Echo Einer Winternacht
Grunde seines Herzens wusste er, dass er eine kurze Erholungspause vom drückenden Kummer seiner Familie brauchen würde.
Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn herumfahren. »Ach, du bist es«, sagte er vor Erleichterung fast lachend, als er Weird sah.
»Wen sonst hattest du erwartet?«
»Na ja, Jimmy Lawson ist da hinten im Krematorium herumgeschlichen«, sagte Alex.
»Jimmy Lawson, der Bulle?«
»Assistant Chief Constable James Lawson, bitte schön«, sagte Alex und ging vom Haupteingang zu der Stelle, wo die Kränze ausgelegt waren.
»Was wollte der denn hier?«
»Sich an der Situation weiden, vielleicht? Ich weiß es nicht. Er leitet jetzt die Ermittlungen zu einigen ungelösten Fällen.
Vielleicht wollte er überprüfen, ob seine Hauptverdächtigen unter der Last der Gefühle zusammenbrechen, auf die Knie fallen und ein Geständnis ablegen würden.«
Weird zog ein Gesicht. »Diesen katholischen Kram hab ich noch nie gemocht. Wir sollten doch erwachsen genug sein, um mit unserer Schuld allein klarzukommen. Es ist nicht Gottes Aufgabe, reinen Tisch zu machen, damit wir dann wieder von neuem sündigen können.« Er hielt inne und wandte sich Alex zu. »Ich wollte dir sagen, wie sehr ich mich freue, dass es Lynn gut geht und du ein Töchterchen hast.«
»Danke, Tom.« Alex grinste. »Siehst du? Ich hab dran gedacht.«
»Ist die Kleine noch im Krankenhaus?«
Alex seufzte. »Sie hat eine leichte Gelbsucht, deshalb behalten sie sie ein paar Tage. Es ist nicht leicht. Vor allem für Lynn.
Man macht all das durch und kommt schließlich mit leeren Händen nach Hause. Und dann mit dem fertig werden zu müssen, was Mondo passiert ist …«
»Du wirst diesen Schmerz vergessen, wenn ihr sie erst mal zu Hause habt, da bin ich sicher. Ich werde euch in all meine Gebete einschließen.«
»Oh ja, das wird sehr viel ausmachen«, sagte Alex.
»Du würdest überrascht sein«, sagte Weird und betrachtete es nicht als Kränkung, da es wohl nicht so gemeint war. Sie gingen weiter und sahen auf die Blumengrüße. Einer der Trauergäste kam und fragte Alex nach dem Weg zum Hotel, in dem das Essen stattfand. Alex wandte sich wieder Weird zu und sah, dass sich sein Freund über einen der Kränze beugte. Als er nah genug war, zu erkennen, was Weirds Aufmerksamkeit erregte, stockte ihm das Herz. Der Kranz unterschied sich in nichts von dem, den sie in Seattle gesehen hatten: ein ansehnlicher kleiner Reif aus weißen Rosen und schmalblättrigem Rosmarin. Weird nahm die Karte und richtete sich auf. »Der gleiche Text«, sagte er und gab sie an Alex weiter. »Rosemary zum Gedächtnis.«
Alex spürte, wie seine Hände feucht wurden. »Das gefällt mir nicht.«
»Uns beiden gefällt es nicht. Das wäre ein zu großer Zufall, Alex. Ziggy und Mondo sterben beide unter verdächtigen Umständen … Herrgott, nein, nennen wir es doch beim Namen.
Ziggy und Mondo werden beide ermordet. Und die exakt gleichen Kränze tauchen bei ihren Begräbnissen auf. Mit einem Gruß, der uns alle vier mit dem ungelösten Mord an einem Mädchen namens Rosemary in Verbindung bringt.«
»Das war vor fünfundzwanzig Jahren. Wenn jemand sich hätte rächen wollen, hätte er das doch bestimmt schon vor langer Zeit getan?«, sagte Alex und versuchte damit genauso wie Weird sich selbst zu überzeugen. »Es ist jemand, der uns nur einen Schrecken einjagen will.«
Weird schüttelte den Kopf. »Dich haben in den letzten Tagen andere Dinge beschäftigt, aber ich habe darüber nachgedacht. Vor fünfundzwanzig Jahren waren alle wachsam. Ich habe die Prügel, die ich bekommen habe, nicht vergessen. Ich habe auch nicht die Nacht vergessen, als sie Ziggy in das Flaschenverlies hinuntergeworfen haben. Und ich habe nicht vergessen, dass Mondo sich so aufgeregt hatte, dass er sich umbringen wollte. Das hat alles nur aufgehört, weil die Bullen Colin und Brian Duff Bescheid gesagt haben. Sie haben ihnen klar gemacht, dass sie uns in Ruhe lassen sollten. Du hast mir damals selbst gesagt, Jimmy Lawson hätte geäußert, sie hätten sich nur zurückgezogen, weil sie ihrer Mutter nicht noch mehr Kummer machen wollten. Vielleicht haben sie also damals beschlossen zu warten.«
Alex schüttelte den Kopf. »Aber fünfundzwanzig Jahre?
Könntest du einen Groll fünfundzwanzig Jahre hegen?«
»Ich bin nicht der Richtige für eine solche Frage. Aber es gibt doch jede Menge Leute da draußen, die Jesus Christus nicht als ihren Retter angenommen haben, und du weißt doch
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