Echo gluecklicher Tage - Roman
»Es war unglaublich würdevoll, wie Sie One Eye in die Schranken gewiesen haben.«
»Meine Zeit im Golden Nugget ist jetzt vorbei«, erklärte sie fest. »Ich wäre froh, wenn Sie es nicht mehr erwähnen würden.«
Er legte ihre Kleider auf das Bett und lächelte. »Gerne, und ich glaube, wir sollten etwas Champagner trinken, um diesen Neuanfang zu feiern.«
»Das wäre schön.« Sie lächelte. Sie mochte das Aussehen des Mannes und den Klang seiner Stimme. Von jetzt an würde sie sich genau umsehen und jede Gelegenheit nutzen, die sich ihr bot.
Das Monte Carlo war gerammelt voll an diesem Abend, und als Beth kurz vor ihrem Auftritt über das Geländer nach unten blickte, nahm sie an, dass die neueste Geschichte über sie gerade herumging und mit jedem neuen Erzählen dramatischer wurde.
Fallon hatte draußen Schilder aufgestellt, die ankündigten, dass sie heute Abend hier spielte, und der junge Tom hatte ihr gerade berichtet, dass er am Golden Nugget vorbeigekommen war und nur drei oder vier Gäste darin gesehen hatte.
Sie würde hier sehr viel Geld verdienen. Sie wohnte im besten Zimmer im Haus, hatte eine Federmatratze auf dem Bett und einen Schminktisch, der prachtvoll genug war, um der Königin von Saba zu gefallen. Selbst Elektrizität gab es, und es war mollig warm im Haus.
Theo war jetzt nur noch ein dumpfer Schmerz. Sie konnte sehr gut ohne ihn leben.
Als sie sich umdrehte, um in ihr Zimmer zu gehen und ihre Geige zu holen, sah sie sich selbst in dem hohen Spiegel im Flur. Ihr Haar glänzte wie nasser Teer, ihre Augen strahlten vor Aufregung, und die Wangen waren leicht gerötet. Sie wusste, dass sie in ihrem violetten Satinkleid mit den schwarzen Spitzenvolants, das sie sich kürzlich von der Schneiderin hatte anfertigen lassen, den ellbogenlangen schwarzen fingerlosen Handschuhen und der violetten Blume im Haar sensationell aussah.
»Nutz es zu deinem Vorteil«, flüsterte sie sich selbst zu. »Sei die Gypsy Queen!«
Den ganzen Dezember über und bis in das neue Jahr 1899 feierte Beth im Monte Carlo Triumphe. Sie spielte jeden Abend zwei Mal zwei Stunden lang, aber auch zusammen mit anderen Musikern. John Fallon mochte es, wenn sie sich unter die Gäste mischte, und fast jeder Abend war wie eine Party.
Silvester und ihr zweiundzwanzigster Geburtstag Anfang Februar waren besondere Höhepunkte, denn Fallon veranstaltete eine private Neujahrsfeier für die reichsten und mächtigsten Leute in der Stadt, und an ihrem Geburtstag organisierte er eine Feier nur für sie und schenkte ihr ein goldenes Armband.
Beth spürte an der Art, wie Fallon ihr das Armband anlegte, und an seinem Handkuss, dass er sie begehrte, und sie war froh, dass es ihr genauso ging, denn das bedeutete, dass sie Theo endlich überwunden hatte.
Sie war nicht auf der Suche nach einer ernsthaften Liebesbeziehung, aber sie war bereit für eine kleine Affäre. Nicht sofort – sie wollte sich von Fallon erst noch ein richtiges Bild machen –, aber in der Zwischenzeit konnte sie mit ihm flirten.
Manchmal während der dunklen und eisigen Januar- und Februartage war Beth sogar froh, dass Theo sie verlassen hatte, denn wenn er noch da gewesen wäre, hätte sie vielleicht niemals herausgefunden, wie stark und unabhängig sie tatsächlich war. Sie bestimmte jetzt selbst über ihr Leben, sie war eine lebende Legende in Dawson, und sie wusste, dass sie genug Selbstvertrauen und Glauben an sich selbst hatte, um erfolgreich zu sein, egal wo sie von hier aus hingehen würde.
Anfang März beschloss Beth, dass die Zeit reif war für eine Nacht der Leidenschaft. Sie konnte seit Wochen an kaum etwas anderes mehr denken und wachte oft in der Nacht von erotischen Träumen auf.
Es war Gesetz in Dawson, dass an Samstagen alle Läden um Mitternacht schließen mussten, und seit Beth im Monte Carlo spielte, hatte Fallon immer eine Flasche Champagner aufgemacht, sobald die Türen sich schlossen, und sie dazu eingeladen, sie mit ihm zu trinken.
Sie hatte all ihr Geld gespart, seit sie im Monte Carlo arbeitete, und weil sie für Fallon besonders gut aussehen wollte, beauftragte sie die Schneiderin, ihr ein neues scharlachrotes Kleid zu nähen. Es war im Stil der Flamencotänzerinnen geschnitten, mit einem tiefen Ausschnitt, Rüschen an den Ärmeln und einem engen Mieder, das bis zu ihren Hüften reichte und dann in mehreren Lagen von Rüschen bis zu ihren Füßen fiel.
Es war ein sensationelles Kleid, eines, das sie niemals irgendwo anders zu tragen
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