Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
Vom Netzwerk:
betriebseigenen Verkaufsstelle eine Flasche Wein und mischte sie mit Verdünnung. Dies reichte ihm bis etwa 13 Uhr. Danach schlief er bis etwa 16 Uhr.
    Ob es des Geldes wegen war oder weil ich dort weniger arbeiten musste, ich weiß es heute wirklich nicht mehr genau, was mich veranlasste, im VEB Fischverarbeitung in Schwaan als Betriebsmaler anzufangen. Rückblickend behaupte ich, es war sehr gut für mich, all diese Schlamperei einmal gesehen und wirklich miterlebt zu haben. Wenn heute jemand zum ersten Mal davon hört, kann ich gut verstehen, wenn er behauptet, er könne meinen Schilderungen keinen Glauben schenken.
     
    Daniel: Na ja, ich habe schon davon gehört. Ehrlich gesagt hat man sich im Westen immer erzählt, im Osten würden die Arbeiter den ganzen Tag nur in der Fabrik sitzen und Karten spielen. Weil sie ja eh keine Rohstoffe hätten.
     
    Christian: Stinkesauer werde ich nur darüber, wenn man heute sagt, die DDR-Leute waren so faul. Man sollte da schon genauer hinschauen. Oft blieb ihnen nichts anderes übrig als Däumchen zu drehen. Es lag also am System!
     
    Daniel: Ja, das glaube ich gerne. Die Frage ist, wie man irgendwann aus der Lethargie wieder herauskommt ...

    Christian: Das kann ich dir genau sagen. Mit einem lauten Knall war alles zu Ende. Die Wirtschaft brach zusammen, die Leute begriffen langsam, dass sie selbst die Sache in die Hand nehmen müssen. Noch heute wird mir anders, wenn ich an diese Zeit denke. Wir trafen uns in der Kirche und sprachen erstmals laut Kritik aus. Noch vor wenigen Tagen wäre man dafür in den Knast gewandert. Aber plötzlich begannen alle in der ganzen DDR sich zu erheben. Zurückblickend sagen die Leute heute „Wende" dazu.
    Alles, was mir der Technische Direktor versprochen hatte, traf auch ein. Ich bekam immer über 1000 Mark im Monat in meiner Lohntüte überreicht, oftmals fürs Nichtstun. Aber der Mensch kann sich schnell an Faulheit gewöhnen. Oftmals saß ich den ganzen Tag in der Schlosserei und unterhielt mich über Gott und Marx mit einem alten Genossen.
    Leider war ich nicht sehr lange in diesem VEB-Betrieb. Eines Tages bekamen die Glaser Fensterscheiben geliefert. In großen Holzpaletten wurde das Glas transportiert. Beim Abladen vom LKW vor die Werkstatt fuhr der Gabelstapler über einen Stein und die Palette geriet ins Wackeln. Ich wollte den Sozialismus und die Fensterscheiben retten und warf mich mit meinem gesamten Körpergewicht gegen die Holzpalette. Was ich in den wenigen verbleibenden Sekunden nicht beachtet hatte, die Palette wog einige Zentner. So fiel sie doch – und zwar auf mich. Dieser Arbeitsunfall war entscheidend für meinen weiteren Lebensweg.

14. Gespräche mit einem Genossen
     
    Christian: Vor meinem Unfall arbeitete ich in der „Brigade der Werterhaltung". Zu ihr gehörte auch eine Schlosserei mit schätzungsweise zehn Schlossern. Ihre Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, die Maschinen und Produktionsanlagen am Laufen zu halten. Einer der Schlosser war kurz vor der Rente und hatte das Privileg, nicht mehr auf oder auch in jede Maschine hineinklettern zu müssen. Die jüngeren Schlosserkollegen übernahmen dies gern mit, konnten sie sich doch auf die reiche Erfahrung des älteren Kollegen verlassen. War mal eine Maschine kaputt, konnte nicht einfach ein Ersatzteil bestellt werden. Oftmals mussten fehlende Teile nachgebaut werden. Und die Erfahrung des älteren Kollegen half immer weiter.
    Mir wurde dieser Kollege, der auch Mitglied der SED war, während vieler Arbeitsstunden zu einem guten Gesprächspartner. Ich weiß noch wie heute, er stand vor seiner Schlosserei und rief mich zu ihm: „Du bist also der Neue. Und bei der Kirche bist du auch, na ja, macht nichts. Komm rein!" Ich ging mit ihm in seine Schlosserei und er zeigte mir seine wohl 50 Jahre alte Drehbank. Links und rechts von ihr standen zwei vielleicht ebenso alte Sessel. Wir machten es uns gemütlich und er zeigte mir seinen Werkzeugschrank. „Den mache ich aber nicht für jeden auf", erklärte er mir. Dann durfte ich hineinschauen. Ich dachte, ich wäre in einer Kneipe. Drei Sorten Schnaps und einige Flaschen Bier standen dort. Und der Kollege sagte mir: „So, jetzt müssen wir anstoßen, sonst wird das nichts mit uns." Er holte zwei Flaschen Bier und eine Flasche Kognak heraus. Nach einer Stunde war die Flasche Kognak und ich weiß nicht mehr genau wie viele Flaschen Bier leer.
     
    Daniel: Ähnliches hört man auch von Menschen, die in den 70ern und

Weitere Kostenlose Bücher