Echte Biester: Roman (German Edition)
zugespielt worden.
Da der Everglades National Park weit vom Yellowstone Park entfernt lag, hoffte Dereks Regisseur, dass die zuständigen Stellen in Florida nichts von dem Nestraub wussten.
»Na schön«, sagte Raven. »Dann werd ich mal mein Glück versuchen und den Leiter des Parks anrufen.«
Ihr Mangel an Enthusiasmus ärgerte Derek. »Vergiss nicht zu erwähnen, dass wir die höchste Einschaltquote aller Überlebensshows im Fernsehen haben!«
»Mach ich.«
»Und dass unsere Sendung zweimal in der Woche auf allen acht Kontinenten zu sehen ist!«
» Acht Kontinente?«, flüsterte der Regisseur.
Raven legte den Finger auf die Lippen. »Lass gut sein.«
Derek winkte beide zu sich. »Das ist pures Gold«, sagte er, während er erneut die Alligatorszene ablaufen ließ. »Eine Begegnung mit dem Tod, wie man sie nur ein Mal im Leben hat.«
Dem konnten Raven und der Regisseur nur zustimmen. Wenn Mickey Cray nicht gewesen wäre, hätte Derek die Auseinandersetzung mit Alice wahrscheinlich nicht überlebt.
»Die ganze Folge«, sagte er mit versonnenem Gesichtsausdruck, »muss so aufgebaut werden, das sie auf diesen unglaublichen, atemberaubenden Moment zuläuft. Kosten spielen keine Rolle!«
Raven wartete, bis die Szene zu Ende war, damit Derek ihr auch richtig zuhörte. Dann sagte sie: »Mr. Cray würde gern wissen, welche Tiere er zum Drehort mitnehmen soll.«
»Gar keine.«
»Aber …«
»Keine zahmen Tiere, Schätzchen. Diesmal arbeiten wir nur mit ungezähmten und wilden Tieren.«
Raven warf dem Regisseur einen besorgten Blick zu. »Warum sollten wir nicht für alle Fälle auch ein paar Reservetiere mitnehmen?«, sagte er zu Derek. »Die haben einen lahmen Rotluchs, den wir sicher in der einen oder anderen Szene verwenden könnten …«
»Es wird nicht mehr gefakt, Kumpel. Von jetzt an wird real in Reality wieder was zu bedeuten haben.«
Raven wurde ganz flau im Magen, als sie das hörte.
Derek rekelte sich auf dem Bett wie ein zufriedenes Walross. »Sicher gelingt es unserem talentierten Mr. Cray, vor Ort ein paar Viecher aufzuspüren, mit denen ich mich in den undurchdringlichen Everglades herumschlagen kann«, sagte er. »Das fixt mich total an. Geht dir das nicht auch so?«
Der Regisseur war alles andere als angefixt. Dass Derek die Begegnung mit dem Alligator überlebt hatte, hatte sein aufgeblähtes Ego offenbar noch weiter anschwellen lassen.
»Aber was, wenn wir keine wilden Tieren finden?«, fragte der Regisseur. »Dann können wir nur fünfzig Minuten lang zeigen, wie du dich durch den Schlamm schleppst.«
Derek zauberte einen mit Zucker bestreuten Donut aus seinem Bademantel hervor und schob ihn sich zwischen die Kiefer. »Keine Bange. Cray und sein Junge werden das Ding schon schaukeln – schließlich zahlen wir ihnen ja genug.«
Raven verließ das Wohnmobil, um nachzudenken. Der Regisseur folgte ihr, und sie gingen bis zum Affenkäfig, der weit genug vom Wagen entfernt war. Außerdem kreischten die Affen so laut, dass Derek nichts von ihrem Gespräch hören konnte.
»Die Sache gefällt mir nicht«, gestand der Regisseur.
»Mir auch nicht«, sagte Raven mit grimmiger Miene. »Das ist seit dem Lunch schon seit dritter Donut. Bald wird er so fett sein, dass er nicht mehr in seine Shorts passt.«
»Nein, ich meine das, was er vorhat. Wir haben noch nie mit richtigen wilden Tieren gedreht.«
Raven beschloss, optimistisch zu sein. »Das ist nur eine vorübergehende Phase. Derek wird schon wieder zur Vernunft kommen.«
»Wenn nicht, dann hängt alles von diesem verrückten Hinterwäldler ab – und der ist nicht gerade Gründungsmitglied von Dereks Fanclub.«
»Denk positiv«, erwiderte Raven.
In dem Moment flog ein Batzen von etwas ausgesprochen Unappetitlichem aus dem Affenkäfig auf sie zu und landete klatschend in ihren Haaren.
»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, stöhnte Raven.
Der Regisseur rannte davon, um sich in Sicherheit zu bringen, während die aufgeregt schnatternden Affen die beiden weiter bombardierten.
10
Als Mickey Cray erfuhr, dass Derek keines seiner zahmen Tiere am Drehort haben wollte, war er überrascht. Mickey hatte noch nie bei einer Natursendung mitgearbeitet, bei der ausschließlich wilde Tiere eingesetzt wurden, und außerdem war er noch nie jemandem begegnet, der für den Umgang mit ungezähmten Tieren weniger geeignet gewesen wäre als Derek Badger.
»Wie wär’s denn, wenn ich eine Mokassinschlange mitnehme? Ich habe eine, die ist einen Meter
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