Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
ohne Konsequenzen.«
    »Du meinst die einfachen Soldaten«, sagte Lord Hong. »Es sind nur
    Bauern.«
    »Oh, ja, das hatte ich ganz vergessen«, erwiderte Cohen. »Und du bist
    ihr Anführer, stimmt’s? Es ist wie beim Schachspiel.«
    »Ich bin ihr Lord«, betonte Hong. »Die Soldaten sterben auf meinen
    Befehl, wenn es notwendig ist.«
    Cohen schenkte ihm ein gefährliches Lächeln.
    »Wann fangen wir an?« fragte er.
    »Kehr zu deinem… Haufen zurück«, sagte Lord Hong. »Ich glaube,
    der Kampf beginnt schon sehr bald.«
    Er sah zu Kriecher, der einen Zettel hervorholte und ihn entfaltete.
    Die Lippen des Barbaren bewegten sich, ein Finger wanderte über die
    Zeilen.
    »Du… böser Schuft«, sagte er.
    »In der Tat«, kommentierte Herr Zervelatwurst, der die Liste zusam-
    mengestel t hatte.
    Auf dem Rückweg zum Rest der Horde vernahm der frühere Lehrer
    ein dumpfes Knirschen. Es stammte von Cohen, der gerade einige Karat
    von seinen Zähnen verlor.
    »Die Soldaten sol en auf seinen Befehl hin sterben, wenn es notwendig
    ist«, zischte er. »Der Kerl weiß nicht einmal, was es bedeutet, Anführer
    zu sein. Zur Hölle mit ihm und seinem Pferd!«
    Herr Zervelatwurst sah sich um. Unter den Kriegsherrn schien eine Art
    Streitgespräch stattzufinden.
    »Wahrscheinlich versuchen sie, uns lebend zu erwischen«, sagte er. »Ich
    hatte mal einen solchen Rektor. Er freute sich darüber, anderen Leuten
    das Leben zur Qual zu machen.«
    »Sol das heißen, die Soldaten werden sich bemühen, uns nicht zu tö-
    ten?« fragte Kriecher.
    »Ja.«
    »Müssen wir auch Rücksicht nehmen?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Dann scheint ja alles in Ordnung zu sein.«
    »Und nun?« erkundigte sich Herr Zervelatwurst. »Singen wir ein
    Kampflied oder so?«
    »Wir warten«, sagte Cohen.
    »Geschieht häufig im Krieg«, erklärte der Junge Willie.
    »Ah ja.« Herr Zervelatwurst nickte. »Das habe ich gehört. Es heißt, es
    gäbe lange Phasen der Langeweile, denen kurze der Aufregung folgen.«
    »Nein, eigentlich nicht«, widersprach Cohen. »In Wirklichkeit sieht’s so
    aus: Auf kurze Phasen des Wartens folgen lange des Todes.«

    »Mist!«
    Zahllose Entwässerungsgräben durchzogen die Felder, nirgends schien
    es einen geraden Weg zu geben. Und die Gräben waren zu breit, um
    über sie hinwegzuspringen. Sie sahen seicht genug aus, um hindurchzu-
    waten, aber unter dem dreißig oder vierzig Zentimeter tiefen Wasser lag
    eine dicke Schlammschicht. Herr Zervelatwurst hatte mehrmals erwähnt,
    daß Hunghung und die anderen achatenen Städte ihren Reichtum dem
    Schlamm der Ebenen verdankten. Derzeit kam sich Rincewind sehr reich
    vor.
    Er näherte sich jetzt dem Hügel vor der Stadt. Er war abgerundet mit
    einer Präzision, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnte. Der frühere
    Lehrer hatte in diesem Zusammenhang von Moränenhügeln gesprochen:
    Anhäufungen von Ackerkrume, von Gletschern zurückgelassen. Was
    diesen Hügel betraf: Auf den unteren Hängen wuchsen Bäume, auf der Kuppe erhob sich ein kleines Gebäude.
    Unterschlupf. Ein reizvolles Wort. Die Ebene war ziemlich groß und
    die Entfernung zu den Truppen viel zu gering. Der Hügel wirkte seltsam
    friedlich, als gehörte er zu einer anderen Welt. Erstaunlicherweise wurde
    dort nichts angepflanzt, obwohl sonst jeder Boden, auf dem ein Wasser-
    büffel stehen konnte, landwirtschaftlich genutzt wurde.
    Rincewind fühlte sich beobachtet.
    Von einem Wasserbüffel.
    Man konnte nicht behaupten, daß ihn das Tier mit großem Interesse
    ansah. Die Augen des Büffels waren geöffnet, was bedeutete, daß er ir-
    gendwohin sehen mußte. Er hatte zufällig eine Richtung gewählt, in der Rincewind in sein Blickfeld geriet.
    In der Miene des Wasserbüffels zeigte sich die heitere Ruhe eines Ge-
    schöpfs, das schon vor einer ganzen Weile begriffen hatte: Im Grunde
    war es ein Rohr auf Beinen und vor al em dazu da, vorn Dinge aufzu-
    nehmen und hinten auszuscheiden.
    Am anderen Ende der Leine stand ein Mann mit Strohhut bis zu den
    Waden im Schlamm. Seine Kleidung entsprach dem im Achatenen Reich
    üblichen Pyjamastil. Sein Gesichtsausdruck kündete nicht etwa von geist-
    loser Dummheit, sondern von vager Besorgnis. Auch sein Blick galt Rin-
    cewind; es erging ihm wie dem Büffel: In irgendeine Richtung mußte er schließlich sehen.
    Trotz der immer noch drohenden Gefahren gab Rincewind dem Ge-
    fühl intensiver Neugier nach.
    »Äh… guten Morgen«, sagte er.
    Der Bauer nickte, während

Weitere Kostenlose Bücher