Echte Biester: Roman (German Edition)
es bald dunkel«, sagte sie. »Das wird die Suche verzögern.«
»Hmmm.« Gerry Germain reinigte sich mit einem silbernen Brieföffner, in den seine Initialen eingraviert waren, die Fingernägel. Der Brieföffner war ein Geschenk von einem der größten Sponsoren, die Expedition Überleben! hatte, und zwar von der Firma, die Achsel-Power herstellte, ein Deodorant »für den Abenteurer in dir«. Derek Badger lehnte es ab, das Produkt zu empfehlen, weil er behauptete, es rieche nach verfaulten Mangos.
»Wenn wir ein bisschen Glück haben, finden die Cops Derek, bevor sie diesen durchgeknallten Gordon schnappen«, sagte Raven. »In dem Fall wären wir aus dem Schneider. Dann würde Derek in jeder Nachrichtensendung im Land Thema Nummer eins sein!«
Gerry Germaine stimmte ihr höflich zu. »Sag mal, meine Liebe, hast du je diese neuseeländische Realityshow Schlangentaucher gesehen?«
» Schlangentaucher? Was soll das denn heißen?«
»Der Star ist ein Bursche namens Brick Jeffers, und er kommt ziemlich gut auf dem Bildschirm rüber – ist witzig und sachkundig und außerdem prächtig gebaut. Er springt zu Anfang auch immer mit verbundenen Augen mit dem Fallschirm ab, bloß dass er es im Gegensatz zu Derek selbst macht und keinen Stuntman braucht.«
»Worauf willst du hinaus, Gerry?«
»Na, du weißt schon. Worst-Case-Szenario.«
Raven war wie vor den Kopf geschlagen. »Du meinst, wenn Derek in den Everglades verschüttgeht, dann würde dieser Typ die Hauptrolle in unserer Serie übernehmen? Dieser nach Schlangen tauchende Niemand? Dieser Brick Jefferson?«
»Der Mann heißt Jeffers. Und wir lassen ihn für ein Vorstellungsgespräch aus Auckland rüberkommen.«
»Das glaube ich einfach nicht!«
»Wie schon gesagt: Worst-Case-Szenario. Es ist sinnvoll, einen Ersatzmann parat zu haben, falls Derek nicht mehr weitermachen kann.«
»Du meinst, falls er tot ist.«
»Ich meine gar nichts.«
»Aber er ist nicht tot«, erwiderte Raven. »Das weiß ich.«
»Ruf mich an, sobald du etwas Neues erfährst«, sagte Gerry Germaine.
Nachdem er aufgelegt hatte, beauftragte er seine Sekretärin herauszufinden, in welchem Restaurant von Beverly Hills es die besten neuseeländischen Lammkoteletts gab.
Wahoo hatte zwar mehr Geduld als sein Vater, doch Derek schaffte es, dass er sie fast verlor.
»Das nennst du Versteck, Kumpel?«
»Sprechen Sie bitte leiser«, sagte Wahoo.
Sie kauerten in einem Kokospflaumendickicht. Derek meckerte in einem fort. Er behauptete, sein Fieber sei schlimmer geworden, und schwatzte was von einem seltsamen Kribbeln in den Füßen und Muskelkrämpfen daher.
Tuna kramte in ihrem Beutel herum. »Hier, versuchen Sie’s mal damit.« Sie reichte ihm zwei der pinkfarbenen Tabletten, von denen sie auch schon Wahoos Vater welche gegeben hatte.
»Was ist das?«, fragte Derek misstrauisch.
»Zwanzig Milligramm hochwertiges Rekkuzrerup 2800.«
»Rekkuwas?« Derek verzog das Gesicht, als er die Tabletten schluckte. Doch bald hörte er auf herumzujammern und schlummerte ein.
Wahoo bat Tuna, ihm die Flasche zu zeigen. »Was ist das eigentlich für ein Medikament? Das muss ich unbedingt auch für Pop besorgen.«
Tuna lachte. »Das ist kein Medikament, Lance. Das sind Zuckerpillen.«
»Was?«
»Doch, wirklich. Den Namen hab ich selbst erfunden. Er bedeutet purer Zucker , rückwärts buchstabiert«, erklärte sie. »Ich hab sogar ein Etikett für die Flasche gedruckt.«
»Da komm ich nicht mehr mit«, sagte Wahoo.
»Hast du noch nie vom Placeboeffekt gehört? Wenn Ärzte ein neues Medikament an einer Gruppe von Testpersonen ausprobieren, bekommt die Hälfte das neue Medikament, die andere ein Placebo – eine Pille oder Tablette, die nur aus Zucker besteht. Niemand weiß, was er bekommt, aber interessanterweise fühlen sich einige der Kranken, die das Placebo bekommen haben, hinterher trotzdem besser.«
Tuna tippte sich lächelnd mit dem Finger gegen die Schläfe. »Die Fantasie hat wunderbare Heilkräfte. Wenn man daran glaubt, dass einem etwas hilft, hilft es manchmal tatsächlich.«
»Aber wenn die Pillen nur aus Zucker bestehen, wozu brauchst du sie dann?«
»Oh, die geb ich Daddy. Manchmal wird er davon ruhiger«, sagte Tuna. »Er hat nämlich auch oft Kopfschmerzen. Und Rückenschmerzen, Brustschmerzen, Nackenschmerzen – alles, was du dir vorstellen kannst. Er hält Rekkuzrerup für eine Art Wundermittel. Und Bier natürlich auch.«
Die Vorstellung, dass sich die Symptome seines Vaters
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