Echte Vampire beißen sanft
Ich brauche keinen weiteren Wachhund, und ich will auch keinen haben. Schick dieses... dieses Untier wieder dorthin zurück, wo es herkommt – in seine Höhle am A... der Welt.«
»Glory hat Recht.« Maras Geschwisterliebe hielt sich offenbar
in Grenzen. »Will, raus hier. Und pass auf, dass du dir nicht den Schwanz in der Tür einklemmst.«
»Schluss jetzt!«, donnerte Blade. »Ihr werdet gefälligst miteinander auskommen. Und wenn nicht, setzt es etwas!« Er zog mich an sich.
Ich war versucht, mich zur Wehr zu setzen. Ich hasse es, wenn er mir Befehle erteilt. Aber ich weiß, er meint es gut, und außerdem jagt er mir ganz schön Angst ein, wenn er wütend ist.
»Beruhige dich, Jerry. Wir werden uns schon irgendwie arrangieren.« Ich tätschelte seine Wange, und er entspannte sich ein wenig. »Aber wenn du mich fragst, ist das wirklich überflüssig.«
»Ich muss wissen, dass du in Sicherheit bist, Gloriana. Sonst kann ich nicht von hier fort.« Er verstärkte seinen Griff und sah mir zärtlich in die Augen. Sogleich schmolz mein Widerstand dahin.
»Okay, okay.« Ich schmiegte mich an ihn. »Aber sieh zu, dass du bald zurückkommst.Auf Dauer ist das keine Lösung.«
»Natürlich.« Er küsste mich auf die Stirn. »Will, du bist ab jetzt für Glorys Wohlergehen verantwortlich. Sollte ihr auch nur ein Haar gekrümmt werden, ist unser Deal gestorben. Verstanden?«
»Deal?« Mara schnaubte. »Warum wundert mich das nicht? Du steckst wohl wieder einmal in finanziellen Schwierigkeiten, wie? Wenigstens warst du diesmal klug genug, nicht mich anzubetteln.«
»Wozu auch?« Will seufzte tief. »Meine eigene Schwester würde mir nicht einmal einen Knochen gönnen,wenn ich am Verhungern wäre. Apropos Knochen...« Er tappte zu Blade. »Wir müssen doch hoffentlich kein Hundefutter essen, oder? Ich erwarte zumindest einen gewissen Lebensstandard.«
Valdez spitzte die Ohren. Ein Verbündeter kam ihm in dieser Angelegenheit wohl ganz gelegen. »Wo denkst du hin? Ich hatte erst vorgestern ein Ribeye-Steak. Du brauchst nur bei Glory zu bestehen, was du haben möchtest. Allerdings ist sie nicht gerade eine begnadete Köchin. Ein Stück Fleisch in der Pfanne zu braten, ohne es zu verkohlen, ist schon eine ziemliche Herausforderung für sie. Sie kapiert einfach nicht, dass ich meine Steaks blutig mag.«
»Wenn ein gewisser Mr Blade nicht darauf bestehen würde, dass ich wie ein Hund herumlaufe, könnte ich für uns beide kochen. Ich habe an der Cordon-Bleu-Kochschule in Paris gelernt. Abendkurse. Ich habe nämlich vor, ein Restaurant zu eröffnen,sobald ich das nötige Kleingeld beisammen habe.«
»Du bist doch ein Vampir, nicht? Wie kommt es, dass du essen kannst?« Konnten das etwa alle außer mir? Das Leben ist ja so was von ungerecht!
»Meine Geschwister und ich sind alle schon als Vampire zur Welt gekommen, deshalb haben wir ein paar besondere Fähigkeiten. Wusstest du das nicht, Glory?« Mara warf mir einen mitleidigen Blick zu, als könnte sie es nicht fassen, dass ich ihre Familie nun schon Hunderte von Jahren kannte und trotzdem keine Ahnung hatte.
»Klar wusste ich das.« Ähem. Von wegen. Ich hatte eben Hunderte von Jahren damit zugebracht, mich bei den Sterblichen anzubiedern.
»Ich habe Will eingeschärft, dir zu gehorchen, Glory.« Jerry bedachte den weißen Hund mit einem strengen Blick. »Wenn er dir zu viele Probleme macht, werde ich ihn ersetzen.«
Mara schüttelte den Kopf. »Nur gut, dass du arm wie eine Kirchenmaus bist, Glory. Bei Will verschwindet das Geld genauso schnell wie bei Valdez die Twinkies.«
»Hey, ich brauche meine Energielieferanten. Und außerdem
würde mich interessieren, warum er richtig reden kann, während ich es auf telepathischem Weg tun muss.« Valdez lehnte sich an mein Knie. »Aber wenn Nummer zwei in der Öffentlichkeit nicht seine Schnauze hält, dann wirst du ihm doch hoffentlich ordentlich den Kopf waschen, nicht wahr, Glory?«
Ich kraulte ihn hinter den Ohren. »Ja, Kleiner. Für ihn gelten dieselben Regeln wie für dich. Und du wirst immer meine Nummer eins bleiben.«
»Na, vielen Dank.« Blade drückte mich an sich. »Ich dachte, ich wäre deine Nummer eins.«
Ich sah ihn grinsend an. »Okay, lass mich das etwas präziser formulieren. Valdez, du wirst immer meine Nummer eins unter den Wachhunden sein, und du, Blade, wirst immer...«
»Erspart mir das.« Mara verdrehte die Augen. »Ich habe jetzt langsam die Nase voll von diesem Wer-beschützt-Glory-Theater.
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