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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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war.«
    »Du bist noch nie geküsst worden?«, fragte Bridie ungläubig.
    Miss Giles kam herein, um nachzusehen, ob alle im Bett lagen, deshalb blieb Beth eine Antwort darauf erspart.
    Sie tat so, als wäre sie eingeschlafen, nachdem Miss Giles gegangen war und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Mit geschlossenen Augen durchlebte sie noch einmal Jacks Küsse und erinnerte sich wieder und wieder an das herrliche Gefühl.
    »Was passiert jetzt?«, wollte Beth von Sam wissen. Es war zehn Uhr morgens, und der Tag war klar und sonnig. Sie waren bei Tagesanbruch aufgewacht, als die Schiffsmotoren wieder ansprangen, und jemand schrie, dass es Zeit sei, an Land zu gehen.
    Plötzlich herrschte völliges Chaos im Zwischendeck, weil alle hastig ihre Sachen zusammenpackten. Selbst die Rufe der Mannschaft, dass es noch mehrere Stunden dauern würde, bis sie das Schiff verlassen konnten, dämmten die Massenpanik nicht ein.
    Beth wurde ebenfalls davon ergriffen und rannte an Deck, um sich selbst zu überzeugen.
    Vor ihr lag New York, und es sah genauso aus wie auf einem Bild, das sie in einer Zeitschrift gesehen hatte. Sie konnte die Turmspitze der Trinity Church erkennen, von der sie wusste, dass sie den Schiffen als Orientierungspunkt diente, weil sie das höchste Gebäude war.
    Sie war fasziniert. Der Kirchturm mochte das höchste Gebäude sein, aber alle anderen wirkten ebenfalls bemerkenswert hoch. Allein die Anzahl der Schiffe erstaunte sie. Zahllose Landungsstege ragten in den Fluss, den ein Matrose den East River genannt hatte. Offenbar lag der Hudson, auf dem sie am Abend zuvor gefahren waren, auf der anderen Seite der Insel, und an jeder einzelnen Mole lag ein Schiff. Obwohl es noch so früh war, bevölkerten alle möglichen Arten von Karren, Wagen und Kutschen den Kai, und Hunderte von Männern luden Waren aus oder ein.
    Als sie näher kamen, schwoll der Lärm von Fässern, die über das Kopfsteinpflaster gerollt wurden, von Pferdehufen, Wagenrädern, Schiffsmotoren und Stimmen immer mehr an, und als Beth den Blick vom Kai abwandte, sah sie Tausende von Booten aller Art, von Schleppern bis hin zu alten Segelschiffen, draußen auf dem Fluss. Als sie wieder in die Richtung sah, aus der sie gekommen waren, erkannte sie die Freiheitsstatue, die sie von Bildern kannte. Aber nichts hatte sie darauf vorbereitet, wie riesig sie über dem Hafen thronte und welche Gefühle sie in ihr weckte.
    Sie erinnerte sich an ein Gedicht, das ihr Lehrer einmal rezitiert hatte. Beth wusste nicht mehr, ob es darin um die Statue oder um Amerika generell gegangen war, aber der Teil, der ihr im Gedächtnis geblieben war, passte auf beides: »Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren, den elenden Unrat eurer gedrängten Küsten.«
    Beth sah sich selbst, Sam oder irgendjemand anderen auf dem Schiff nicht als »elenden Unrat«, aber sie nahm an, dass die Frau, von der das stammte, viele Tausend Menschen aus ganz Europa durch die Einwanderungshallen hatte hinken sehen. Mit ihren zerschlissenen Koffern, ihren verhärmten Gesichtern und ihren schäbigen Kleidern sahen sie vermutlich wie solcher Unrat aus, obwohl sie fand, dass eine Dichterin ein freundlicheres Wort hätte finden können.
    Die Brooklyn Bridge war ebenfalls viel größer und länger, als sie erwartet hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie jemand auf den Gedanken gekommen war, etwas so Riesiges über einen Fluss zu bauen.
    Kurz bevor sie wieder unter Deck ging, um auf die Nachricht zu warten, dass sie das Schiff verlassen konnten, fragte sie sich, was die Stadt wohl noch für unglaubliche Anblicke bereithielt, wenn der Hafen schon so beeindruckend war.
    »Offenbar sind die erste und zweite Klasse zu fein für die Einwanderungsbehörde«, sagte Sam später missbilligend, als er und Beth zusahen, wie die Gangways heruntergelassen wurden und die Leute aus den besseren Klassen fröhlich darüberliefen, die meisten gefolgt von Gepäckträgern, die mit ihren Koffern beladen waren. »Wir werden mit einer Fähre nach Ellis Island gebracht und überprüft. Wenn wir ihnen nicht gefallen, dann schicken sie uns zurück nach England.«
    »Sie werden uns nicht zurückschicken«, versicherte Beth ihm. »Wir sind stark und gesund.«
    »Ich habe keine Angst, dass sie uns zurückschicken. Es wird nur unendlich lange dauern, bis wir durch sind. Sieh dir an, wie viele Schiffe hier sind, alle voll mit Einwanderern. Es wird schwer sein, heute Abend noch

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