Echt zauberhaft
der Wasserbüffel schmatzend wiederkäute.
»Äh… entschuldige bitte, wenn ich dir eine persönliche Frage stel e«,
sagte Rincewind, »aber ich würde gern wissen, warum… du den ganzen
Tag im Schlamm stehst und die Leine eines Wasserbüffels hältst.«
Der Bauer dachte darüber nach.
»Ist gut für den Boden«, antwortete er schließlich.
»Aber vergeudest du dadurch nicht viel Zeit?« erwiderte Rincewind.
Der Mann erwog auch diese Frage.
»Was ist Zeit für eine Kuh?« entgegnete er.
Rincewind kehrte auf die Straße der Realität zurück.
»Siehst du die Truppen da drüben?«
Der Bauer sah in die entsprechende Richtung und konzentrierte sich.
»Ja«, bestätigte er.
»Der bevorstehende Kampf betrifft dich.«
Das schien den Bauern nicht sonderlich zu beeindrucken. Der Wasser-
büffel rülpste leise.
»Einige Leute wollen dich versklaven, andere möchten, daß du zu-
sammen mit den anderen Bauern das Land regierst«, erläuterte Rince-
wind. »Besser gesagt, sie möchten das Land selbst regieren, aber in eu-
rem Namen. Gleich kommt es zu einer schrecklichen Schlacht. Und ich
frage mich… Was möchtest du eigentlich?«
Der Wasserbüffel einenhalter dachte erneut gründlich nach. Rincewind
deutete die lange Stille nicht als Zeichen von Dummheit; sie schien viel-
mehr in einem direkten Zusammenhang mit der Größe und Tragweite
des Problems zu stehen. Der Zauberer spürte, wie es immer mehr
wuchs, Boden und Gras in sich aufnahm, dann die Sonne und sich ins
Universum ausdehnte.
Schließlich sagte der Bauer:
»Eine längere Leine wäre nicht schlecht.«
»Tatsächlich? Interessant. Das Gespräch mit dir war sehr aufschluß-
reich. Bis dann.«
Der Bauer sah Rincewind nach. Neben ihm entspannte der Wasserbüf-
fel einige Muskeln, spannte andere, hob den Schwanz und machte die
Welt – auf seine eigene Art und Weise – zu einem etwas besseren Ort.
Rincewind setzte den Weg zum Hügel fort. Es gab nicht viele Wildpfade
und Holzbrücken, aber sie führten al e zu der runden Anhöhe. Wäre
Rincewind in der Lage gewesen, klar zu denken – seine letzte Aktivität
dieser Art lag viele Jahre zurück –, hätte er sich vermutlich darüber ge-
wundert.
An den unteren Hängen wuchsen intelligente Birnbäume, und er dach-
te nicht einmal darüber nach. Ihre Blätter drehten sich, um ihm nachzuse-hen, als er nach oben kletterte. Er brauchte jetzt eine Höhle oder…
Rincewind zögerte.
»O nein«, sagte er. »Nein, nein, nein. Darauf fal e ich nicht herein.
Wenn ich mich in einer hübschen kleinen Höhle verstecke… Bestimmt
gibt es dort irgendeine Tür, oder ich begegne einem weisen Eremiten,
und in der nächsten Sekunde finde ich mich im Mittelpunkt des Gesche-
hens wieder. Nein, kommt nicht in Frage. Ich bleibe hier draußen.«
Er kletterte weiter und erreichte schließlich die Kuppe des Hügels, die
sich wie eine Krone über den Bäumen wölbte. Aus der Nähe stellte er
fest, daß sie nicht ganz so glatt war, wie er zunächst angenommen hatte.
Das Wetter hatte Rinnen und Furchen in den Boden gegraben; Büsche
und Sträucher wuchsen an geschützten Orten.
Das Gebäude auf der Hügelkuppe war rostig, was Rincewind über-
raschte. Es bestand aus Eisen: ein spitz zulaufendes Dach aus Eisen,
Wände aus Eisen, eine Tür aus Eisen. Auf dem Boden lagen einige alte
Nester und etwas Schutt, sonst nichts. Als Versteck taugte das eiserne
Haus nicht viel – jeder Verfolger würde zuerst hier nachsehen.
Am Rand der Welt wuchsen Wälle aus Wolken. Blitze flackerten, und
Donner grol te. Es war nicht die brummige Stimme eines Sommergewit-
ters, sondern ein zorniges Knurren, das den Himmel zu zerreißen droh-
te.
Schwüle Hitze umhül te die Ebene, und die Luft schien immer dicker
zu werden. Bestimmt dauerte es nicht mehr lange, bis es wie aus Kübeln
goß.
»Man zeige mir einen Platz, wo mich niemand bemerkt«, murmelte
Rincewind. »Den Kopf gesenkt halten. Das ist die einzige Möglichkeit.
Warum sollte ich Anteil nehmen? Es sind nicht meine Probleme.«
Er keuchte in der drückenden Hitze und stapfte weiter.
Lord Hong kochte. Wer ihn kannte, wußte die Zeichen zu deuten: Er
sprach langsamer als sonst und lächelte dauernd.
»Und woher wol en die Männer wissen, daß sich die Blitzdrachen är-
gern?« fragte er. »Viel eicht erlauben sie sich nur einen Scherz.«
»Nicht, wenn der Himmel diese Farbe hat«, sagte Lord Tang. »Das ist
keine vielversprechende
Weitere Kostenlose Bücher