Echte Biester: Roman (German Edition)
Mickey auf eine Spur im Boden, und sein Herz fing an, wie wild zu hämmern. Es war der Abdruck eines nackten menschlichen Fußes, der von einer kleinen Person stammte. Schnell verwischte Mickey den verräterischen Hinweis mit dem Schuh.
»Hier ist es zu nass«, sagte er zu Tunas Vater. »Lassen Sie uns woanders suchen.«
»Es is’ überall nass. Und ich hab das ewige Gelatsche satt.«
Mickey lauschte angestrengt auf den Motorenlärm der Suchboote. Es war schwer festzustellen, ob eines der Boote schon näher gekommen war.
Jared Gordon bückte sich und hob etwas auf. »Na, sieh mal einer an!«, rief er.
Er schwenkte einen grünen, mit Strass verzierten Flipflop hin und her, den Mickey sofort wiedererkannte.
»Was haben Sie noch mal gesagt? Die Chancen, sie zu finden, sind extrem gering?«, sagte Tunas Vaters in hämischem Ton. »Aber das hier ist ihre Sandale. Was heißt, dass sie irgendwo in der Nähe ist und ich sie schnappen werde.«
So gering waren die Chancen gar nicht. Das wusste Mickey, da er sich Raven Starks Karte angesehen hatte. Im Umkreis von Sicklers Anlegestelle gab es nicht mehr als ein halbes Dutzend Bauminseln, üppig bewachsene grüne Wäldchen, die sich aus dem flachen Sumpfland erhoben. Jemand, der Unterschlupf und festen Boden unter den Füßen suchte, würde zuallererst diese Inseln ansteuern.
Aber warum hat Link hier Station gemacht? , überlegte Mickey. Hat der Motor seines Boots gestreikt oder gab es irgendeinen Notfall?
Eins war jedenfalls klar: Wenn Tuna sich hier versteckte, dann auch Wahoo. Er hätte sie nie im Stich gelassen. Für Mickey hieß das, dass die Situation kaum noch brenzliger werden konnte. Die Kinder waren in der Nähe. Es war höchste Zeit, etwas zu unternehmen.
»Lassen Sie uns nach Ihrem Mädchen suchen«, sagte er zu Tunas Dad und ging genau in die Richtung, in die der kleine Fußabdruck nicht gezeigt hatte.
Jared Gordon rannte ihm hinterher und klatschte ihm Tunas Flipflop auf den Kopf. »He, glauben Sie, ich bin blöd, oder was? Ich hab Sie durchschaut.«
Mickey ballte die rechte Faust. Ein saftiger Kinnhaken würde den Typ sofort ausknocken, sodass er gar nicht dazu käme abzudrücken.
»Ich weiß, was Sie vorhaben«, fuhr Jared Gordon fort. »Sie wollen mir eine verpassen, stimmt’s? Sie wollen den Helden spielen.«
Mickey verlagerte sein Gleichgewicht. »Was reden Sie denn da? Ich bin kein Held. Seh ich vielleicht wie ein Held aus?«
»Klappe halten und Pfoten hoch!«
»Wieso denn das?«
»Sie haben genau drei Sekunden.«
»Die reichen mir«, sagte Mickey.
Blitzschnell drehte er sich um und holte zu einem kräftigen Schlag aus, der jedoch nie sein Ziel erreichte.
25
Als Wahoo Holzrauch in die Nase stieg, überlegte er, ob Derek Badger Feuer gemacht hatte. Vielleicht schaffte es ja sogar ein Pseudo-Überlebenskünstler wie er, ein paar Zweige zu sammeln und anzuzünden.
Doch als er nahe genug war, um die Flammen sehen zu können, ließ er sich sofort zu Boden fallen und blieb reglos liegen. Auf der Lichtung waren drei Gestalten zu erkennen, aber Derek Badger war nicht darunter. Tuna saß mit gesenktem Kopf im Schneidersitz auf der Erde. Neben ihr kniete Mickey Cray, dessen Stirn ganz blutig war. Seine Hände hatte ihm jemand hinter dem Rücken gefesselt.
Neben dem kleinen Lagerfeuer lief ein stämmiger, stoppelbärtiger Mann auf und ab, den Wahoo für Tunas Vater hielt. Endlich hatte er Zeit, den Kerl genauer zu betrachten. In der einen Hand hielt er einen Revolver, in der anderen einen grünen Flipflop, den er von Zeit zu Zeit hin und her schwenkte. Selbst aus einer Entfernung von zehn Metern konnte Wahoo genug Einzelheiten erkennen, die es ihm gestatteten, sich von dem gesichtslosen Mann, der in seinem Albtraum Tuna über den Parkplatz gejagt hatte, ein Bild zu machen. In Wirklichkeit sah Jared Gordon nicht wie ein Monster aus, sondern wie ein Loser mit fiesem Charakter.
Obwohl das Feuer laut prasselte, bekam Wahoo das meiste von dem mit, worüber die drei sprachen. Jared Gordons neuester Plan bestand darin, mit Tuna in Links Sumpfboot zu fliehen, das Mickey steuern sollte.
»Da würden wir unter Garantie einen Unfall bauen«, stellte Mickey kategorisch fest.
»Wieso das denn?«, fragte Tunas Vater.
»Weil Sie mir Ihren Revolver über den Schädel gezogen haben und ich jetzt alles doppelt sehe.«
»Ha! Was für ’ne blöde Ausrede!«
Tuna hob den Kopf. »Mr. Cray sagt die Wahrheit, Daddy. Er hatte monatelang eine Gehirnerschütterung
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