Echo gluecklicher Tage - Roman
bekannt war – was ein passender Name für einen Mann war, der sich, da war Beth sicher, den Preis für viele Drinks in die eigene Tasche steckte –, wollte gerne schließen und nach Hause gehen. Er hatte Beth gebeten, ihm zu helfen, und als sie zu One Eye ging und ihm vorschlug, die Betrunkenen hinauszuwerfen, war dieser aufgestanden.
Aber er hatte niemanden rausgeworfen; stattdessen versuchte er, sich an sie heranzumachen.
Plötzlich wusste Beth, dass sie sich gegen ihn durchsetzen musste.
»Verzieh dich, du ekelhafter Widerling«, fuhr sie ihn an. »Ich bin nicht deine Frau. Wenn du mich auch nur berührst, dann wirst du es bereuen.«
»Wenn du so mit mir redest, dann werfe ich dich auf die Straße«, lallte er.
Sie betrachtete ihn wütend, während er schwankend vor ihr stand, und dieses Mal erinnerte sie sich daran, dass sie in der Stadt beliebt war, während die Leute über ihn lachten. »Wirf diese Leute da raus«, sagte sie und deutete auf die Betrunkenen. »Und dann geh nach Hause. Ich werde mich morgen mit dir befassen.«
Sie stolzierte die Treppe hinauf und schloss die Tür hinter sich ab. Sie bezweifelte, dass One Eye nach Hause gehen oder die Betrunkenen hinauswerfen würde, denn trotz all seiner großen Reden war er eigentlich ein schwacher Mann. Es war gut möglich, dass sie alle am Morgen noch da sein und bewusstlos auf dem Boden im Saloon liegen würden.
Es war jetzt Anfang Dezember und so kalt, dass der Schnee auf den Straßen so hart wie Stein war und das Atmen schmerzte. Sie hatte ihren Entschluss von vor zwei Wochen nur deshalb noch nicht in die Tat umgesetzt, weil es in ihrem Zimmer über dem Golden Nugget so warm und gemütlich war. Sie fühlte sich dort sicher, obwohl sie One Eye verachtete. Aber diese Sicherheit existierte nicht mehr, wenn er sie plötzlich als sein Eigentum betrachtete. Er war heute Abend sehr betrunken gewesen, aber nüchtern war er noch viel gefährlicher. Sie traute ihm zu, dass er sich ihr aufzwingen würde oder dass er ihr irgendeine kriminelle Tat anhängen würde, um sich für ihre Abfuhr zu rächen.
Die restliche Nacht machte sie kaum ein Auge zu, denn jedes Knarren im Haus ließ sie denken, der Mann käme die Treppe hinauf. Um neun Uhr schließlich stand sie auf.
Zuerst ging sie in den Saloon und stellte fest, dass alle Männer auf dem Boden lagen. One Eye umklammerte noch immer eine Flasche Whiskey, sein Mund stand offen, und er schnarchte laut. Der Gestank ließ sie würgen; es war nicht nur das Erbrochene auf dem Boden, sondern etwas noch Widerlicheres.
Sie schloss die Tür wieder, zog sich ihren Mantel an, setzte sich ihren Pelzhut auf und verließ das Gebäude durch die Hintertür.
Sonst vermied sie es, an Theo zu denken, doch jetzt konnte sie nicht anders. Denn sie wusste, wie entsetzt er über das gewesen wäre, was sie gerade gesehen hatte. Er hatte immer gewissenhaft darauf geachtet, dass die Männer nichts mehr zu trinken bekamen, wenn sie nicht mehr wussten, was sie taten. Wenn ein Mann so aussah, als wenn er gleich zusammenbrechen würde, befahl er den Freunden des Mannes, ihn nach Hause zu bringen, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte. Bei ihm hätte niemand betrunken auf dem Boden gelegen.
Die Saloons hatten noch nicht geöffnet, deshalb ging sie in ein Café in der Kind Street und bestellte sich Frühstück.
Um elf Uhr betrat sie das Monte Carlo. »Ich möchte mit Mr Fallon sprechen«, sagte sie zu dem jungen Mann, der den Boden fegte. »Sagen Sie ihm, Gypsy will ihn sprechen.«
Das Monte Carlo hatte mehrmals den Besitzer gewechselt, seit sie im letzten Juni dort gespielt hatte, und mit jedem neuen Besitzer war es mit Spiegeln, Kerzenleuchtern, Ölbildern und Teppichen prunkvoller ausgestattet worden. Es hieß, der derzeitige Besitzer, John Fallon, sei ein Südstaaten-Gentleman und habe noch größere Pläne für den Saloon. Beth war ihm noch nie begegnet, aber sie vertraute darauf, dass er von ihr gehört hatte.
»Er liegt noch im Bett«, sagte der junge Mann.
»Dann soll er aufstehen«, erklärte sie ihm knapp. »Ich habe nachher noch andere Verabredungen.«
Er verschwand nach hinten, und sie hörte seine Schritte auf der Treppe. Ein paar Minuten später hörte sie die Schritte erneut, und sie wurde mutlos, weil sie davon ausging, dass Fallon ihn wieder heruntergeschickt hatte, um ihr auszurichten, dass er für niemanden aufstand.
Aber zu ihrer Überraschung war es nicht der junge Mann, sondern ein Mann Ende dreißig. Sein
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