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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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würde. Und dann die Farben. War den Leuten denn gar nicht
    klar, wieviel ordentliches Zinnoberrot heutzutage kostete?
    Er riß sich zusammen. Es stand ihm also nur noch Blau zur Verfü-
    gung. Und wennschon, dachte er entschlossen. Ich zeig’s ihnen…
    Er schenkte der al gemeinen Verwüstung so wenig Beachtung wie
    möglich und konzentrierte sich auf die Szene vor seinem inneren Auge.
    »Mal sehen«, murmelte er. »Jadefächer wird über die Brücke gejagt, von
    einem Mann, der mit beiden Armen winkt und ›Aus dem Weg!‹ ruft, ge-
    folgt von einem Mann mit Stock, drei Wächtern, fünf Wäschereiarbei-
    tern und einem Ringer, der nicht anhalten kann.«
    Er mußte die ganze Sache natürlich ein wenig vereinfachen.

    Die Verfolger sausten um eine Ecke, abgesehen von einem Ringer, der
    zu einem so komplizierten Manöver nicht fähig war.
    »Wohin ist er verschwunden?«
    Sie standen auf einem Hof. Auf der einen Seite befanden sich Schwei-
    nestäl e, auf der anderen mehrere Kehrichthaufen.
    Und in der Mitte des Hofes lag ein spitzer Hut.
    Ein Soldat wollte vortreten, doch ein Kollege hielt ihn am Arm fest.
    »Vorsicht«, sagte er.
    »Es ist doch nur ein Hut.«
    »Und wo steckt der Rest des Burschen? Er kann sich doch nicht ein-
    fach… in Luft aufgelöst… haben…«
    Sie traten einen Schritt zurück.
    »Du hast ebenfal s von ihm gehört, nicht wahr?«
    »Es heißt, ein Wink von ihm hat eine Mauer explodieren lassen!«
    »Das ist noch gar nichts! Man sagt, daß er in den Bergen auf einem un-
    sichtbaren Drachen erschien!«
    »Was sollen wir Lord Hong berichten?«
    »Ich möchte nicht in Stücke gerissen werden!«
    »Und ich möchte Lord Hong nicht mitteilen müssen, daß wir seine
    Spur verloren haben. Wir sind auch so schon in Schwierigkeiten. Meine
    Güte, ich habe gerade erst diesen Helm bezahlt.«
    »Nun, wir… könnten den Hut nehmen. Als Beweisstück.«
    »Ja. Nimm ihn.«
    »Was, ich? Nimm du ihn!«
    »Vielleicht ist er mit schrecklichem Zauber geschützt.«
    »Ach? Und deshalb möchtest du, daß ich ihn nehme. Herzlichen Dank!
    Laß ihn von einem der anderen aufheben.«
    Die Wäschereiarbeiter wichen zurück. Ihre achatene Gewohnheit des
    Gehorsams verdunstete jetzt wie Morgentau. Nicht nur den Soldaten
    waren Gerüchte zu Ohren gekommen.
    »Wir haben zu tun!«
    »Muß dringend einige Socken waschen!«
    Der Wächter drehte sich um. Ein Bauer wankte aus einem Schweine-
    stal . Er trug einen Sack; sein Gesicht blieb unter einem großen Strohhut
    verborgen.
    »He, du!«
    Der Mann sank auf die Knie und preßte die Stirn an den Boden.
    »Tötet mich nicht!«
    Die Wächter wechselten einen raschen Blick.
    »Wir haben nicht die Absicht, dir etwas anzutun«, sagte einer von ih-
    nen. »Wir möchten nur, daß du den Hut dort aufhebst und uns bringst.«
    »Welchen Hut meinst du, o mächtiger Krieger?«
    »Den dort drüben. Bring ihn her, jetzt sofort!«
    Der Mann krabbelte übers Pflaster.
    »Diesen Hut hier, o großer Lord?«
    »Ja!«
    Die Finger des Bauern krochen über Kopfsteine und tasteten nach der
    ausgefransten Krempe des Hutes.
    Plötzlich schrie der Mann.
    »Deine Frau ist ein großes Nilpferd! Mein Gesicht schmilzt! Es
    schmiiiiiilzt!«
    Rincewind wartete, bis das Klatschen der Sandalen in der Ferne ver-
    hal te. Dann stand er auf, klopfte den Staub vom Hut und verstaute ihn
    im Sack.
    Es hatte besser geklappt als erwartet. Und der Erfolg verhalf Rince-
    wind zu einer weiteren wichtigen Erkenntnis über das Achatene Reich:
    Niemand achtete auf Bauern. Vermutlich lag es an der Kleidung und
    dem Strohhut. Nur gewöhnliche Leute trugen so etwas, woraus folgte:
    Wer so etwas trug, mußte zu den gewöhnlichen Leuten gehören. Ein
    ähnliches Prinzip galt für den Hut eines Zauberers. Leuten mit spitzen
    Hüten begegnete man sehr respektvoll, um sie nicht zu kränken. Doch
    jemand, auf dessen Haupt ein Strohhut ruhte, verdiente nur ein herablas-
    sendes »He, du«.
    Hinter Rincewind rief jemand »He, du!« und schlug ihm mit einem
    Stock auf den Rücken.
    Das zornige Gesicht eines Dieners erschien vor ihm. Der Zeigefinger
    des Mannes berührte ihn fast an der Nase.
    »Du bist spät dran! Hast getrödelt, was? Böser Mann! An die Arbeit!«
    »Ich…«
    Der Stock traf Rincewind erneut. Der Diener deutete auf eine Tür.
    »Frechheit! Schäm dich! An die Arbeit!«
    Rincewinds Gehirn bereitete folgende Worte vor: Oh, du hältst dich
    wohl für Herrn Al mächtig, weil du einen Stock hast, wie? Zufälligerwei-
    se bin

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