Echte Biester: Roman (German Edition)
der Spur eines gigantischen wilden Pythons zu folgen – und seht! Da ist er!«
Gefolgt von einem Kameramann, robbte Derek weiter und stürzte sich mit einem Triumphschrei auf Beulah, um sie einen halben Meter unterhalb des Kopfes zu packen, was so ungefähr die ungeeignetste Stelle ist, an der man eine Schlange anfassen kann. Es überraschte Wahoo, dass Beulah nicht herumschnellte, um ihre Beißerchen in Dereks fettes Gesicht zu rammen.
»Ich habe sie! Ich habe die Bestie gefangen!« , krähte er.
Die Schlange fühlte sich nicht sonderlich gestört. Sie schlang ihren Schwanz zwar um eines von Dereks Fußgelenken, drückte aber nicht fest zu. Ächzend und schnaufend wälzte sich der Star am Boden hin und her und schüttelte Beulah, um sie dazu zu bringen, Widerstand zu leisten.
Das Ganze sah aus, als ringe er mit einer fünf Meter langen Nudel. Beulah stand einzig und allein der Sinn danach, sich zusammenzurollen und ein Nickerchen zu machen.
Wahoo warf einen Blick auf seinen Vater, und was er sah, gefiel ihm gar nicht: Mickey Cray ballte in einem fort die Fäuste.
»Was auch immer passiert« , keuchte Derek ins Mikrofon, »ich darf nicht zulassen, dass dieser Dschungelkiller sich um meine Brust schlingt! Die Schlange würde mich buchstäblich zu Tode drücken!«
Mickey drehte sich zu seinem Sohn. »Das erledige ich jetzt«, flüsterte er. »Buchstäblich.«
»Nein, Pop, warte …«
Doch es war zu spät. Wutentbrannt warf Wahoos Dad sich auf Derek Badger, verfehlte jedoch sein Ziel, da er alles doppelt sah.
Mickey stand auf, klopfte sich den Schmutz von der Kleidung und versuchte es noch einmal, diesmal mit mehr Erfolg. Nachdem er die Arme um Dereks schwabbelige Taille geschlungen hatte, zerrte er ihn von dem schläfrigen Python weg und quetschte ihn mit aller Kraft zusammen.
»Cut! Cut!«, schrie der Regisseur. »Sind Sie verrückt geworden? Kann sich mal jemand um diesen Irren kümmern?«
Das Team schien die Balgerei höchst amüsant zu finden. Außer Wahoo machte niemand Anstalten, Derek zu retten. Als es Wahoo endlich gelang, seinen Dad von Derek loszueisen, hatte das Gesicht des berühmten Überlebenskünstlers bereits die Farbe von Cranberrys angenommen. Hustend und wimmernd kauerte er da, während Raven Stark ihm Blätter und Zweige aus dem Haar zupfte.
»Jetzt hast du es geschafft«, sagte Wahoo zu seinem Vater.
Dieser machte ein finsteres Gesicht. »Lass uns Beulah in ihren Behälter zurückbringen.« Mickey hob die vordere Hälfte der Schlange hoch, Wahoo schnappte sich das Schwanzende.
»Das ist ja wohl der armseligste Python, den ich je gesehen habe!«, giftete Derek, der sich gerade hochrappelte. »Eine Schlange soll das sein? Ha! In meinen Augen ist das nichts als ein überdimensionaler Regenwurm!«
Beulah öffnete ihr schaufelartiges Maul und rülpste, wobei sie zahlreiche hakenförmige Zähne entblößte. Derek sprang erschrocken zurück.
»Ziehn Sie Leine!«, sagte Mickey Cray zu ihm.
»Was?«
»Noch mal sag ich’s nicht, Sie Schwachkopf.«
Raven verschlug es die Sprache. Wahoo hörte, wie einer der Kameramänner kicherte.
Derek erstarrte vor Wut. »Hören Sie, Kumpel, wir haben einen Vertrag.«
»Ah ja?«, entgegnete Mickey.
Dann schleppten Wahoo und sein Dad den massigen Python zu den Schlangenbehältern.
»Hey! Was ist mit dem Alligator?«, schrie Badger ihnen hinterher.
»Nur über meine Leiche«, erwiderte Mickey.
»Drei Mille für eine Szene mit Alice! Bar auf die Hand!«
»Hast du das gehört, Pop?«, flüsterte Wahoo.
»Was denn?«
»Dreitausendfünfhundert!«, rief Derek.
»Nun mach schon, Pop.«
»Lauf weiter.«
»Vier Mille!«, schrie Derek. »Viertausend Dollar!«
Mickey Cray drehte sich um und grinste. » Jetzt hab ich’s gehört.«
6
Wahoo saß am Küchentisch und tippte auf der Tastatur eines Taschenrechners herum. Sein Vater lag ausgestreckt auf dem Sofa. Draußen goss es wie aus Eimern und das Grundstück verwandelte sich in eine Schlammlandschaft. Die Aufnahmen für Expedition Überleben! waren eingestellt worden, bis das Wetter sich besserte.
»Wie viel schulden wir der Bank?«, fragte Wahoo.
Mickey Cray gab einen Grunzlaut von sich. »Kann mich nicht erinnern.«
»Ich wette, dass Mom es weiß.«
»Und zwar ganz genau.« Mickey setzte sich auf. »Hey, lass sie uns doch anrufen.«
»Das geht nicht, Pop. Sie hat gesagt, einmal in der Woche. Hast du das vergessen?« Wahoo hätte zu gern die Stimme seiner Mutter gehört, doch sie hatte ihm
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