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Echte Morde

Echte Morde

Titel: Echte Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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hatte, als sei ich die stinkende Leiche eines seit mehreren Tagen toten Welses, war eine Sache gewesen.
    Ein Einzelfall. Aber das? „Liggett!", hätte ich am liebsten gesagt, „es geht hier doch nicht um romantische Affären! Irgendein Wahnsinniger hat meiner Mutter diese Pralinen zukommen lassen und mich mit reingezogen, indem er das Päckchen an mich adressierte! Darum geht es!" Gleichzeitig wusste ich, dass Detective Liggett verpflichtet war, diese Fragen zu stellen und dass ich verpflichtet war, sie zu beantworten. Trotzdem waren sie mir von ganzem Herzen zuwider.
    Vielleicht hätte mich die ganze Bohrerei weit weniger gestört, wäre Lynn Liggett keine Frau gewesen.
    Nicht, dass ich der Ansicht gewesen sei, Frauen gehörten nicht in den Polizeidienst! Frauen gehörten auf jeden Fall in den Polizeidienst, viele Frauen aus meiner Bekanntschaft hätten ausgezeichnete Detectives abgeben. Sie sollten mal erleben, wie meine Kolleginnen in der Bücherei überfällige Bücher aufspürten - ehrlich!
    Aber in meinem Fall schien mich Lynn Liggett als Frau, nicht als Polizistin, mich als Frau, nicht als potenzielle Geschädigte taxieren zu wollen. Ich wurde von ihr gewogen und für zu leicht befunden. Nachdem sie mich von oben bis unten gemustert hatte, gelangte sie wohl zu dem Schluss, ich sei kleiner als sie. In jeder Hinsicht. Offenbar empfand Detective Liggett ihre eigene Körpergröße als Last und ging davon aus, dass ich als kleinere Frau mich ihr automatisch überlegen fühlte, galt klein doch als „feminin". Auf diesem Gebiet konnte sie ihrer Meinung nach als Frau also nicht mit mir konkurrieren, weshalb sie sich für die Rolle des zähen, misstrauischen, eiskalten Profis entschied. Das Gegenteil von feminin, sozusagen: die große, starke Frau, die sich aufmachte, um den Wilden Westen zu erobern, während ich das verwöhnte zarte Püppchen war, das hübsch brav im ruhigen, zivilisierten Osten blieb, um mit abgespreiztem kleinen Finger meinen Nachmittagstee zu trinken.
    Ich kannte mich mit Rollenspielen aus, die Nummer konnte sie bei mir nicht abziehen. Ich war versucht, in Tränen auszubrechen, ein spitzenbesetztes Taschentuch aus dem Ärmel zu ziehen - wenn ich so etwas Nutzloses denn besessen hätte - und leise zu jammern: „Arthur, das kleine Frauchen hier hat so große Angst!" Denn unter dem Strich, auch das sah ich genau, hatte Liggetts Benehmen wenig mit mir, dafür aber um so mehr mit Arthur zu tun.
    Um es ganz nüchtern auf den Punkt zu bringen: Detective Liggett vom Morddezernat Lawrenceton war scharf auf Detective Smith vom Einbruchsdezernat, und so, wie Liggett die Sache sah, war Arthur scharf auf mich.
    Das alles hatte ich innerhalb weniger Minuten erspürt - derlei Dinge aufzuschreiben dauerte viel länger, als sie zu empfinden.
    Insgesamt war Lynn Liggett eine Enttäuschung für mich. Ich hätte mich gern mit ihr angefreundet und mir Geschichten über ihre Arbeit angehört. Hoffentlich ging sie als Polizistin im Alltag geschickter vor als als Frau! Was spielte sie sich mir gegenüber so auf? Das war doch nicht notwendig, denn ich musste ihre Fragen doch so oder so beantworten. Auch wenn Mutter, ich und, glaube ich wenigstens, auch Arthur wussten, dass sie die reine Zeitverschwendung waren.
    Robin blieb bei uns, nachdem er seinen relativ simplen Teil der Geschichte zu Protokoll gegeben hatte und seine Anwesenheit eigentlich nicht mehr erforderlich war. „Ich traf Roc Teagarden im Supermarkt", hatte er gesagt, „und fragte, ob ich sie kurz besuchen und mich etwas ausruhen dürfte, da in meinem Haus das reinste Durcheinander herrscht. Ja, sie schien überrascht, als die Pralinen eintrafen. Ja, ich sah das Loch im Boden der Praline auch, als Mrs. Teagarden sie hochhielt. Ich habe Roe und Mrs. Teagarden erst im Verlauf der letzten beiden Tage kennengelernt, ich kannte sie vorher nicht. Mrs. Teagarden traf ich in ihrem Maklerbüro, wo ich mit der Dame verabredet war, die mir das Haus nebenan zeigen sollte, und Roe habe ich erst am vergangenen Abend beim Treffen des Clubs Echte Morde kennengelernt."
    „Seit wann sind Sie jetzt hier im Haus von Miss Teagarden?", erkundigte sich Arthur leise, der Robin im Küchenbereich befragte, während Detective Liggett mit Mutter und mir im Wohnzimmer saß, wo sie auf meinem kleinen Zweisitzer hockte.
    „So etwa anderthalb Stunden", sagte Robin nicht ohne eine gewisse Schärfe.
    In Arthurs Frage schwangen keinerlei Zwischentöne mit (Liggett war da lange nicht so

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