Echt zauberhaft
Truhe. Sie sah ein wenig verlegen aus.
»Ach, wir sind endlich eingetroffen, wie?« fragte Rincewind streng.
»Was ist mit Dem-Herrn-überallhin-Folgen passiert?«
Truhe scharrte mit den Füßen. Aus einer nahen Gasse trat eine etwas
größere und hübschere Version mit dekorativen, eingesetzten Holzlei-
sten. Ihre Füße wirkten zart und waren nicht annähernd so schwielig wie
die von Rincewinds Truhe. Außerdem glänzte bunter Lack auf ihren
Zehennägeln.
»Oh«, sagte der Zauberer. »Meine Gute. Na schön. Ich meine… ja.
Komm jetzt.«
Er erreichte das Ende der Gasse und drehte sich um. Truhe stieß die
größere Kiste an und forderte sie damit auf, ihr zu folgen.
Rincewinds eigene sexuelle Erfahrungen waren alles andere als exzes-
siv, aber er hatte Diagramme gesehen. Allerdings wußte er nicht, wie
Gepäckstücke dabei vorgingen. Viel eicht sagten sie »Donnerwetter, was
für ein Deckel!« oder »Potzblitz, die Angeln haben’s wirklich in sich!«
Eigentlich gab es keinen Hinweis darauf, daß Truhe männlichen Ge-
schlechts war. Sie hatte ein mörderisches Wesen, doch das galt auch für
viele Frauen, die Rincewind kannte. Und in den meisten Fäl en verstärk-
ten sich die mörderischen Tendenzen durch die Begegnung mit ihm. Der
Zauberer wußte aus Erfahrung: Die Neigung zur Gewalt war unisexuell.
Die genaue Bedeutung von »Unisex« war ihm unklar, aber er zweifelte
kaum daran, daß dieses Phänomen einen großen Teil seiner diesbezügli-
chen Erlebnisse bestimmte.
Weiter vorn entdeckte er ein kleines Tor. Es schien unbewacht zu sein.
Zwar fürchtete er sich, trotzdem trat er hindurch und widerstand der
Versuchung zu rennen. Wächter schöpften sofort Verdacht, wenn sie
jemanden rennen sahen. Der richtige Zeitpunkt dafür war da, wenn man
das »e« in »He, du!« hörte.
Niemand schenkte ihm Beachtung. Die Aufmerksamkeit der Leute im
Bereich der Mauer galt allein den Truppen.
»Nun seht sie euch nur an«, sagte Rincewind zum Universum. »Wie
dumm sie doch sind! Stünde es sieben gegen siebzig, wüßten al e, daß die Sieben den Kampf verlieren würden, aber bei sieben gegen siebenhunderttausend sind sie sich plötzlich nicht mehr sicher. Als bedeuteten
Zahlen nichts mehr. Ha! Warum sol te ich irgend etwas unternehmen?
Außerdem kenne ich Cohen gar nicht richtig. Na schön, er hat mir dann
und wann das Leben gerettet, aber das ist noch lange kein Grund, jetzt
einen schrecklichen Tod zu sterben, nur weil der Bursche nicht zählen
kann. Du brauchst mich also nicht so anzustarren!«
Truhe wich ein wenig zurück. Die andere Truhe…
Rincewind vermutete, daß sie weiblich aussah. Frauen hatten immer
mehr Gepäck dabei als Männer. Wegen der – hier wagte er sich auf un-
bekanntes Terrain – zusätzlichen Rüschen und so. Das schien ein Aspekt
der Weiblichkeit zu sein, ebenso der Umstand, daß Frauen kleinere Ta-
schentücher hatten, obwohl ihre Nasen ebenso groß waren wie die der
Männer. Rincewind hatte in Truhe immer nur Truhe gesehen und konn-
te sich nur schwer an die Vorstel ung gewöhnen, daß ihm mehr als eine
folgte. Jetzt gab es Truhe und… die andere Truhe. »Na schön, kommt, ihr beiden«, sagte er. »Wir verschwinden von hier. Ich habe geholfen, soweit
es mir möglich war. Der Rest ist mir egal. Ich meine… ich habe mit der
ganzen Sache überhaupt nichts zu tun. Und es ist mir ein Rätsel, warum
sich immer wieder jemand auf mich verlassen will. Ich bin nicht verläß-
lich. Selbst ich selbst verlasse mich nicht auf mich, und ich bin ich!«
Cohen blickte zum Horizont. Graublaue Wolken bal ten sich dort zu-
sammen.
»Da kündigt sich ein Unwetter an«, sagte er.
»Zum Glück überleben wir nicht lange genug, um naß zu werden«, er-
widerte der Junge Willie.
»Komisch. Es scheint aus allen Richtungen gleichzeitig aufzuziehen.«
»Lausiges ausländisches Wetter. Man kann ihm nicht trauen.«
Cohen wandte seine Aufmerksamkeit den Heeren der fünf Kriegsherrn
zu.
Dort schien man eine Übereinkunft getroffen zu haben.
Die Truppen hatten um Cohens Position herum Aufstel ung bezogen.
Die Taktik war klar – sie brauchten einfach nur vorzurücken. Vor den
einzelnen Legionen ritten Offiziere auf und ab.
»Wie soll es beginnen?« fragte Cohen, als der auflebende Wind an den
Resten seines Haars zerrte. »Pfeift jemand, oder stürmen wir einfach
los?«
»Normalerweise einigt man sich auf den Beginn der Kampfhandlun-
gen«, sagte Herr
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