Echo: Roman (German Edition)
machen. »Wir sprechen mit Verwaltungsangestellten, mit Piloten und mit den Leuten auf den Startbasen. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir in diesem Zusammenhang ein paar Fragen beantworten.«
»Ich sage es nur ungern, aber die Geschichte der Reiseunternehmen dürfte ziemlich langweilig sein.« Er warf einen bedeutungsvollen Blick auf die antike Wanduhr. Mir entging dieser Wink mit dem Zaunpfahl nicht. Cavallero hatte liebenswerte Züge, aber die Schärfe in seiner Stimme wollte nicht zu ihnen passen. Der Mann war groß, und seine Augen hatten die Farbe gefrorenen Seewassers. Die Jahre hatten Tribut von ihm gefordert. Er sah müde aus. Erschöpft.
Das Bild eines jungen Mannes und eines Mädchens stand auf seinem Schreibtisch. »Sandra und Tom«, erklärte er, »meine Kinder.«
Und auf einem der Bücherregale fand sich ein Bild von einem sehr viel jüngeren Cavallero und einer hübschen jungen Frau, Tyra, seiner Ehefrau.
»Mr Cavallero«, sagte ich, »haben Sie die Raumfahrt vollständig aufgegeben? Oder fliegen Sie noch bisweilen hinaus? Vielleicht sogar mit den Kindern?«
»Ich aktualisiere regelmäßig meine Lizenz. Aber was hat das mit Ihren Nachforschungen zu tun?«
»Das war nur Neugier. Ich bin selbst Pilotin, und ich kann mir einfach nicht vorstellen, je davon loszukommen.« Das war der Grund, warum ich diese Reise unternommen hatte und Alex zu Hause geblieben war. O-Ton Alex: Dir wird es leichter fallen, eine Beziehung zu ihm aufzubauen.
»Ja, das ist verständlich, Chase. Aber ich habe schon seit langer Zeit nicht mehr auf einer Brücke gestanden oder in einer Pilotenkanzel gesessen. Ich habe auch keine Lust mehr dazu.«
»Trotzdem aktualisieren Sie immer noch Ihre Lizenz?«
»Ich glaube, ich habe auch nie wirklich losgelassen.« Er brachte ein Lächeln zustande. »Sie sehen aus, als würden Sie frieren. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Ja, bitte. Das wäre nett.«
Er ging in die Küche, kehrte mit zwei Tassen zurück und stellte sie auf den Tisch. »Vorsichtig«, sagte er. »Der Kaffee ist ziemlich heiß.«
»Danke.« Irgendwie wirkte er plötzlich ängstlich. »Als Sie noch geflogen sind, Mr Cavallero ...«
»Nennen Sie mich Hal!«
Okay, nun also doch endlich der Vorname. »Als Sie noch geflogen sind, Hal, da hatten Sie einen Job, von dem viele von uns nur träumen können.«
»Träumen? Wovon träumen Sie denn? Davon, Baumaterial an irgendeinen Ort zu fliegen, an dem eine Siedlung erbaut werden soll? Und das immer und immer wieder, jahrelang? Das mag ich Ihnen gar nicht glauben, Chase!«
»Ich meinte Ihre Zeit bei World’s End Tours. Als Sie Kundschafterflüge gemacht haben.«
»Oh«, sagte er. »Das.«
»Sie hören sich nicht so an ...«
»Es war okay. Ich kann mich nicht beklagen. Das Arbeitsverhältnis war in Ordnung.«
»Sie haben Gebiete angesteuert, die vorher noch nie jemand erforscht hat.«
»Das ist wahr.«
»Aber das ist für die meisten von uns doch der Grund, überhaupt Pilot zu werden . Um einmal so etwas zu erleben. Aber diese Jobs sind überaus selten.«
»Anzunehmen.«
»Sie hören sich nicht so an, als hätte Ihnen viel daran gelegen.«
»Doch, natürlich.«
»Aber Sie haben gekündigt.«
»Ich war es irgendwann leid. Ich habe geheiratet, während ich für World’s End gearbeitet habe. Die Bezahlung bei denen war nicht sonderlich gut, also bin ich gegangen.«
»Sie wurden hier geboren, nicht wahr? In Carnaiva?«
»Ja. Hier lebt meine Familie. Meine Kinder und meine Enkel, sie sind alle hier. Na ja, fast alle. Tom ist nicht mehr hier. Er arbeitet für den Gouverneur.«
Cavallero beschrieb den Alltag bei World’s End Tours, erzählte, dass man nur als Mitglied der Korminov-Familie echte Aufstiegschancen hatte. »Walter war in Ordnung, aber mit seiner Frau war schwer auszukommen. Und mit Abe auch.«
»Das ist doch sein Sohn, oder?«
»Ja. Er war für Wartung und Ausstattung zuständig. Ich glaube nicht, dass ihm die Arbeit sonderlich Spaß gemacht hat. Und er hielt sich für besonders schlau.«
»Was macht Abe denn jetzt?«
»Ich weiß es nicht. Er hat sich mit seinem Vater verkracht und ist zu unbekannten neuen Ufern aufgebrochen. Ich glaube nicht, dass Walter in den letzten Jahren etwas von ihm gehört hat.«
»Und Walters Frau?«
»Die ist mit einem Prediger durchgebrannt.«
»Sie machen Witze!«
Cavalleros Stimmung wurde erkennbar besser. Dieser Teil der Geschichte bereitete ihm offenkundig Vergnügen. »Keineswegs. Die sind irgendwo
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