Echte Vampire beißen sanft
beschäftigte in dem Hightech-Unternehmen, dem er sein Vermögen verdankte, Tausende von Leuten aus der näheren Umgebung. Wenn ich ihn öffentlich beschuldigte, würde ich im Handumdrehen in der Irrenanstalt landen.
»Sieht mir jedenfalls nicht nach einfachem Vandalismus aus. Das Cafe nebenan wurde auf dieselbe Art und Weise verwüstet.« Steve ging erneut zur Tür und spähte hinaus. »Wenn eine Gang hinter den Anschlägen stecken würde, dann hätten die Täter garantiert eine Art Markenzeichen hinterlassen, vermutlich mit Sprühfarbe. Ich sehe hier aber kein Graffiti.«
»Vielleicht hat jemand drüben im Mugs & Muffins einen schlechten Kaffee erwischt. Ich habe keine Feinde.« Jedenfalls nicht, dass ich wüsste, abgesehen von Westwood. Und der hätte zweifellos jemanden damit beauftragt, meinen Laden in Brand zu stecken, damit er selbst weit, weit weg war, während das Haus in Flammen aufging.
Aber wir würden ihn schon noch zur Strecke bringen. Wo
auch immer er stecken mochte, früher oder später würde ihn ein Vampir aufspüren und kurzen Prozess mit ihm machen. An diesen Gedanken klammerte ich mich.
»Mit der Inhaberin des Cafes nebenan werde ich als Nächstes sprechen. Sie scheint wie Sie eine Nachteule zu sein.« Steve legte seine riesige Taschenlampe auf dem Tresen ab, holte einen kleinen Notizblock aus der hinteren Hosentasche und schlug ihn auf. »Diana Marchand.«
»Ganz recht.« Diana gehörte wie ich zur hiesigen Vampirgemeinde und würde Steve genauso wenig reinen Wein einschenken. Schade eigentlich, dass er ein Beamter war; Beamte machen mich nervös. Ich fand ihn richtig schnuckelig, zumal ich ihn nun schon zum dritten Mal dabei ertappte, dass er mich verstohlen musterte. Ich tat, als hätte ich nichts bemerkt.
»Ich gehe gleich mal zu ihr rüber. Ihr Cafe wirkt etwas weniger in Mitleidenschaft gezogen, wohl, weil die Angestellten hinten in der Backstube gleich zum Feuerlöscher gegriffen haben.«
»Ja, das Mugs & Muffins ist rund um die Uhr geöffnet, während ich sonntags und montags geschlossen habe.« Die traurigen Überreste einer Porzellanfigur knirschten unter meinen Sohlen. Ein schwarzer Samthut mit aufgeweichten Federn hing schlaff von einem Hutständer. Ich ging zu dem Regal mit den Accessoires und nahm einen orangegelb gemusterten Vera-Seidenschal von einem durchnässten Stapel Halstücher. Die konnte man chemisch reinigen lassen.Vielleicht gab es ja auch noch Hoffnung für das smaragdgrüne Chanel-Kostüm. »Gehen Sie nur zu Diana rüber, Steve. Ich werde mich hier noch etwas umsehen und versuchen, den Schaden abzuschätzen.«
»Hier, die werden Sie brauchen.« Er reichte mir seine Taschenlampe. »Ich habe noch eine zweite im Wagen.«
»Danke. Ich gebe Sie Ihnen nachher zurück.« Ich ließ den Lichtkegel der Taschenlampe durch den Raum schweifen, obwohl ich mit meinen Vampiraugen alles bis ins kleinste Detail erkennen konnte. Der Lichtstrahl streifte den Computer auf der Theke, mit dem ich sämtliche Geschäftsabläufe abgewickelt hatte, vom Verkauf bis hin zum Inventar. Schluck. Er war zu einem undefinierbaren Haufen Plastik zusammengeschmolzen. Zum Glück gab es von sämtlichen Dateien Sicherungskopien. Die Frage war nur: wo? Im Augenblick war ich zu aufgebracht, um mich daran zu erinnern.
Steve drückte mir eine Visitenkarte in die Hand. »Rufen Sie mich an, falls Ihnen doch noch einfällt, wer einen Groll gegen Sie hegen könnte.«
Ich lächelte. »Es gibt genügend Frauen, die wegen eines tollen Kleides quasi über Leichen gehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass eine von ihnen so viele unschuldige... Opfer dafür in Kauf nehmen würde.«
Steve tätschelte meine Schulter. »Tja, man kann nie wissen. Es kann ohne weiteres sein, dass ich mich noch einmal bei Ihnen melde... um Sie über unsere neuesten Erkenntnisse zu informieren.« Er ließ den Blick über mein geschrumpftes T-Shirt und die hautengen Jeans gleiten, deren Reißverschluss sich erst zuziehen hatte lassen, nachdem ich mich rücklings aufs Bett gelegt und den Bauch eingezogen hatte. Schönheit muss bekanntlich leiden.
Und wie es aussah, hatte sich die Quälerei gelohnt- Steve schien durchaus an mir interessiert zu sein. Diese Tatsache konnte sich noch als Vorteil entpuppen, falls er etwas zu neugierig wurde und dahinterkam, dass ich seit gut vierhundert Jahren kein Tageslicht mehr erblickt hatte. Ich atmete tief durch. Und natürlich konnte ich, wenn nötig, immer noch den Whammy anwenden.
»Da
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