Echo: Roman (German Edition)
Wohltätigkeitsorganisationen, arbeitete aber vorzugsweise mit Kindern. Sie leitete eine Organisation, die gerichtlich gegen Kinder misshandelnde Eltern und Verwandte vorging und sie dazu drängte, sich psycho-neurologisch behandeln zu lassen (eindeutig eine Person, die man ernst nehmen sollte). Rachel Bannister pflegte Zeit ihres Lebens ihre Hingabe zur Musik und spielte bisweilen in Amateurproduktionen mit. Sie wohnte allein in einer Eigentumswohnung in der Nähe des Leicester Square.
Normalerweise führten wir Geschäftsbesprechungen über das Netz durch. Aber in einem solchen Fall zog Alex eine persönliche Kontaktaufnahme vor.
Der Leicester Square lag in einer gehobenen Wohngegend mitten in einem Netzwerk aus Parks, die wiederum Wohneigentum, kleine Geschäfte und Restaurants beherbergten. Die Parkland-Universität residierte an der Nordgrenze, der Grenadapark nahm die Südseite ein.
Wir meldeten uns nicht an. Es hatte wenig Sinn, Ms Bannister aufzuschrecken. Alex nahm sich den Rest des Tages Zeit, um alles zu lesen, was er über sie finden konnte. Ihre Lizenz hatte sie 1382 erworben. An der Universität von Carpathia hatte sie bei Tuttle studiert. Später war sie gelegentlich als seine Begleiterin in Erscheinung getreten. Trotz des Altersunterschieds hatte ihre Beziehung zeitweise mehr als nur freundschaftliche Züge angenommen. Rachel hatte nie geheiratet.
»Kaum vorstellbar«, sagte ich.
»Was?« Alex blickte hinaus zu den sich verdichtenden Wolken, als wir über dem Landhaus aufstiegen und Richtung Andiquar flogen. Die Sonne versank bereits am Horizont, und der Melony glitzerte im unsteten Licht. »Von der Raumfahrt zu Aktien und Rentenpapieren?«
»Du hast es erfasst.«
»Wenn du echte Abenteuer erleben willst, Chase, würde dir mancher sagen, dass der Umgang mit Finanzpapieren weitaus spannender ist als das, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst.«
»Mag sein, aber das würde niemand ernst nehmen.«
»Meinst du? Dann frag mal jemanden, der seine ganzen Ersparnisse in Berkmann AntiGrav gesteckt hat.« Berkmann war vor einigen Monaten baden gegangen und mit Berkmann einige andere Hochtechnologie-Aktien auf dem Markt.
»Sag, was du willst, Alex, aber das ist eine andere Art von Abenteuer! Gibt es etwas, das man mit einem Aktiendepot anfangen kann, was vergleichbar damit wäre, durch die Baccharischen Ringe zu gleiten? Oder mit einem Kometen mitzufliegen?«
Alex lachte. »Das liebe ich so an dir, Chase«, sagte er.
Wir reihten uns in den Verkehr ein, und die KI verriet uns, dass wir noch vierzehn Minuten vom Leicester Square entfernt seien. »Wenn ich das richtig sehe, läuft es gut mit Audree«, bemerkte ich. Alex war am Tag zuvor mit ihr ausgegangen.
»Ich bin zufrieden.« Er zierte sich ein wenig, aber sein ganzes Gesicht leuchtete auf.
»Sie ist nett.«
»Ja, das ist sie.«
Es herrschte dichter Verkehr. »Habt ihr schon einen Tag festgelegt?«
Er räusperte sich. »Ich glaube nicht, dass es so schnell gehen wird.«
»Da gibt es wohl noch jemand anderen in ihrem Leben, was?«
»Ich habe wirklich keine Ahnung, Chase.«
»Sie wird aber nicht ewig auf dich warten, weißt du?«
»Weißt du etwas von einem anderen?«
»Nein, das war nur eine Frage.«
Alex verfiel in Schweigen. Dann wechselte er das Thema. »Der Reisebranche geht es derzeit nicht so gut.«
»Ich glaube, das war nie anders. Das fängt schon damit an, dass die meisten Leute lange Flugzeiten nicht mögen. Wenn das nächste schwarze Loch nicht gerade in einer Stunde erreichbar ist, sind sie nicht interessiert. Dann bleiben sie lieber daheim, legen die Füße hoch und vergnügen sich in einer virtuellen Welt.«
»Wahrscheinlich hast du recht. Vielleicht war das der Grund, warum Tuttle sich der Gibbon-Gesellschaft angeschlossen hat.«
»Vielleicht.«
»Aber es hat immer Leute gegeben, die nicht über ihren Tellerrand hinausblicken konnten. Wahrscheinlich gilt das sogar für die meisten.«
»Du wirst allmählich zu einem echten Pessimisten, Alex.«
»Ich werde? Wo warst du die letzten paar Jahre, Chase?« Er musterte mich in dem dämmrigen Licht der Instrumentenbeleuchtung und lachte wieder. Der Mann war an diesem Abend wirklich glücklich. So glücklich, wie ich ihn schon eine ganze Weile nicht mehr erlebt hatte. Alex ist meist recht ausgeglichen und nicht gerade ein gefühlsbetonter Mensch. Er fällt nicht in depressive Stimmungen, und er geht locker mit Erfolgen um. Aber im Augenblick passierte in seinem Leben etwas
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