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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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also der Schatten eines Motivs. Und natürlich hatten sie das perfekte Fahrzeug zur Verfügung gehabt, um eine sterbende junge Frau zu transportieren. Nur weil sich keine Spuren finden ließen, hieß das noch lange nicht, dass sie den Landrover nicht benutzt hatten. Eine Wagendecke, eine Bodenplane, selbst eine starke Plastikhülle hätte das Blut auffangen können, und das Wageninnere wäre sauber geblieben.
    Es gab keinen Zweifel, dass wer immer Rosie ermordet hatte, ein Auto gehabt haben musste.
    Entweder das, oder einer der ehrbaren Bürger, die am Trinity Place wohnten, war es gewesen. Das Problem war nur, dass der Aufenthaltsort aller männlichen Bewohner zwischen vierzehn und siebzig geklärt war. Entweder waren sie auswärts gewesen, oder sie lagen schlafend in ihren Betten und hatten alle unwiderlegbare Alibis. Zwei Jugendliche hatten sie sich genauer angesehen, aber keine Verbindung zwischen ihnen und Rosie oder dem Verbrechen gefunden.
    Der andere Grund, weswegen Gilbey kaum als Verdächtiger in Frage kam, waren die forensischen Ergebnisse. Das Sperma, das sie an Rosies Kleidern gefunden hatten, stammte von einem Sekretor, also von jemandem, dessen Blutgruppe sich aus seinen anderen Körperflüssigkeiten feststellen ließ. Der Vergewaltiger und mutmaßliche Mörder hatte die Blutgruppe 0. Alex Gilbey hatte die Gruppe AB, und das bedeutete, dass er sie nicht vergewaltigt hatte, es sei denn, er hätte ein Kondom benutzt.
    Aber Malkiewicz, Kerr und Mackie hatten alle die Gruppe 0.
    Theoretisch hätte es also einer von ihnen sein können.
    Er glaubte wirklich nicht, dass Kerr das Zeug dazu hatte.
    Mackie möglicherweise schon, das stand fest. Maclennan hatte von der plötzlichen Bekehrung des jungen Mannes gehört.
     
    Seiner Meinung nach sah das nach einer verzweifelten Reaktion auf Grund von Schuldgefühlen aus. Und bei Malkiewicz lag die Sache wieder ganz anders. Maclennan war zufällig auf das Thema seiner Sexualität zu sprechen gekommen, aber wenn er in Gilbey verliebt war, wollte er sich vielleicht Rosie vom Hals schaffen, weil er sie als Konkurrenz sah. Das war eventuell eine Möglichkeit.
    Maclennan war so in seine Gedanken vertieft, dass ihn das Ende des Gottesdienstes, als die Trauergemeinde sich mit leisem Füßescharren erhob, überraschte. Der Sarg wurde durchs Kirchenschiff getragen, mit Colin und Brian Duff als ersten Trägern. Brians Gesicht war tränennass, und Colin sah aus, als müsse er alle Kraft aufbieten, um nicht zu weinen. Maclennan sah sich um und nickte seiner Gruppe zu, sie könnten hinausgehen, während der Sarg verschwand. Die Familie würde zu einer Beisetzung im kleinen Kreis den Hügel hinunter zum Friedhof gefahren werden. Er schlüpfte hinaus, stand an der Tür und beobachtete, wie sich die Trauergäste zerstreuten. Er glaubte nicht, dass der Mörder darunter war. Das wäre eine zu simple Schlussfolgerung, um damit zufrieden sein zu können.
    Seine Leute sammelten sich hinter ihm und sprachen leise miteinander.
    Hinter einer Ecke des Gebäudes zündete sich Janice Hogg eine Zigarette an. Schließlich hatte sie keinen Dienst und brauchte nach dieser Strapaze ein bisschen Nikotin zur Entspannung. Sie hatte erst zwei Züge getan, als Jimmy Lawson erschien.
    »Ich dachte doch, da riecht’s nach Rauch«, sagte er. »Darf ich mich anschließen?«
    Er zündete sich auch eine an, lehnte sich an die Wand, und sein Haar fiel ihm über die Stirn und die Augen. Sie meinte, er hätte in letzter Zeit abgenommen, und er sah gut aus, mit den schmaleren Wangen und dem kantigen Kinn. »Das möchte ich nicht so bald wieder mitmachen«, sagte er.
     
    »Ich auch nicht. Ich hatte das Gefühl, alle Blicke waren auf uns gerichtet – in Erwartung einer Antwort, die wir nicht haben.«
    »Und kein Anzeichen, dass wir eine finden. Die Kripo hat nicht mal einen anständigen Verdächtigen«, sagte Lawson, und seine Stimme klang so schneidend wie der Ostwind, der ihnen den Rauch von den Mündern wegblies.
    »Es ist nicht wie bei Starsky und Hutch, was?«
    »Gott sei Dank. Würdest du etwa gern diese schrecklichen Strickjacken tragen?«
    Janice kicherte unwillkürlich. »Wenn man es so betrachtet …«
    Lawson inhalierte tief. »Janice … würdest du gerne mal was trinken gehen?«
    Janice betrachtete ihn erstaunt. Sie hatte keinen Moment gedacht, dass Jimmy Lawson überhaupt bemerkt hatte, dass sie eine Frau war, außer wenn es darum ging, Tee zu machen oder schlechte Nachrichten zu überbringen.

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