Echt zauberhaft
wandernde Bäume, Spinnengötter und gro-
ße grüne Dinge mit Zähnen gesehen«, sagte Cohen. »Es hat keinen Sinn,
dauernd ›erstaunlich‹ zu sagen, stimmt’s, Kriecher?«
»Ja. Weißt du, als ich drüben in Skund die fünfköpfige Vampirziege
verfolgte… da sagte man mir, ich solle sie in Ruhe lassen, weil sie eine
vom Aussterben bedrohte Tierart sei. Ich antwortete: Ja, und dafür bin
ich verantwortlich. Aber waren die Leute etwa dankbar?«
»Ha«, brummte Caleb. »Die Leute hätten dir dankbar sein sol en. Immerhin hast du ihnen Gelegenheit gegeben, sich über vom Aussterben
bedrohte Tierarten Sorgen zu machen. He, Jungs, kehrt besser um!«
Einige Soldaten, die vor den roten Kriegern flohen, rutschten durch
den Schlamm, starrten entsetzt zur Horde herüber und setzten den Weg
in eine andere Richtung fort.
Kriecher blieb stehen und atmete tief durch. Regennässe dampfte in
seinem Bart.
»Ich hab die dauernde Lauferei satt«, sagte er. »Ist ganz schön anstren-
gend, den Rol stuhl des Irren Polterers durch solchen Schlamm zu schie-
ben. Wie wär’s mit einer kleinen Verschnaufpause?«
»Wasisn?«
»Eine Verschnaufpause?« wiederholte Cohen. »Bei den Göttern! Daß
ich einen solchen Tag erlebe… Ein Held, der sich eine Verschnaufpause wünscht? Hat Voltan der Unbesiegbare etwa Pausen eingelegt?«
»Er hat mit einer ziemlich langen begonnen«, erwiderte Caleb. »Er ist
nämlich tot, Dschingis.«
Cohen zögerte.
»Was, der alte Voltan?«
»Wußtest du das nicht? Der Unsterbliche Jenkins auch.«
»Jenkins kann nicht tot sein. Hab ihn erst im letzten Jahr gesehen.«
»Im letzten Jahr lebte er noch, aber jetzt ist er tot. Al e Helden sind tot, abgesehen von uns. Und was mich betrifft, bin ich mir da nicht mehr so
sicher.«
Cohen stürzte nach vorn und griff nach Calebs Arm.
»Und Hrun? Er ist nur halb so alt wie wir und bestimmt noch am Le-
ben.«
»Wie ich hörte, verdient er seinen Lebensunterhalt als Wächter.«
»Als Wächter?« fragte Cohen. »Du meinst, er arbeitet ?«
»Ja.«
»Soll das heißen… er arbeitet und wird dafür bezahlt ?«
»Er hofft, im nächsten Jahr zum Hauptmann befördert zu werden. Ihm
steht sogar eine Pension zu.«
Cohen ließ Calebs Arm los.
»Es gibt nicht mehr viele von uns, Cohen«, sagte Kriecher.
Cohen drehte sich um.
»Und wennschon! Es hat nie viele von uns gegeben! Und ich sterbe
nicht! Nein, ich sterbe nicht, solange die Gefahr besteht, daß Leute wie
Hong die Welt unter ihre Kontrolle bringen. Leute, die in allen anderen
Leuten nur Abschaum sehen. So nannte er seine Soldaten. Abschaum.
Es ist wie mit dem verdammten zivilisierten Spiel, das du uns gezeigt
hast, Lehrer.«
»Schach?«
»Ja. Die Bauern sind nur dazu da, von der anderen Seite geschlagen zu
werden. Und der König bleibt die ganze Zeit im Hintergrund.«
»Ja, aber die andere Seite bist du, Cohen.«
»Genau! Nun… damit ist alles in Ordnung, wenn ich der Feind bin.
Aber ich schiebe meine Männer nicht vor mir her, damit sie getötet wer-
den und nicht ich. Und ich benutze keine Bögen und irgendwelche ko-
mischen Hunde-Dinger. Wenn ich jemanden umbringe, dann aus näch-
ster Nähe. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Heere? Taktik? Es gibt nur eine Art des richtigen Kampfes: Alle stürmen los, schwingen ihre
Schwerter und schreien! So, und jetzt… Auf die Beine! Wir müssen
Hong verfolgen!«
»Wir haben einen langen Morgen hinter uns, Dschingis«, sagte der Jun-
ge Willie.
»Komm mir bloß nicht damit!«
»Ich muß mal. Liegt wahrscheinlich an dem Regen.«
»Zuerst schnappen wir uns Hong.«
»Hab nichts dagegen, wenn er sich auf dem Abort versteckt.«
Sie erreichten das Stadttor – es war geschlossen. Hunderte von Perso-
nen, Zivilisten wie Wächter, standen auf der Mauer und blickten zur
Horde hinab.
Cohen richtete den Zeigefinger auf sie.
»Ich sage es nur einmal«, verkündete er. »Ich komme so oder so in die
Stadt. Auf die leichte oder auf die schwere Art.«
Ausdruckslose Gesichter musterten den dürren Alten und sahen dann
zur Ebene, wo die Truppen der Kriegsherrn gegeneinander kämpften
und gleichzeitig vor den roten Terrakottakriegern flohen. Permanent
bewegten sich die Köpfe der Zuschauer. Auf und ab. Auf und ab.
»Na schön«, brummte Cohen. »Aber daß mir nachher niemand be-
hauptet, ich hätte euch nicht gewarnt.«
Er hob das Schwert und traf Vorbereitungen für den Angriff.
»Warte«, sagte Herr Zervelatwurst. »Hör
Weitere Kostenlose Bücher