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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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verwechseln. Als der Verrückte Lord Schnappüber an seinem Wabbel 19 aufgehängt wurde, geschah das nicht etwa, weil er den armen alten Löffler Boggis gezwungen hatte, seine eigene Nase zu verspeisen. Der Grund waren vielmehr jahrelange einfallsreiche Gemeinheiten, die sich angehäuft hatten, bis…
    Ein schriller Schrei ertönte auf der anderen Seite des Raumes. Rincewind war bereits halb auf den Beinen, als er eine kleine Bühne und Schauspieler darauf bemerkte.
    Drei Musikanten nahmen mit überkreuzten Beinen Platz. Die Gäste der Taverne wandten sich ihnen zu.
    Das Stück war recht unterhaltsam. Die Einzelheiten der Handlung verstand Rincewind nicht ganz, aber im großen und ganzen ging es um folgendes: Mann bekommt Frau, Mann verliert Frau an anderen Mann, Mann zerhackt Pärchen, Mann fällt ins eigene Schwert, alle treten vor und verneigen sich, ein Tusch – beziehungsweise die hiesige Version davon – erklingt. Es war schwierig, dramaturgische Details zu erkennen, weil die Schauspieler immer wieder »Hurra!« riefen. Außerdem sahen ihre Masken nahezu gleich aus. Währenddessen weilten die Musiker in einer ganz anderen Welt. Besser gesagt, in drei anderen.
    »Glücksplätzchen?«
    »Was?«
    Rincewind kehrte aus dem Dickicht des dramatischen Dschungels zurück und bemerkte den Wirt.
    Er hielt ihm einen Teller mit zweischaligen Keksen unter die Nase.
    »Glücksplätzchen?«
    Rincewind streckte die Hand aus. Als seine Finger fast einen Keks berührten, wurde der Teller ein Stück zur Seite geschoben, so daß ein anderes Plätzchen unter seiner Hand lag.
    Der Zauberer nahm es.
    Während auf der Bühne die Schauspieler schrien, dachte Rincewind wieder an Ankh-Morpork. Dort konnte man sich wenigstens richtige Waffen besorgen. Hier im Achatenen Reich dagegen…
    Arme Teufel. Man brauchte mehr als nur einige freundliche Slogans und ehrlichen Enthusiasmus, um eine Revolution in Schwung zu bringen. Man benötigte erfahrene Kämpfer und vor allem einen guten Anführer. Hoffentlich finden die Aufständischen einen, wenn ich weit entfernt bin.
    Das Plätzchen enthielt den üblichen Zettel. Rincewind entrollte ihn und las seine Botschaft, achtete nicht auf den Wirt, der stumm hinter ihn trat.
    Er rechnete mit einem »Du hast gerade eine nicht besonders gute Mahlzeit zu dir genommen« oder etwas Ähnlichem. Statt dessen fiel sein Blick auf ein kompliziertes Piktogramm.
    Rincewinds Zeigefinger folgte den Pinselstrichen.
    »›Viele… viele… Entschuldigungen…‹ Was soll das denn bedeu…«
    Einer der Musiker hämmerte die Becken gegeneinander.
    Ein Totschläger aus Holz knallte an Rincewinds Kopf.
    Die mit Shibo beschäftigten Alten nickten glücklich und setzten ihr Spiel fort.
     
    Es war ein herrlicher Morgen. Im Versteck regten sich die Geräusche der erwachenden Grauen Horde: Hier und dort stöhnte jemand; improvisierte Prothesen und Stützapparate wurden in die richtige Position gebracht; jemand beschwerte sich, weil er seine Brille nicht fand; ein anderer suchte vergeblich nach seinem Gebiß.
    Cohen saß mit den Füßen in warmem Wasser und genoß den Sonnenschein.
    »Lehrer?«
    Der frühere Geographielehrer war damit beschäftigt, eine Karte zu zeichnen.
    »Ja, Dschingis?«
    »Was grummelt der Irre Polterer da?«
    »Er meint, das Brot sei hart und trocken. Außerdem kann er sein Gebiß nicht finden.«
    »Richte ihm aus, daß er sein Brot von zehn jungen Frauen vorkauen lassen kann, wenn alles nach Plan läuft«, sagte Cohen.
    »Das ist nicht sehr hygienisch, Dschingis«, gab Herr Zervelatwurst zu bedenken, ohne von der Karte aufzusehen. »Ich hab dir das mit der Hygiene erklärt, erinnerst du dich?«
    Cohen verzichtete auf eine Antwort. Er dachte: Sechs alte Männer. Und Lehrer kann man eigentlich gar nicht mitzählen, weil er ein Denker ist, kein Kämpfer…
    Zweifel fand nur selten einen Platz hinter Cohens Stirn. Wenn man eine zappelnde Tempeljungfrau sowie einen Sack mit erbeuteten Schätzen in der einen Hand hält und mit der anderen ein halbes Dutzend Priester abwehrt, hat man kaum Zeit zum Nachdenken. Wenn sich professionelle Helden in kritischen Situationen nach dem Sinn ihres Lebens fragten, so sorgte die natürliche Auslese dafür, daß sie ziemlich schnell beides verloren.
    Aber sechs alte Männer… Und die Streitkräfte des Achatenen Reiches bestanden aus fast einer Million Soldaten.
    Wenn man die Lage im kalten Licht des Morgens beurteilte – oder auch in diesem recht angenehmen warmen

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