Echte Biester: Roman (German Edition)
Sickler bei einem Tierpräparator in Homestead ein drei Meter langes Exemplar erworben und eine halbe Meile von der Anlegestelle entfernt auf eine umgestürzte Zypresse genagelt hatte. Er nannte den ausgestopften Alligator »Old Sleepy« und die Touristen merkten nie etwas von dem Schwindel.
Für die Summe von eintausend Dollar hatte Sickler den Filmleuten erlaubt, seinen Laden und seine Anlegestelle als Operationsbasis zu benutzen. Er hatte nie Expedition Überleben! gesehen, da sein Fernseher schon seit Jahren nicht mehr richtig funktionierte. Der einzige Kanal, den er noch klar und deutlich reinbekam, war ein Sender, der Backsendungen mit Kuchen- und Tortenrezepten zeigte. Hauptsächlich aus diesem Grund wog Sickler etwas über hundertfünfundvierzig Kilo.
»Wir werden Ihre drei Sumpfboote alle brauchen«, teilte Raven Stark ihm mit.
Dagegen hatte Sickler nichts einzuwenden. »Aber das kostet sie einen weiteren Riesen.«
»Fünfhundert und keinen Cent mehr«, entgegnete Raven und gab ihm das Geld.
Derek Badger kam herangeschlendert und stellte sich vor. »Möchten Sie, dass ich die Wand Ihres Ladens signiere?«
»Sie wollen sich wohl einen Tritt in den Hintern einfangen«, knurrte Sickler. »Ich habe gerade alles frisch gestrichen.«
»Nun machen Sie mal halblang, Kumpel. Wissen Sie denn nicht, wer ich bin?« Derek sah Raven an. »Ist der echt?«
»Komm, lass uns einen Blick ins neue Drehbuch werfen«, schlug sie vor.
Doch Derek wandte sich wieder dem beleibten Sickler zu. »Was können wir da draußen denn für Getier erwarten?«, fragte er, indem er mit seinem wabbeligen Kinn auf das Sumpfgebiet deutete.
Sickler, der sich so selten wie möglich in die Wildnis wagte, begriff sofort, dass Mr. Badger und sein Team auf Nervenkitzel aus waren.
»Giftschlangen«, erwiderte er in unheilvollem Ton. »Und natürlich auch Alligatoren.«
»Was für Schlangen?«
»Mokassinschlangen, Diamantschlangen. Bei uns wimmelt’s nur so von Schlangen.«
Derek strahlte übers ganze Gesicht. »Das ist ja fantastisch!«
»Und jetzt haben wir auch diese Killerpythons aus Asien. Die werden zehn Meter lang und fressen am laufenden Band Touristen.« Das war absoluter Unsinn, aber Sickler trug nun mal gern dick auf.
»Panther?«, erkundigte sich Derek in hoffnungsvollem Ton.
»Na aber sicher«, erwiderte Sickler, während er bei sich dachte: Träum weiter, Knallkopf .
Im ganzen Staat gab es ungefähr noch hundert Panther. Ab und zu kam ein staatlicher Wildhüter zum Laden und fragte, ob die Fahrer der Sumpfboote irgendwelche Spuren der Großkatzen entdeckt hätten, doch das hätte er sich auch sparen können. Die mit großen Automotoren betriebenen Sumpfboote waren mit Flugzeugpropellern ausgerüstet, die aufs Heck montiert waren und den flachkieligen Vehikeln eine hohe Geschwindigkeit verliehen. Die Boote machten einen solchen Lärm, dass sie meilenweit zu hören waren und alle Panther verscheuchten.
Raven hob die Hand. »Wie steht’s mit Bären?«
»Davon gibt’s hier jede Menge, Madam«, sagte Sickler, der zum letzten Mal einen Bären gesehen hatte, als er vor vierzig Jahren einen Schulausflug in den Zoo von Atlanta gemacht hatte.
Derek war hingerissen. »Da haben wir ja genau den richtigen Ort erwischt. Wo ist eigentlich Cray?«
»Hier.« Der Tiertrainer lehnte am Getränkeautomaten in der Ecke des Ladens, von wo aus er sich Sicklers Geschwafel angehört hatte.
»Können Sie mit einem Bären umgehen?«, fragte Derek Mickey. »Und mit Panthern?«
Mickey starrte Sickler derart kalt und durchdringend an, dass der Ladenbesitzer verlegen wurde und in Richtung Lagerraum davonwatschelte.
»Ich werde mit allem fertig, was da draußen ist«, teilte Mickey Derek mit.
Der TV-Star streckte begeistert den Daumen in die Höhe. »Mehr wollte ich gar nicht hören, Kumpel.« Als er durchs Fenster blickte, sah er, dass der Catering-Truck angekommen war, und eilte nach draußen, auf der Jagd nach Pancakes mit Brombeeren.
Raven, die die ganze Nacht nicht hatte schlafen können, weil sie sich Sorgen wegen der Show machte, fragte Mickey, ob sie ihn kurz sprechen könne.
»Nur keine Aufregung«, sagte er. »Wir werden weder auf Bären noch auf Panther stoßen.«
»Versprechen Sie mir, immer in Dereks Nähe zu bleiben«, schärfte sie ihm ein. »So was wie die Sache mit Ihrem Alligator darf sich einfach nicht wiederholen. Ist das klar?«
»Sehe ich vielleicht aus wie ein Punktpunktpunkt-Babysitter, Lady?«
»Er ist beinahe
Weitere Kostenlose Bücher