Echt zauberhaft
Schweinefleisch
herabtropfen ließ.«
Der Großkämmerer stieß einen erstickten Schrei aus. Er warf sich zu
Boden und wol te schon Cohens Füße küssen, als ihm plötzlich klar
wurde, daß dies die gleiche Wirkung haben konnte wie der Verzehr des
Schweinefleischs.
»Gnade, o himmlisches Wesen! Wir al e sind Lord Hong hilflos ausge-
liefert!«
»Was ist denn so Besonderes an ihm?«
»Ich… äh… halte ihn für einen sehr anständigen Mann«, brabbelte der
Großkämmerer. »Ich sage kein Wort gegen Lord Hong! Und ich glaube
ganz bestimmt nicht, daß er überal Spione hat! Langes Leben für Lord
Hong, das wünsche ich ihm, jawohl!«
Er riskierte es, den Blick ein wenig zu heben – und bemerkte die Spitze
von Cohens Schwert dicht vor den Augen.
»Vor wem hast du hier und jetzt mehr Angst? Vor mir oder Lord
Hong?«
»Äh… vor Lord Hong!«
Cohen wölbte die Brauen. »Ich bin beeindruckt. Spione überal , wie?«
Er sah sich in dem großen Raum um, und seine Aufmerksamkeit ver-
weilte bei einer großen Vase. Mit langsamen Schritten ging er zu ihr und
nahm den Deckel ab.
»Alles in Ordnung da drin?«
»Äh… ja?« ertönte eine Stimme aus den dunklen Tiefen der Vase.
»Hast du alles, was du brauchst? Ein zweites Notizbuch? Töpfchen?«
»Äh… ja.«
»Möchtest du viel eicht, mal überlegen, dreihundert Liter kochendes
Wasser?«
»Äh… nein.«
»Würdest du lieber sterben, als Lord Hong zu verraten?«
»Äh… kann ich kurz darüber nachdenken?«
»Kein Problem. Es dauert ohnehin eine Weile, dreihundert Liter Was-
ser zu erhitzen. Laß dir ruhig Zeit.«
Er schob den Deckel wieder auf die Vase.
»Eine Große Mutter?« fragte er.
»Du meinst Eins Großer Fluß, Dschingis«, korrigierte Herr Zervelat-
wurst.
Der Wächter straffte die Gestalt.
»Beobachte die Vase. Wenn sie sich bewegt, tust du mit ihr das, was ich
einst mit dem Grünen Nekromanten der Nacht gemacht habe, klar?«
»Weiß nicht, was du damals gemacht hast, Lord«, erwiderte der Soldat.
Cohen erklärte es ihm. Eins Großer Fluß strahlte. Im Innern der Vase
erklangen die Geräusche von jemandem, der versuchte, sich nicht zu
übergeben.
Cohen schlenderte zum Thron zurück.
»Erzähl mir mehr über Lord Hong«, wandte er sich an den Kämmerer.
»Er ist der Großwesir«, lautete die Auskunft.
Cohen und Rincewind wechselten einen Blick.
»Ja«, sagte Rincewind. »Es ist bekannt, daß Großwesire immer…«
»… besonders fiese und gemeine Mistkerle sind«, beendete Cohen den
Satz. »Aus welchen Gründen auch immer. Man gebe ihnen einen Turban
mit einem Punkt in der Mitte, und schon ist es vorbei mit ihrem morali-
schen Dingsbums. Ich bringe sie immer sofort um, wenn ich ihnen be-
gegne. Das spart Zeit.«
»Als ich ihn das erste Mal sah, wußte ich sofort, daß was faul ist mit
ihm«, sagte Rincewind. »Hör mal, Cohen…«
»Für dich heißt es Kaiser Cohen«, grollte Kriecher der Unhöfliche.
»Hab nie viel von Zauberern gehalten. Man darf keinen Männern trauen,
die Kleider tragen.«
»Mit Rincewind ist alles in Ordnung…«, meinte Cohen.
»Danke!« warf Rincewind ein.
»… und als Zauberer taugt er nichts.«
»Zufälligerweise habe ich meinen Hals riskiert, um dich zu retten, herz-
lichen Dank«, sagte Rincewind. »Einige Freunde von mir befinden sich
im Verlies. Könntest du vielleicht… Kaiser?«
»In gewisser Weise«, sagte Cohen.
»Vorübergehend«, sagte Kriecher.
»Zur Zeit«, sagte Herr Zervelatwurst.
»Bedeutet das, du kannst meine Freunde zu einem sicheren Ort brin-
gen? Ich glaube, Lord Hong hat den alten Kaiser ermorden lassen und
will ihnen die Schuld geben. Hoffentlich kommt er nicht auf die Idee,
daß sie sich in ihren Zellen verstecken.«
»Warum in den Zellen?« fragte Cohen.
»Weil… wenn ich die Chance hätte, aus Lord Hongs Zel en zu ent-
kommen, so würde ich sie nutzen«, erläuterte Rincewind. »Unter norma-
len Umständen fiele es niemandem ein, sich an einem solchen Ort zu
verbergen. Ich meine, nur ein Übergeschnappter käme auf den Gedan-
ken, sich ausgerechnet vom Kerker Sicherheit zu erhoffen.«
»Na schön«, sagte Cohen. »Junger Willie, Eine Große Mutter… besorgt
euch ein paar Leute und holt Rincewinds Freunde hierher.«
»Hierher?« entfuhr es dem Zauberer. »Ich dachte an einen sicheren Ort.«
»Wir sind hier«, sagte Cohen. »Wir können sie beschützen.«
»Und wer beschützt euch?«
Cohen ging nicht darauf ein. »Großkämmerer,
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