Echte Vampire beißen sanft
das ständige Versteckspiel echt satt. Wenn allerdings ein EV oder ein Vampirjäger hinter mir her sein sollte...
Noch ehe ich die Tür geöffnet hatte, drang Musik an meine Ohren. Dumpfe Bässe. Klang nicht nach meinem üblichen Oldiessender.Vor Flos Gemälde herrschte Gedränge. Ich erspähte zwei Frauen, die nicht von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet waren, sondern eher aussahen wie gestresste Mütter, die geradewegs vom Elternabend hierhergekommen waren. Zwischen ihnen stand ein Mann in Khakihose und hellblauem Poloshirt. 0 Gott, er hatte eine getönte Brille auf der Nase!
»Glory, gut dass du kommst. In der linken Umkleide ist schon vor einer halben Ewigkeit ein junges Pärchen verschwunden, das einen Heidenlärm macht. Könntest du mal nachsehen, was die da drin treiben?«, sagte Lacy gehetzt. An der Kasse standen die Leute Schlange. Den Mann mit der Brille hatte sie offenbar noch nicht bemerkt.
Meine Hunde dafür sehr wohl. Valdez schob mich unauffällig in Richtung Wandbild. Will trabte neben ihm her. Ich versuchte, die Gedanken des Mannes zu lesen.
»Nein! Aufhören!« Ein kurzes Handgemenge, Geschrei, und dann hatte eine der beiden Soccer Moms den Brillenträger auch schon niedergerungen und sich auf seine Brust gesetzt.
»Ha! Ich habe meinen drei Söhnen nicht umsonst jahrelang beim Karatetraining zugesehen.« Sie entwand dem Mann eine Spraydose und hielt sie triumphierend hoch. Ringsum applaudierten die Leute. Meine Hunde stürzten sich kläffend auf den Kerl, der verzweifelt versuchte, sich zu befreien, und ein entsetztes Quieken von sich gab, als er von Will an seiner empfindlichsten Stelle attackiert wurde.
»Hilfe! Haut ab, ihr Biester!«, kreischte er und fasste sich in den Schritt.Vor Schmerz waren ihm Tränen in die Augen gestiegen, aber das Mitleid der Umstehenden hielt sich in Grenzen.
»Seht euch das an. Schwarzes Spray«, echauffierte sich jemand.
»Da hatte offenbar jemand vor, einen Anschlag auf dieses wunderschöne Gemälde zu verüben.« Das klang nach einer Kunststudentin.
»Nicht so schön wie du, mein Engel. Wir kriegen die Umkleide als Nächstes.«
»Wir sollten die Polizei rufen.«
»Bloß nicht! Ich hab Gras dabei.«
»Polizei? Ich mach die Fliege.«
Während mehrere Leute das Weite suchten (immer dasselbe, sobald von der Polizei die Rede ist), drängte ich mich zu dem Mann durch, riss ihm die Brille von der Nase und nahm seiner Bezwingerin die Spraydose aus der Hand. Die Frau posierte stolz, während ihre Freundin mit dem Handy Fotos von ihr schoss.
»Dave wird Augen machen, wenn er erfährt, was ich hier außer der State Library Convention noch so alles erlebt habe! Ich hab dir doch gesagt, dass wir nach dem Empfang unmöglich gleich ins Bett gehen können, Pam.«
Ah ja. Die beiden waren also keine gestressten Mütter, sondern abtrünnige Bibliothekarinnen.
»Der Hund wird mich doch hoffentlich nicht beißen, oder?« Pam beäugte Valdez etwas skeptisch,worauf er ihr wie auf ein Kommando über die Wange leckte. »Sieht nicht so aus.«
Als sich der Mann auf dem Boden erneut regte, stellte sich Will seelenruhig mit den Vorderpfoten auf seinen Hosenladen. Ein weiteres Quieken war die Folge.
»Braver Hund.« Pam grinste und schlang die Arme um meine beiden Beschützer. »Sharon, mach noch ein Foto.«
Ich sah dem verhinderten Kunstzerstörer in die Augen und durchforstete seine Gedanken. Angst, Westwood. Rasch versetzte ich ihn in Trance und streckte Pam die Hand hin, um ihr aufzuhelfen.
»Vielen herzlichen Dank. Sie haben unser Gemälde gerettet. Und was dich angeht, Bürschchen...« Ich beugte mich über den Mann auf dem Boden. »Hau ab, und wag es ja nicht, noch einmal einen Fuß in meinen Laden zu setzen.« Ich schickte ihm telepathisch ein kleines Horrorszenario – abgetrennte Körperteile und dergleichen -, und Will knurrte seine Leibesmitte an, nur um eindeutig klarzustellen, welche Körperteile zuerst dran glauben würden. Der Kerl wurde leichenblass und begann zu zittern.
»Sollte ich dich je wieder hier erblicken, werde ich Anzeige erstatten.« Fragt mich nicht, weshalb. Wegen eines »versuchten gemeingefährlichen Anschlags auf ein Gemälde« vielleicht. Andererseits waren die Kunden, die sich vorhin wegen Drogenbesitzes vom Acker gemacht hatten, hier nicht die Einzigen, die lieber nichts mit dem Arm des Gesetzes zu tun haben wollten. Ich pfiff Valdez und Will zurück, und der Übeltäter rappelte sich zitternd auf und wankte zur Tür, von meinen
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