergestellt, das aus dem Lärchenbaum gewonnen wird. Damals war Wachs noch ungefärbt, doch ab der Renaissance begannen die Menschen, es mit Zinnober zu färben. Wollen Sie das wirklich alles wissen?«
»Vielleicht später mal«, sagte Jessica. »Im Augenblick würde mich brennend interessieren, wo unser Täter das
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