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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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sagte Weird leise.
    »Das war gut, was du da drin gesagt hast.«
    Weird lächelte. »Nicht, was du erwartet hattest, was? Ich habe es deinem Gesicht angesehen.«
    Alex schwieg. Er bückte sich und las eine Karte. Lieber Ziggy, die Welt ist zu groß ohne dich. Mit herzlicher Zuneigung von allen deinen Freunden am Krankenhaus. Dieses Gefühl kannte er. Nachdem er die anderen Karten gelesen hatte, blieb er beim letzten Kranz stehen. Er war kleiner und sehr schlicht, ein Reif aus weißen Rosen und Rosmarin. Alex las die Karte und runzelte die Stirn. Rosemary zum Gedächtnis.
    »Siehst du das?«, fragte er Weird.
    »Geschmackvoll«, sagte Weird bestätigend.
    »Meinst du nicht, es ist ein bisschen … Ich weiß nicht. Ein bisschen zu anspielungsreich als Beileidsbezeugung?«
    Weird runzelte die Stirn. »Ich glaube, du siehst Gespenster, wo es keine gibt. Es ist eine vollkommen passende Achtungs-bezeigung.«
    »Weird, er ist an Rosie Duffs fünfundzwanzigstem Todestag gestorben. Diese Karte ist nicht unterschrieben. Meinst du nicht, das ist recht vielsagend?«
    »Alex, das ist doch Vergangenheit.« Weird breitete die Hände mit einer Geste aus, die alle Trauergäste umfasste. »Meinst du wirklich, dass es außer uns überhaupt jemanden gibt, der auch nur Rosie Duffs Namen kennt? Es ist eine leicht theatralische Geste, und das sollte kaum überraschen bei der Art von Menschen, die sich hier versammelt haben.«
    »Sie haben den Fall wieder aufgerollt, weißt du das?« Alex konnte genauso eigensinnig sein wie Ziggy, wenn er dazu in der Stimmung war.
    Weird war überrascht. »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Ich habe es in der Zeitung gelesen. Sie führen eine Überprüfung ungelöster Mordfälle mit Hilfe der neuen technischen Fortschritte durch. DNA und so weiter.«
    Weirds Hand umfasste sein Kreuz. »Dem Herrn sei gedankt.«
    Verwirrt sagte Alex: »Du machst dir keine Sorgen, dass all die alten Lügen wieder an die Öffentlichkeit kommen?«
    »Warum? Wir haben nichts zu befürchten. Endlich werden unsere Namen vom Verdacht gereinigt.«
     
    Alex sah bekümmert aus. »Ich wünschte, ich könnte glauben, dass es so einfach ist.«
     
    Dr. David Kerr schob seinen Laptop mit einem heftigen Seufzer des Missfallens von sich. Er hatte eine Stunde lang versucht, den Entwurf eines Artikels über zeitgenössische französische Lyrik auszuarbeiten, aber je länger er auf den Bildschirm starrte, desto weniger ergaben die Worte einen klaren Zusammenhang. Er nahm die Brille ab, rieb sich die Augen und versuchte sich einzureden, dass ihn nur die Erschöpfung am Ende des Semesters nervte. Aber er wusste, dass er sich etwas vormachte.
    Wie sehr er ihn auch aus seinem Bewusstsein verdrängen wollte, wurde er den Gedanken nicht los, dass Ziggys Freunde und seine Familie ihm auf der anderen Seite des Erdballs das letzte Geleit gaben, während er hier saß und an einem Text herumfeilte. Er bereute nicht, dass er nicht geflogen war. Ziggy stand für einen Teil seiner Vergangenheit, die so weit zurücklag, dass sie ihm wie eine Erfahrung aus einem früheren Leben vorkam. Und er glaubte, seinem alten Freund nicht so viel schuldig zu sein, dass es die Umstände und die Aufregung einer Reise nach Seattle zum Begräbnis gerechtfertigt hätte. Aber die Nachricht von seinem Tod hatte in David Kerr doch Erinnerungen geweckt, die er mit großer Anstrengung so weit verdrängt hatte, dass sie nur selten an die Oberfläche kamen und ihn belästigten. Es waren keine angenehmen Erinnerungen. Trotzdem nahm er ohne das Gefühl einer schlimmen Vorahnung ab, als das Telefon klingelte. »Dr. Kerr?« Die Stimme war nicht vertraut.
    »Ja. Wer ist da?«
    »Detective Inspector Robin Maclennan von der Polizei in Fife.« Er sprach langsam und deutlich, wie jemand, der weiß, dass er mehr getrunken hat, als er sollte.
    David fröstelte unwillkürlich, ihm war plötzlich so kalt, als wäre er wieder in die Nordsee untergetaucht. »Und warum rufen Sie mich an?«, fragte er und verschanzte sich hinter einem streitlustigen Ton.
    »Ich arbeite in einem Team mit, das sich mit der Wiederaufnahme eines alten Falles befasst. Vielleicht haben Sie es in der Zeitung gelesen?«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage«, sagte David kurz angebunden.
    »Ich wollte mit Ihnen wegen der Umstände beim Tod meines Bruders sprechen. Das war Barney Maclennan.«
    David war bestürzt, es machte ihn sprachlos, wie direkt Maclennan die Sache anging. Er hatte einer Gelegenheit wie dieser immer

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