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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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anguckst, bist du verhaftet. Bei deinem Strafregister heißt das, dass du wieder eingesperrt wirst. Und diesmal wird es wesentlich länger sein als drei Monate.« Maclennan hielt inne und holte Luft.
    »Das ist Polizeischikane«, sagte Brian, seine Selbstgefälligkeit war nur leicht angeknackst.
    »Nein, das ist es nicht. Polizeischikane ist es, wenn du auf dem Weg zur Zelle zufällig die Treppe runterfällst. Wenn du stolperst und dir die Nase brichst, weil du an die Wand gestoßen bist.« Mit einer unerwarteten, blitzschnellen Bewegung schoss Maclennans Hand nach vorn und packte Duff am Schritt. Er drückte so fest zu, wie er konnte, und drehte dann das Handgelenk scharf nach rechts.
    Duff schrie auf und wurde blass. Maclennan ließ los und trat flink zurück. Duff bog sich vor Schmerz und fluchte. » Das sind Polizeischikanen, Brian. Gewöhn dich schon mal daran.«
    Maclennan riss die Tür auf. »Ach je. Brian hat sich wohl am Schreibtisch gestoßen und wehgetan«, sagte er zu der erschrockenen Sekretärin im Vorzimmer. Er lächelte, als er an ihr vorbei durch die Tür ging und in das kalte Sonnenlicht hinaustrat. Er stieg in den Wagen.
    »Sie hatten recht, Janice. Ich fühle mich jetzt besser«, sagte er und lächelte breit.
     
    An diesem Tag wurde in dem kleinen Haus in Fife Park nicht gearbeitet. Mondo und Weird hingen im Musikzimmer herum, aber Gitarre und Schlagzeug ergaben zusammen keine tolle Combo, und Alex wollte sich offenbar nicht zu ihnen gesellen.
    Er lag auf seinem Bett und versuchte, sich über seine Gefühle und über das klar zu werden, was mit ihnen allen geschehen war. Er hatte sich immer gefragt, warum Ziggy zögerte, sein Geheimnis den anderen beiden zu verraten. Tief im Innern glaubte Alex, dass sie es akzeptieren würden, weil sie Ziggy doch zu gut kannten, um das nicht zu tun. Aber er hatte die Macht ihrer primitiven Engstirnigkeit unterschätzt. Was diese Reaktion über seine Freunde aussagte, gefiel ihm nicht. Und es stellte auch sein eigenes Urteil in Frage. Warum hatte er so viel Zeit und Energie in Leute gesteckt, die im Grunde ein genauso engstirniges Pack waren wie Brian Duff? Auf dem Weg zum Krankenwagen hatte ihm Ziggy zugeflüstert, was geschehen war. Was Alex am meisten erschreckte, war, dass seine Freunde die gleichen Vorurteile hatten. Nun gut, Weird und Mondo würden nicht losgehen und Schwule zusammenschlagen, weil sie abends nichts Besseres zu tun hatten. Aber in Berlin hatte sich auch nicht jeder an der Kristallnacht beteiligt. Und doch wusste man, wohin es geführt hatte. Indem man die gleiche intolerante Haltung einnahm, stützte man insgeheim die Extremisten. Damit das Böse Triumphe feiern kann, erinnerte sich Alex, brauchen nur anständige Menschen nichts zu tun.
    Weirds Position konnte er fast verstehen. Er hatte sich mit einer Gruppe von Fundamentalisten eingelassen, die von ihm verlangten, die Doktrin als Ganzes zu schlucken. Man konnte keine Details aussortieren, die einem nicht zusagten. Aber für Mondo gab es keine Entschuldigung. So wie ihm jetzt zumute war, wollte Alex nicht einmal mehr am gleichen Tisch mit ihm sitzen.
    Alles fiel in sich zusammen, und er wusste nicht, wie er den Prozess stoppen konnte.
    Er hörte, dass die Haustür aufging, und war in Sekunden aus dem Bett und die Treppe hinuntergelaufen. Ziggy stützte sich gegen die Wand, mit einem unsicheren Lächeln auf seinem Gesicht. »Solltest du nicht im Krankenhaus sein?«, fragte Alex.
    »Sie wollten mich zur Beobachtung dabehalten. Aber das kann ich selbst machen. Es ist doch nicht nötig, dass ich ein Bett belege.«
    Alex half ihm in die Küche und stellte Wasser auf. »Ich dachte, du hättest eine Unterkühlung?«
    »Nur eine sehr leichte. Ich habe keine Erfrierungen oder so was. Sie haben meine Kerntemperatur wieder nach oben gebracht, das ist also in Ordnung. Ich habe keine Knochenbrüche, nur Prellungen. Und ich habe kein Blut im Urin, meine Nieren sind also in Ordnung. Ich würde lieber in meinem eigenen Bett leiden, als dass Ärzte und Schwestern am mir rumdoktern und Witze über Medizinstudenten reißen, die sich nicht selbst helfen können.«
    Auf der Treppe hörte man Schritte, dann erschienen Mondo und Weird, die ziemlich belämmert aussahen, unter der Tür.
    »Gut dich zu sehen, Mann«, sagte Weird.
    »Ja«, stimmte Mondo zu. »Was ist denn überhaupt passiert?«
    »Sie wissen es, Ziggy«, warf Alex ein.
    »Du hast es ihnen gesagt?« Der Vorwurf klang eher müde als

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