Echo gluecklicher Tage - Roman
Abenden mit Männern nach oben zu gehen; sie waren zwar nicht unschuldig gewesen, als Theo sie einstellte, aber auch keine Huren. Dolores hatte ihr anvertraut, dass One Eye ihnen gedroht hatte, sie zu feuern, falls sie sich weigerten, mit Männern mitzugehen, wenn er es ihnen sagte.
Er hatte die Mädchen in der Hand, und sie taten Beth unendlich leid. Keine von ihnen war besonders hübsch oder schlau, und da alle anderen Saloons schon genug Mädchen hatten, würden sie nirgendwo anders Arbeit finden. Das Einzige, auf das sie hoffen konnten, war, dass einer der Goldgräber sie als »Winterfrau« zu sich nahm, um ihm das Bett zu wärmen und für ihn zu kochen. Aber eine kalte, primitive Hütte am Stadtrand, ohne eigenes Geld und mit einem Mann, den sie nicht liebten, war vermutlich genauso schlimm, wie eine Hure zu sein.
»Wohin willst du gehen?«, wollte Beth von Jack wissen. Die Aussicht, ihn zu verlieren, legte sich wie eine eiserne Faust um ihr Herz. Sie hatte geglaubt, über den Tod von Sam und Molly hinweg zu sein, aber als Theo sie verließ, war es, als wären alle traurigen Ereignisse der Vergangenheit schlagartig wieder da. Ohne Jack, ihren einzigen wirklich treuen Freund, wäre sie zusammengebrochen und vielleicht versucht gewesen, allem ein Ende zu setzen, genauso wie es andere sitzengelassene Frauen getan hatten.
Aber schon seit Wochen war sie sich bewusst, dass Jack One Eye hasste und verachtete, und es wäre nicht richtig gewesen, ihn aus reiner Selbstsucht zu bitten, bei ihr zu bleiben.
»Raus nach Bonanza, zu den Goldfeldern.« Er zuckte mit den Schultern. »Da gibt es jede Menge Arbeit.«
»Aber das Leben da draußen ist so hart«, protestierte sie.
»Nicht so hart, wie vor dem alten One Eye zu katzbuckeln«, erwiderte er mit einem Grinsen. »Ich komme zurück, wenn das Eis im Frühling schmilzt, und wenn dich bis dahin nicht irgendein reicher und attraktiver Mann erobert hat, dann sind wir ja vielleicht so weit, in die Welt da draußen zurückzukehren.«
Beth lächelte schwach. Sie konnte an dem Glitzern in Jacks Augen sehen, dass er sich sogar darauf freute, in Bonanza zu arbeiten. Er hatte nie Angst vor schwerer Arbeit oder rauen Lebensumständen gehabt, und er hatte mehr mit den Goldgräbern gemeinsam als mit den Spielern, Parasiten und feinen Pinkeln hier in Dawson. Es war nur Theos Einfluss gewesen, der ihn Barkeeper hatte werden lassen, und eigentlich konnte er viel mehr als das.
»Ich habe kein Interesse an Liebesaffären, aber ich weiß, dass ich dich schrecklich vermissen werde.« Sie umarmte ihn fest. »Pass auf dich auf, und gib jemandem Nachrichten mit, damit ich weiß, wie es dir geht.«
Jack fuhr zwei Tage später mit einem Goldgräber namens Cal Burgess auf dem Hundeschlitten mit. Beth ging hinunter zum vereisten Ufer, um ihm zum Abschied zu winken. Sie lächelte, obwohl sie weinen wollte. Die Malamuts bellten wild und zogen an ihren Geschirren, weil sie los wollten. Als Cal hinten auf den Schlitten sprang und den Hunden ein Zeichen gab, schossen sie begierig nach vorn.
Jack wandte sich um, das Gesicht halb verdeckt von seiner mit Wolfsfell besetzten Kapuze, und hob die behandschuhte Hand, aber weil sein Mund eine gerade Linie bildete, nahm sie an, dass er sie nur ungern zurückließ.
Es war furchtbar gewesen, als Theo sie verlassen hatte. Sie hatte sich bloßgestellt und gedemütigt gefühlt, und all ihre Hoffnungen und Träume waren zerbrochen. Aber sie hatte ihre Beziehung irgendwann noch einmal nüchtern Revue passieren lassen, seine vielen Fehler und die Enttäuschungen aufgelistet, die er ihr bereitet hatte, und eingesehen, dass er immer nur auf die große Chance aus gewesen war. Sie hätte es wirklich besser wissen müssen, als ihm blind zu vertrauen.
Aber es gab kein solches Gefühl, mit dem sie sich über die Traurigkeit hätte hinwegtrösten können, dass Jack weiterzog. Kaum eine Stunde verging, in der sie ihn nicht vermisste. Als sie sich die erste Tasse Kaffee des Tages machte, stellte sie sich sein verschlafenes Gesicht am Morgen vor, mit den schwarzen Bartstoppeln, und sein strahlendes Lächeln, wenn sie ihn weckte. Später, als der Saloon öffnete, erinnerte sie sich daran, wie sie in ruhigen Zeiten auf einem Barhocker gesessen und mit ihm geredet hatte, während er die Regale putzte und die Gläser polierte.
Und sie hatten so viel über die Gäste gelacht. Jack konnte ihr seine Meinung über eine sehr große Nase, einen Sprachfehler, einen zwanghaften
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