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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Rubgyfeld gegenwärtig. »Aus dem Weg«, brüllte er, hatte schon keuchend eine Seite der Gruppe durchbrochen und wandte sich mit höhnischem Lächeln noch einmal um. »Ich muss zur Vorlesung.«
    Sprachlos über seinen Wutausbruch ließen sie ihn gehen. Als er sich gemessenen Schritts entfernte, rief Cavendish ihm nach:
    »Ich hatte vermutet, dass du auf dem Weg zum Begräbnis und nicht zu einer Vorlesung bist. So etwas tun Mörder doch, oder?«
    Alex drehte sich um. »Was?«
    »Haben sie es euch nicht gesagt? Rosie Duff wird heute beerdigt.«
    Alex stürmte zitternd vor Zorn die Straße entlang. Er hatte Angst gehabt, das musste er zugeben. Einen Augenblick hatte er Angst gehabt. Er konnte es gar nicht fassen, dass Cavendish ihn wegen Rosies Begräbnis verhöhnt hatte. Er konnte sich nicht erklären, wieso niemand ihnen Bescheid gesagt hatte, dass es heute stattfand. Nicht dass er hätte hingehen wollen. Aber es wäre schön gewesen, vorgewarnt zu sein. Er fragte sich, wie es den anderen erging, und wünschte zum wiederholten Mal, Ziggy hätte seinen vorlauten Mund gehalten.
     
    Ziggy kam in eine Anatomievorlesung und wurde sofort mit dem Ruf »Hier kommt der Leichenräuber« begrüßt. Er hob die ausgebreiteten Arme hoch und quittierte so den gutmütigen Spott seiner Kommilitonen. Wenn es irgendjemandem gelänge, Rosies Tod mit schwarzem Humor zu betrachten, dann wären sie es. »Was gefällt dir an den Leichen nicht, die sie uns zum Sezieren geben?«, rief einer quer durch den Raum.
    »Zu alt und hässlich für Ziggy«, kam prompt die Antwort eines anderen. »Er musste losgehen und selbst Qualitätsware besorgen.«
    »Also gut, lasst das jetzt«, sagte Ziggy. »Ihr seid ja nur neidisch, dass ich vor euch praktizieren durfte.«
    Eine Handvoll seiner Genossen versammelte sich um ihn.
    »Wie war es, Ziggy? Wir haben gehört, sie hätte noch gelebt, als ihr sie gefunden habt. Hattest du Angst?«
    »Ja, ich hatte Angst. Aber hauptsächlich war ich frustriert, dass ich sie nicht retten konnte.«
    »Ach Mann, du hast doch dein Bestes getan«, beruhigte ihn einer.
    »Es war ziemlich beschissen, dieses Beste. Wir verbringen Jahre damit, unsere Köpfe mit Wissen vollzustopfen, aber mit der tatsächlichen Situation konfrontiert, wusste ich nicht, was ich machen sollte. Jeder Fahrer eines Krankenwagens hätte eine bessere Chance gehabt, Rosies Leben zu retten, als ich.« Ziggy streifte seinen Mantel ab und ließ ihn auf einen Stuhl fallen.
    »Ich hatte das Gefühl, völlig unbrauchbar zu sein. Da hab ich gemerkt, dass man erst zum Arzt wird, wenn man da draußen lebende, atmende Patienten zu behandeln beginnt.«
    Eine Stimme hinter ihm sagte: »Das ist eine sehr wertvolle Lehre, die Ihnen da erteilt wurde, Mr. Malkiewicz.« Während des Gesprächs war unbemerkt ihr Dozent hereingekommen.
    »Ich weiß, das ist kein Trost, aber der Polizeiarzt hat mir gesagt, dass sie zu dem Zeitpunkt, als Sie sie fanden, nicht mehr zu retten war. Sie hatte schon viel zu viel Blut verloren.« Er klopfte Ziggy auf die Schulter. »Wir können keine Wunder tun, fürchte ich. Jetzt, meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich bitte.
    Wir haben in diesem Semester wichtige Dinge zu behandeln.«
    Ziggy ging an seinen Platz, aber mit den Gedanken war er ganz woanders. Er spürte das glitschige Blut, den schwachen, unregelmäßigen Herzschlag und die kalte Haut unter seinen Händen. Er hörte ihren röchelnden Atem und hatte den kupfrigen Geschmack auf seiner Zunge. Und er fragte sich, ob er jemals darüber wegkommen würde und ob er jemals Arzt werden konnte, jetzt wo er wusste, dass als Ergebnis seiner Maßnahmen immer Versagen möglich war.
     
    Zwei Meilen weiter bereitete sich Rosies Familie darauf vor, ihre Tochter zur letzten Ruhe zu geleiten. Die Polizei hatte die Leiche endlich freigegeben, und die Duffs konnten den ersten amtlichen Schritt auf dem langen Weg der Trauer tun. Eileen rückte vor dem Spiegel ihren Hut zurecht, ohne das abgehärmte Aussehen ihres ungeschminkten Gesichts zu beachten. Dieser Tage machte sie sich nichts aus Make-up. Was sollte es bringen?
    Ihre Augen waren stumpf und die Lider schwer. Die Tabletten, die der Arzt ihr gegeben hatte, ließen den Schmerz nicht verschwinden. Sie drängten ihn lediglich in einen Bereich ab, wo er ihr nicht mehr unmittelbar zugänglich war, und machten aus ihrem Kummer etwas, über das sie nachsinnen, es aber nicht erleben konnte.
    Archie stand am Fenster und wartete auf den

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