Echte Morde
erste, die Bescheid bekommt. Das verspreche ich dir."
„Solange es keiner vor mir erfährt!", meinte ich scherzhaft.
„Ich freue mich sehr für euch."
„Wie ich höre, hast du einen neuen Verehrer", erkundigte sich Mutter - im Grunde eine logische Fortsetzung unserer Unterhaltung.
„Von wem hörst du so etwas nur?", fragte ich zurück, weil ich einfach nicht widerstehen konnte.
Ich hörte ein Geräusch, das ich als befriedigtes Kichern bezeichnet hätte, wäre es von jemandem mit weniger grandiosem Format als meiner Mutter gekommen. Voll warmer Gefühle füreinander legten wir auf, und ich fuhr zur Arbeit zurück, mit dem deutlichen Gefühl, dass es in meinem Leben eindeutig bergauf ging.
Am Nachmittag kam Mutters „Verehrer" John Queensland in die Bücherei, als ich gerade am Ausleihtresen Dienst tat. Wieder einmal fiel mir auf, dass John praktisch das genaue Gegenteil von Vater war: von blendendem Aussehen nach Art eines distinguierten älteren Staatsmannes, dazu nach außen hin mindestens so reserviert und würdevoll wie Mutter. Obwohl er schon seit geraumer Zeit Witwer war, lebte er noch in dem großen, zweistöckigen Haus, das er zuvor mit seiner Frau und den beiden Kindern geteilt hatte. Die Kinder, meine Altersgenossen, wie mir durch den Kopf schoss, hatten unterdessen selbst Kinder.
John legte zwei recht langweilige Autobiografien höchst verdienstvoller Persönlichkeiten vor, die er ausleihen wollte, und während ich die Karten stempelte, erwähnte er, irgendwann im Verlauf der vergangenen drei Wochen sei in seine Garage eingebrochen worden.
„Ich benutze sie nicht mehr als Autosteilplatz, ich parke hinter dem Haus. Die Garage ist mit den Sachen der Jungs voller stellt, ich bringe sie einfach nicht dazu, zu entscheiden, was aus dem Krempel werden soll." Das sollte nach einer Beschwerde klingen, hörte sich aber eher zärtlich an. „Wie dem auch sei: Ich war auf der Suche nach meinen alten Golfschlägern, denn Bankston und ich haben uns vorgenommen, demnächst mal auf den Golfplatz zu gehen. Das Wetter wird wärmer, das muss man ausnutzen. Jedenfalls war die verflixte Garage aufgebrochen, und meine Schläger waren verschwunden." John war auch einer von uns Echten Mördern, dieser Diebstahl hatte also bestimmt etwas zu bedeuten. Ich berichtete von Gifford Doakes und seinem Beil, eine Geschichte, die John erstaunlicherweise neu war, und überließ es ihm, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.
„Ich weiß, Benjamin hat gestanden", sagte ich. ,,Aber das mit den Golfschlägern könnte eins der Beweisstücke sein, die die Polizei dringend braucht. Ein Geständnis allein reicht nicht, soweit ich das verstanden habe."
„Ich glaube, ich gehe auf dem Rückweg ins Büro noch auf dem Revier vorbei", sagte John nachdenklich. „Ich sollte den Diebstahl der Schläger melden. Sie wurden samt Beutel gestohlen, und der ist ziemlich auffällig. Meine Kinder haben mir nämlich von jedem Ausflug und jeder Reise einen Aufkleber mitgebracht, den ich dann auf meine Golftasche klebte. Das war so eine Art Familienwitz ..." John ging, ohne den Satz zu beenden. Das war mir mit ihm, soweit ich mich erinnern konnte, noch nie passiert. Seufzend dachte ich an Arthur: Ob er es wohl zu schätzen wusste, dass ihm aus heiterem Himmel ein neuer Hinweis auf den Tisch flatterte?
Golfschläger. Vielleicht hatte der Mörder sie schon benutzt? Um Marnie zu ermorden - in dem Fall hatte man die Waffe nie gefunden? Vielleicht konnte Benjamin der Polizei sagen, wo sich die Schläger befanden.
Wieder nagten allerhand Fragen an mir, bis ich nach Hause kam und den Wagen meines Vaters sah. Während ich meinen Vater begrüßte und von meinem Halbbruder stürmisch umarmt wurde, fasste ich den festen Entschluss, ein paar Tage lang nicht mehr an die Morde zu denken und einfach nur Phillips Besuch zu genießen.
Phillip ging in die erste Klasse und konnte sehr witzig sein, einem aber auch den letzten Nerv rauben. Er aß, ohne zu murren, ungefähr fünf Lebensmittel mit einigem Nährwert, alles andere in der Richtung nur unter Protest. Was keinerlei Nährwert besaß, fand aber seine völlige Zustimmung. Zum Glück gehörten Nudeln mit Tomatensauce und Pekannusskuchen zu den erwählten fünf Dingen, wobei man wohl weder das eine noch das andere als klassisches gesundes Essen bezeichnen konnte.
„Roe! Gibt es heute Abend Spaghetti?", erkundigte er sich denn auch gleich aufgeregt.
„Klar." Lächelnd bückte ich mich zu ihm hinunter und
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