Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)
mein Klauen für mich der einzige Weg, um an Farbe zu kommen. Was geschehen wäre, wenn mich jemand erwischt hätte? Vielleicht gar nicht so viel Schlimmes. Der Normalbürger auf der Straße wusste um solche Praktiken und hielt den Mund, denn irgendwann war auch er Nutznießer solcher Geschäfte. Und hätte mich wirklich mal ein strenger ABV erwischt, ja gut, dann hätte ich den angerichteten Schaden wohl in dreifacher Höhe bezahlen müssen.
Als die Kapelle nach einigen Wochen in hellstem Glanz wie neu dastand, bemerkten wir beide, dass wir zu viel Farbe geklaut hatten. Daraufhin beschlossen wir, noch dem Altar und den Holzsäulen meiner heimatlichen Schwaaner Kirche zu neuem Glanz zu verhelfen. Nach vielen Jahren stand ich vor Kurzem wieder in der Pauluskirche und habe meine marmorierten Säulen bewundert.
12. Meine erste Rezension
Christian: Lesen gehörte schon immer zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Ich las so ziemlich alles, was ich in die Hände bekam. Mein Taschengeld verwandelte sich fast immer innerhalb weniger Tage in Bücher.
Daniel: Also in den 80ern verwandelte sich mein Taschengeld hauptsächlich in Comichefte: Mickey Maus, Fix & Foxi, das YPS-Heft und die lustigen Taschenbücher. Ich habe gar nicht viele richtige Bücher gelesen.
Christian: Gerade mit der Auswahl von christlichen Büchern in der DDR war es nicht so rosig, wie wir das heute kennen. Alles war auf rote Parteilinie getrimmt und christliche Literatur fand man so gut wie nie in offiziellen Buchläden, die natürlich fast alle staatlich waren. Aber wer ein wenig genauer suchte, konnte Möglichkeiten finden, auch an diese Schriften zu gelangen.
So gab es beispielsweise in Rostock eine kleine christliche Buchhandlung, in der ich Stammkunde wurde. Das war noch zu der Zeit, in der in vielen DDR-Büchern vorne drin stand: „Der Vertrieb nach Westdeutschland, Westberlin, Österreich und der Schweiz ist nicht gestattet." Ausnahmsweise war hier mal nicht die Ideologie die Ursache für ein Verbot.
Daniel: Sondern?
Christian: Ganz einfach, die DDR verfügte über keinerlei Rohstoffe. Unsere Bücher waren qualitätsmäßig sehr gut, auch im Vergleich mit dem kapitalistischen Ausland. So hätten wir unsere Bücher mit guten Verkaufschancen in den Westen exportieren können, aber aus Papiermangel war dies nicht möglich. Dann hätte die DDR-Bevölkerung wieder einen Engpass mehr und bei Büchern trauten die DDR-Ideologen der Bevölkerung doch mehr Unmutsäußerungen zu als vielleicht noch bei Tapeten oder frischen Blumen.
Hatte ich dann mal ein Buch gelesen, welches mir gut gefiel und wollte dies allen mitteilen, stieß ich in meinem Umkreis natürlich nicht auf Interesse. Wer interessierte sich schon für A.O. Schwede? Ich habe die Werke dieses DDR-Pastors noch heute alle in meinem Bücherregal stehen. Er beschrieb vor allem nordische Länder, Personen und geschichtliche Entwicklungen. Warum er in Kirchenkreisen so berühmt wurde, liegt sicher auch daran, dass er Länder beschrieb, in die wir nur als alte Omas und Opas hätten fahren dürfen, wäre da nicht die politische Wende von '89 dazwischengekommen, aber die konnte sich sowieso niemand real vorstellen.
Daniel: Also bei uns war in den 80er Jahren glaube ich Kurt E. Koch sehr erfolgreich in christlichen Buchkreisen. Auch er hat in seinen Büchern ständig Beispiele aus seinen zahlreichen Reisen gebracht. Aber wenn ich mehr darüber nachdenke, dann war Kurt E. Koch vielleicht auch nur bestimmten christlichen Kreisen bekannt. Andere Kreise hatten ihre eigenen Bestseller-Autoren.
Christian: Hin und wieder gelang es meiner Westverwandtschaft, ein Buch über die Grenze zu schmuggeln. Zu jener Zeit wurde ich großer Fan von Jörg Zink.
Daniel: Nie gehört.
Christian: Ich bin verwundert. Du kennst den großen Theologen Jörg Zink nicht? Tipp mal nur so aus Spaß beim Bücheronlineriesen seinen Namen ein und du wirst eine Vielzahl von Büchern des inzwischen 90-jährigen Pfarrers finden. Für einen Jugendlichen aus der DDR war es faszinierend, den neuen theologischen Überlegungen von Jörg Zink zu folgen. Noch heute schreibt er und ich empfehle ihm jeden!
Klar, dass ich aller Welt von ihm und seinen tollen Büchern erzählen wollte. In unserer Mecklenburgischen Kirchenzeitung gab es eine Rubrik „Das neue Buch". Also beschloss ich, meine Leseeindrücke aufzuschreiben. Ein Blatt Papier und ein Kugelschreiber waren meine Werkzeuge dafür. Danach steckte ich
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