Echo: Roman (German Edition)
Kolpath.«
Ein kalter Wind rüttelte an den Bäumen, und ein paar Schneeflocken lösten sich vom Dach und von den Baumkronen und sausten durch die Luft. Zweige knarrten, während die Schaukeln sich nicht im Mindesten bewegten. Ich fragte mich, ob sie an Ort und Stelle festgefroren waren.
Die Tür öffnete sich, und ein rothaariger Mann in einem weißen Hemd blickte von seinem Schreibtisch auf. Er schenkte mir ein herzliches Lächeln und erhob sich von seinem Platz. »Ms Kolpath«, sagte er, »ich bin Hal Cavallero. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich stelle einige Nachforschungen an«, sagte ich. »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen, wenn Sie gestatten. Ich werde Ihre Zeit nicht lange beanspruchen.«
Ein Feuer flackerte still vor sich hin.
»Wir bekommen in diesem Teil der Welt nicht oft Besuch von schönen Fremden. Sicher, ich helfe Ihnen gern.« Er sah älter aus, als ich erwartet hatte. Eingefallene Wangen, haufenweise Fältchen um die Augen, und etwas an seinem Gesichtsausdruck weckte den Verdacht, dass er mit Kopfschmerzen zu kämpfen hatte. Zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, spielten auf dem Fußboden ein Kartenspiel.
Ich erklärte ihm, dass ich die Assistentin des Geschäftsführers von Rainbow Enterprises sei.
»Aha«, sagte er nun in geschäftsmäßigerem Ton, »und um welche Art Firma handelt es sich bei Rainbow Enterprises?«
»Wir führen unter anderem historische Analysen durch. Derzeit arbeiten wir an einer Studie über die Reiseindustrie zurzeit der Jahrhundertwende.«
»Ich verstehe.« Das Mädchen, das mich beobachtet hatte, winkte. Ich erwiderte die Geste. »Leider muss ich Ihnen sagen«, fuhr er fort, »dass ich gar nicht weiß, wie ich Ihnen da weiterhelfen könnte.« Er nahm sich einen Moment Zeit, um mir die Kinder vorzustellen, Emma und Billy. »Unser neuester Zuwachs.«
»Sie sehen aus, als hätten sie Spaß.«
»Oh, ja, denen geht es hier immer gut. Woher kommen Sie, Ms Kolpath?«
»Nennen Sie mich doch bitte Chase!«
»Chase, gern.« Er nagte einen Moment an seiner Unterlippe. Ich nahm an, er überlegte, ob wir uns gegenseitig mit Vornamen ansprechen sollten, entschied sich aber dagegen. »Woher kommen Sie?«
»Andiquar.«
»Das ist ein langer Weg. Ich bin erstaunt, dass Sie nicht vorab mit mir gesprochen oder einfach nur angerufen haben.«
»Ich war gerade in der Gegend. Wir unterhalten uns mit vielen Leuten.«
»Aha.« Er rückte von seinem Schreibtisch ab. »Ich bin froh, dass Sie nicht den ganzen weiten Weg hergekommen sind, nur um mich zu besuchen. Ich glaube wirklich nicht, dass ich viel zu Ihren Nachforschungen beisteuern kann.«
»Die Raum-Station ist eine wunderbare Einrichtung. Sind die Kinder hier alle Waisen?«
»Nicht alle. Ein paar wurden von ihren Eltern verlassen.«
»Nun ja, wenn das Leben einem übel mitspielt, ist es jedenfalls schön, wenn es Leute gibt, die einem aus der Flaute heraushelfen.«
Cavallero sah verlegen aus und zuckte mit den Schultern. »Ich tue das aus ganz eigennützigen Gründen. Die Arbeit macht mir Freude.«
Die Tür ging auf, und ein etwa siebenjähriges Mädchen schaute herein. »Mr Cavallero, es ist so weit.«
»Gut, Sola. Sag Ms Gates, ich bin in ein paar Minuten da!« Das Mädchen strahlte ihn an und ging wieder. »Sie spielen Broomhockey und brauchen einen zweiten Schiedsrichter.«
»Broomhockey?«
»Das ist hier sehr beliebt.« Er wies die KI an, auf Emma und Billy aufzupassen, verabschiedete sich von den Kindern und wandte sich dann mir zu. »Ich muss los, Chase, aber Sie können gern zusehen, wenn Sie mögen.«
Zwei Gruppen von Zweitklässlerinnen boten einander, kurze Stöcke schwingend, die Stirn. Cavallero und eine der Lehrerinnen wachten über das Geschehen. Die Kinder, fünf pro Mannschaft, giggelten und kreischten, während sie auf dem Spielfeld herumflitzten und versuchten, einen Schwamm in einen der kleinen Käfige am Ende der jeweiligen Spielfeldhälfte zu bugsieren. Alle hatten Spaß, und als das Spiel zu Ende war, wurde das Ergebnis mit Eiscreme gefeiert. »Bei welchem anderen Job«, fragte mich Cavallero, »schlüge mir derart viel Freude entgegen?«
Wir gingen zurück in die Hütte, und er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Ich setzte mich auf ein Zweiersofa. Die beiden Kinder von vorhin waren nicht mehr da. »Okay, Chase«, sagte er, »was wollen Sie wissen?«
Ich erzählte ihm, ich würde versuchen, mir ein Bild von den alltäglichen Arbeitsabläufen bei den Reiseunternehmen zu
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