Echo gluecklicher Tage - Roman
fanden, wurde die Fahrt ruhiger. Sie wirbelten den feinen Schnee auf dem Eis auf, der es wie Zuckerguss bedeckte.
Beth hatte am Abend zuvor ihre Sachen gepackt. Alle Kleider, die sie im Saloon getragen hatte, und ihre empfindlicheren Sachen sowie Schuhe und Stiefel waren jetzt in eine Kiste verpackt, die sie am Morgen bei Freunden untergestellt hatte, die ein Restaurant betrieben. In ihrer Reisetasche befand sich alles andere, und vor der Abfahrt hatte sie noch einige Luxusartikel für Jack gekauft – Früchtekuchen, Marmelade, Schokolade, Obst, etwas Lamm und Schinken, Käse und mehrere Flaschen Whiskey. Ihre Geige war neben ihr auf dem Sitz eingeklemmt, und wenn ihre Begegnung mit John an diesem Morgen nicht gewesen wäre, dann hätte sie sich jetzt einfach nur auf die Reise und auf das Wiedersehen mit Jack gefreut.
Sie hatte sich um sieben Uhr an diesem Morgen Kaffee gekocht, als John in die Küche kam. Sie konnte Whiskey in seinem Atem riechen, und seine schweren Augenlider und das zerknitterte, dreckige Hemd ließen darauf schließen, dass er betrunken gewesen sein musste und in seinen Sachen geschlafen hatte.
Sie bot ihm eine Tasse Kaffee an, aber seine einzige Antwort war ein vorwurfsvoller Blick, der ihr zu verstehen gab, dass sie gar nicht in seiner Küche sein sollte.
»Es gibt keinen Grund, so feindselig zu sein«, sagte sie sanft. »Ich werde gleich für immer gehen.«
»Wohin?«, fragte er.
Sie wusste, dass es nicht Sorge um sie war, nur Angst, dass sie in einem anderen Saloon arbeiten und dort vielleicht über ihn reden könnte.
»Ich glaube nicht, dass du das Recht hast, mich das zu fragen, nachdem du so unfreundlich zu mir gewesen bist«, erklärte sie schnippisch.
Er warf ihr einen wütenden Blick zu. »Huren wie du sollten aus der Stadt geworfen werden«, gab er zurück.
Bis zu diesem Moment hatte sie fest vorgehabt, leise und ohne irgendwelche Anschuldigungen zu gehen, aber dass er sie eine Hure nannte, änderte alles.
»Du scheinheiliges Arschloch!«, rief sie. »Du warst schon seit dem ersten Tag, den ich hier wohne, hinter mir her. Ich habe dich drei Monate lang auf Abstand gehalten, und als ich mich mit dir einließ, konntest du nicht genug von mir bekommen.«
»Du hast mich in Versuchung geführt«, jammerte er. »Du bist ein hinterlistiges Biest, das die Schwäche der Männer ausnutzt.«
Beth stemmte wütend die Hände in die Hüften. »Du erbärmliche falsche Schlange«, zischte sie. »Wie kannst du es wagen, dein eigenes schlechtes Gewissen zu erleichtern, indem du mir die ganze Schuld gibst? Du bist der, der gesündigt hat, weil du eine Frau und Kinder hast. Ich glaube, deine arme Frau würde es so sehen, dass du es warst, der mich ausgenutzt hat!«
»Meine Frau ist eine Dame«, fuhr er sie an. »Sie würde verstehen, dass ich einer Hure wie dir nicht gewachsen war.«
Beth schäumte vor Wut. »Dame! Was zur Hölle soll das heißen? Dass sie dich nur im Dunkeln und mit bis oben hin zugeknöpftem Nachthemd ranlässt? Kein Wunder, dass du mich wolltest – ich wette, du hast jede einzelne dreckige kleine Fantasie ausgelebt, die du jemals hattest. Aber es ist ja auch gut möglich, dass jemand mit deiner Frau geschlafen hat, während du hier warst. Vielleicht hat sie ja sogar herausgefunden, wie es ist, mit einem echten Mann ins Bett zu gehen anstatt mit einem frömmelnden Schwächling.«
Er hob die Hand, um sie zu schlagen, aber Beth schlug sie weg. »Wenn du mich auch nur anrührst, dann wirst du es bereuen«, knurrte sie. »Ich kann jederzeit auf die Front Street laufen und einen Trupp zusammentrommeln, der dir bei lebendigem Leib die Haut abzieht. Ich habe Freunde in dieser Stadt. Und jetzt geh mir aus dem Weg!«
Danach verschwand er lautlos wie die Schlange, die er war, und ließ sie zitternd vor Wut und ein bisschen beschämt darüber zurück, dass sie nicht von Anfang an gemerkt hatte, was er für ein Mann war.
Während sie in offenbar sehr schnellem Tempo vorankamen und der kalte Wind wie Nadeln in ihr Gesicht stach, gab Beth sich alle Mühe, nicht mehr an John zu denken. Sie war ein bisschen stolz, dass sie sich verteidigt und ihm die Meinung gesagt hatte – vor ein oder zwei Jahren wäre sie zu so etwas noch nicht in der Lage gewesen. Aber es hätte nicht so weit kommen sollen, und jetzt fühlte sie sich verletzt und beschämt.
Der Schnee lag wie eine dicke, weiße Decke auf den Ufern, und die Stümpfe der gefällten Bäume bildeten ein merkwürdig unebenes Muster.
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