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Echte Morde

Echte Morde

Titel: Echte Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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hielt.
    „Einige von uns könnten direkt aus den Büchern Joseph Wambaughs stammen, der selbst Polizist war und ziemlich gute Bücher schreibt: Sie sind laut, sie trinken, sie sind Machos, sie sind größtenteils ungebildet und manchmal brutal. Es gibt ein paar Durchgeknallte, wie wohl in jedem Beruf, und auch ein paar Rechtsradikale. Linke findet man bei uns weniger und auch nicht viele Leute mit einem Collegeabschluss. Aber innerhalb dieser groben Parameter gibt es bei uns alles, was man sich nur vorstellen kann. Manche meiner Freunde - manche Polizisten - sehen sich möglichst jede Krimiserie im Fernsehen an, damit sie wissen, welches Verhalten man von ihnen erwartet. Andere - allerdings nicht viele - lesen Dostojewski." Er lächelte, ein Lächeln, das in seinem müden Gesicht fast schon fehl am Platz wirkte. „Ich befasse mich gern mit historischen Verbrechen. Ich grüble gern darüber nach, wie die Polizei an den jeweiligen Fall herangegangen ist, nehme ihre Methoden, ihre Vorgehensweise auseinander. Kennen Sie sich mit dem Fall June Anne Devaney aus? Blackburn, England, irgendwann Ende der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts?"
    „Ein Kindsmord, nicht?"
    „Ja. Wussten Sie, dass die Polizei sämtliche männlichen Einwohner Blackburns dazu gebracht hat, sich die Fingerabdrücke abnehmen zu lassen?" Arthurs Gesicht leuchtete förmlich vor Entzücken. „So haben die Kollegen damals Peter Griffith erwischt. Indem sie Tausende von Fingerabdrücken mit denen verglichen, die Griffith am Tatort hinterlassen hatte." Einen Augenblick lang verlor er sich ganz in seiner Hochachtung vor den englischen Kollegen der damaligen Zeit. „Deswegen bin ich den Echten Morden beigetreten. Aber was hatte eine Frau wie Marnie Wright davon, sich mit Fällen wie dem Julia Wallaces zu beschäftigen?"
    „Einen gut bewachten Gatten!", grinste ich, verspürte aber umgehend heftige Reue, als Arthur wieder sein Notizbuch aufschlug.
    „Dieser Mord ist echt", sagte Arthur fast schon sanft. „Es ist ein neuer Mord, kein historischer."
    „Ich weiß", murmelte ich. Ich sah Marnie wieder vor mir.
    „Haben die beiden sich oft gestritten? Marnie und Gerald?"
    „Nie - jedenfalls nicht so, dass ich es hätte sehen oder hören können", entgegnete ich entschieden und wahrheitsgetreu. Ich hatte Wallace immer für unschuldig gehalten. „Sie behielt ihn nur gern im Auge, wenn andere Frauen dabei waren."
    „Hatte sie Grund zum Argwohn?"
    „Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass sie Grund haben könnte. Gerald ist so eingebildet und ... Arthur? Könnte Gerald es getan haben?" Ich wollte nicht wissen, ob Arthur Gerald die Tat zutraute, ich wollte wissen, ob er sie ganz praktisch hätte ausführen können. Arthur verstand mich sofort.
    „Wissen Sie, wie Gerald sein spätes Eintreffen gestern Abend begründet und warum seiner Aussage nach Marnie allein kam und nicht mit ihm? Angeblich erhielt er einen Anruf. Von einem Mann, den er nicht kannte und der ihn bat, mit ihm über eine Versicherung für seine Tochter zu sprechen."
    Mir klappte die Kinnlade herunter. Langsam schloss ich den Mund wieder, musste jedoch befürchten, dadurch auch nicht viel intelligenter zu wirken.
    „Da ohrfeigt uns jemand, Arthur", flüsterte ich. „Vielleicht gilt die Herausforderung auch besonders Ihnen. Mein Gott - Marnie wurde noch nicht einmal umgebracht, weil sie Marnie war!" Das schien mir besonders furchtbar. „Man hat sie umgebracht, weil sie die Ehefrau eines Versicherungsvertreters war!"
    „Aber das haben Sie gestern Abend doch schon festgestellt. Es dürfte Ihnen nicht neu sein."

    „Aber was, wenn der Killer weitermacht? Was, wenn er den Fall June Anne Devaney kopiert und eine Dreijährige umbringt?
    Was, wenn er die Rippermorde nachahmt? Oder Leute umbringt wie Ed Gein, um sie zu essen?"
    „Nun malen Sie nicht gleich den Teufel an die Wand!", befahl Arthur barsch, allerdings wie aus der Pistole geschossen und so ungerührt, dass ich wusste, die Idee war ihm selbst auch schon gekommen. „Jetzt sollte ich aber erst einmal aufschreiben, was Sie gestern Abend alles getan haben. Fangen Sie bei Ihrem Feierabend an."
    Sollte er vorgehabt haben, mich aus meinen Horrorvisionen aufzuschrecken, so war ihm das gelungen. Da saß ich nun und musste mich, wenn auch nur auf dem Papier, für jede meiner Aktivitäten rechtfertigen, war vielleicht nicht direkt Verdächtige, aber durchaus eine möglicherweise Beteiligte. Der genaue Zeitpunkt meines Eintreffens im

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