Echte Morde
befördert."
Vielleicht wären Detective Liggett und ich noch die besten Busenfreundinnen geworden, hätte man uns ein paar Minuten Zeit gelassen, aber die bekamen wir nicht, denn Arthur stürmte aus der Küche, Zielstrebigkeit in jedem Schritt.
„Man hat die Handtasche gefunden!", teilte er Lynn mit.
„Ach was! Wo?"
„Unter dem Vordersitz eines Autos."
„Sag schon! Welches Auto?", hätte ich am liebsten laut gefragt.
Aber natürlich fragte ich nicht, und natürlich sagte Arthur mir nichts. Er und seine Partnerin verließen meinen Garten, ohne auch nur noch ein einziges Wörtchen an mich zu verschwenden, und eins musste ich Lynn Liggett zugestehen: Sie konzentrierte sich jetzt so sehr auf ihre Arbeit, dass sie sich noch nicht einmal umdrehte, um mir einen triumphierenden Blick zuzuwerfen.
Nach dem Tumult des Vormittags legten meine Gedanken Überstunden ein. Um meinen Händen etwas zu tun zu geben, fing ich an, die alte Kommode zu restaurieren, die schon seit Monaten in meinem Gästezimmer auf genau so einen Moment gewartet hatte. Nachdem ich sie die Treppe herunter und hinaus auf die Terrasse gewuchtet hatte, machte ich mich ans Werk. Als erstes musste ich sie abschmirgeln, was jetzt genau der richtige Job für mich war.
So schmirgelte ich also vor mich hin, dachte über die Begebenheit mit den Pralinen nach und fragte mich, ob sich die Polizei wohl schon bei meinem Vater gemeldet hatte. Was er wohl zu der Sache sagen würde? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Als ich mir nach getaner Arbeit in der Küche an der Spüle die Hände wusch, kam ich auf einen Gedanken, auf den ich eigentlich schon viel früher hätte kommen müssen: Konnte es sein, dass jemand auch mit diesen manipulierten Pralinen ein bestimmtes Verbrechen nachahmte? Ich eilte zum Regal, wo ich meine Bücher zum Thema historische Morde nach Hinweisen durchforstete. Auf die Schnelle ließ sich nichts finden, wenn hier also ein Nachahmungstäter am Werk war, orientierte er sich nicht an einem der bekannteren Mordfälle. Jane Engle hatte einen größeren privaten Buchbestand zum Thema als ich, also rief ich sie an und berichtete ihr von den Vorfällen.
„Irgendwie kommt mir das bekannt vor ... ein amerikanischer Mord, glaube ich." Jane war sehr interessiert. „Ist das nicht einfach grotesk? Dass so etwas in Lawrenceton geschieht? Mit uns? Ich persönlich glaube nämlich wirklich, dass es hier um uns geht, um die Mitglieder unseres Clubs. Hast du schon gehört, dass man Marnie Wrights Handtasche in Melanie Clarks Auto gefunden hat?"
„Melanie? Das kann ich nicht glauben!"
„Die Polizei mag das vielleicht ernst nehmen, aber du und ich, Roe, wir wissen doch, wie lächerlich es ist, Melanie zu verdächtigen. Melanie Clark - ich bitte dich! Die Handtasche hat man ihr untergeschoben."
„Hm?"
„Der Mörder hat ein Clubmitglied umgebracht und versucht jetzt, den Verdacht auf ein anderes zu lenken."
„Dann glaubst du also, Marnies Mörder hat ihre Handtasche mitgenommen und sie jetzt gezielt unter den Sitz von Melanies Wagen gelegt", sagte ich langsam und nachdenklich.
„Oh ja." Ich sah Jane förmlich vor mir, in ihrem kleinen Haus, vollgestellt mit den Möbeln ihrer Mutter, die silbrige Hochfrisur das einzig Helle vor den Bücherregalen voll grausamer Morde.
„Aber vielleicht haben Melanie Clark und Gerald Wright eine Affäre, das wäre doch möglich", widersprach ich halbherzig.
„Melanie könnte wirklich die Täterin sein."
„Aurora, du weißt so gut wie ich, dass Melanie bis über beide Ohren in Bankston Waites verknallt ist! Das Häuschen, das sie gemietet hat, steht nur ein paar Häuser von meinem entfernt.
Ich kann gar nicht anders als mitkriegen, wie oft Bankstons Auto hier parkt." Taktvollerweise erwähnte Jane nicht, ob es auch manchmal über Nacht dort stand.
„Ihr Wagen steht auch ziemlich oft hier bei uns", musste ich zugeben.
„Also", fuhr Jane beharrlich fort, „ich bin sicher, dass es sich bei dieser Pralinengeschichte um die Neuinszenierung eines alten Mordfalls handelt. Vielleicht findet die Polizei das Gill in der Küche eines weiteren Clubmitglieds."
„Vielleicht", sagte ich langsam. „Das heißt dann aber auch: Keiner von uns ist sicher."
„Nein", sagte Jane. „Eigentlich nicht."
„Wer könnte eine solche Wut auf uns haben?"
„Meine Liebe, ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber ich werde sofort anfangen, darüber nachzudenken und nach einem Fall zu suchen, der an deinen
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