Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
mich Hamid aus meinen Gedanken.
»Klar. Als Callboy. Sicher kannst du das. Das wird bestimmt super. Ich freue mich jetzt schon auf deinen Praktikumsbericht«, antworte ich und erkläre den Rest der Stunde den Unterschied zwischen who und which , ohne unterbrochen zu werden.
Die Krise ist schuld!
»Ich weiß schon, warum ich nie Obstsalat mache«, sagt mein Freund, während er einen macht, »weil das alles so lange dauert, mit dem Kleinschneiden.« Eben hat das Fräulein angerufen, es kommt gleich vorbei. Fräulein Krise ist ja seit einigen Monaten Nichtraucherin, allerdings vergisst sie das, wenn sie mit mir zusammen ist. Wird sie mir also alle meine Kippen wegrauchen. Aber ich muss ja nachher sowieso noch raus, muss ja Sport nachholen, da kann ich mir dann gleich neue Zigaretten kaufen.
Ich warte gerade jeden Morgen darauf, dass Dunja Hayali im Morgenmagazin den schönen Satz sagt: »Wegen der sibirischen Kälte bleiben öffentliche Gebäude und Schulen bis auf weiteres geschlossen.« Bis auf weiteres – das ist besonders wichtig.
Wir haben bis auf weiteres einen neuen Schüler in meiner Klasse. Das habe ich gestern von meinen Schülern erfahren – mir muss man das wohl nicht mitteilen …
»Frau Freitag, Frau Freitag, wir haben einen Neuen!«, ruft mir Volkan aufgeregt entgegen, als ich den Gang runterlaufe. »Aha. Und wie ist der so?«
»Er hat einen Ausdruck zu Hamid gesagt, und er war frech zu Herr Werner«, erzählt mir Rosa aufgeregt.
»Wie, frech?«
»Herr Werner wollte, dass er einen Stuhl runternimmt, und da war er frech.«
Süß, meine Klasse – »einen Ausdruck gesagt«, »frech« – die teilen mir nicht mal den Ausdruck mit, weil sie vor mir nicht Missgeburt, Hurensohn oder Spast sagen wollen. Die sind sooo süß. Und den Neuen werde ich mir gleich zur Brust nehmen.
Es klingelt, meine Klasse schlängelt sich in den Raum, Hamid schiebt jeden, der ihm im Weg ist, zur Seite. Hamid ist recht breit, deshalb ist ihm immer jeder im Weg. Ich werde von den Mädchen umzingelt. Jede erzählt mir etwas anderes: Es gab irgendeine Unstimmigkeit wegen der Geschichtsstunde, eine Oma ist gestorben, ein Zeugnis wird mir unter die Nase gehalten, es wird sich nach dem nächsten Wandertag erkundigt, nach dem Beginn der Osterferien und so weiter. Ich höre zu, gebe Antworten und schiele immer wieder zu den anderen Schülern, die sich auf ihre Plätze setzen. Plötzlich sehe ich ein mir unbekanntes Gesicht. Ah, der Neue. Warum geht der einfach an mir vorbei? Gibt’s ja gar nicht.
»Hallo, du da, warte mal!«
»Wer ich?«, fragt der Neue und guckt mich verwundert an. Er hat schon so einen gruseligen Flaumbart. Was soll das denn? Der ist doch erst in der Siebten – ein Kind! Bitte ohne Bart!
Inzwischen war die Krise da, hat gegessen, getrunken und meine Zigaretten geraucht. »So, eine rauch ich noch, dann bin ich weg.« Und ich? Konnte wieder nicht zum Sport. Ich wollte gehen – würklisch (wie ich so schön bei Kinderfacebook las). Wie stehe ich denn jetzt vor Frau Dienstag da, die mich vorhin extra auf der Arbeit anrief, um mir zu sagen, dass sie VOR der Schule schon beim Sport war … (Streber vs. Schwänzer – wir treffen uns in der Raucherecke.)
Huääähhhhhhhh (heul), ich werde fett und hässlig (das g kommt auch von Kinderfacebook), eine fette Missgeburt werde ich jetzt – ich merke das schon – so um die Hüften rum …huäääh …ich will das nicht. Das neue Dick ist auch nicht das alte Dünn! Und wenn ich jetzt auch noch immer Das ewige Model , oder wie das heißt, gucken muss, dann merke ich doch ganz genau, wo sich die ganze Merci-Schokolade von Miriam und Fatma an mir festsetzt. Ich habe schon voll Wampenspeck, und die Oberarme schlackern wie Fahnen im Sturm. Es nützt auch nix, wenn der Freund immer sagt, dass man bei der Kälte dicker sein muss, und ich in der Steinzeit sowieso den ganzen Winter in meiner Höhle geblieben wäre. Ich bin fett, weil ich andauernd den Sport schwänze. Morgen muss ich unbedingt heftiger unterrichten, damit ich da wenigstens ein paar Kalorien verbrenne. Der Neue wird da hoffentlich ein paar Ansatzpunkte liefern.
Opa Yussuf will nicht mit
Tja, der Neue … Der neue Schüler heißt Paolo. Er ist ruhig, nett und höflich. Ich helfe ihm bei der Steigerung der Adjektive, und er freut sich darüber. Überhaupt hat er sich sehr gut in die Klassengemeinschaft eingefunden und kommt mit allen klar. Meinetwegen kann das so bleiben.
Damit mehr passiert, habe
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