Echte Vampire beißen sanft
er vor die Tür trabte. Richard schloss sie hinter ihm.
Valdez war sichtlich verstört darüber, dass Will einen Auftrag erhalten hatte, während er tatenlos herumsitzen sollte. »Vielleicht sollten wir abschließen. Wir wollen doch nicht, dass dieser Vampir, der so verrückt nach Glory ist, hier hereinspaziert.«
»Vielleicht doch.« Richard flößte mir Angst ein, wenn er wütend war.
»Pah. Als würde sich ein Vampir von einer versperrten Tür aufhalten lassen«, rief Flo von draußen. »Mach auf!«
NEUN
Richard riss die Tür auf, trat einen Schritt zurück und musterte Flo mit bitterböser Miene.
»Richard.« Flo erwiderte seinen grimmigen Blick, als sie an ihm vorbeimarschierte. Sie hatte beide Arme voll mit Kleidern.
Lacy folgte ihr, mit Schuhschachteln und Taschen beladen. »Warum willst du Vampire aussperren? Sie gehören zu unseren besten Kunden.«
Ich sprang auf und bedeutete den beiden, die mitgebrachten Waren auf einem Tisch abzulegen. Da sieht man mal wieder, wie erfrischend ein paar schicke Accessoires wirken können.
»Manche Vampire sind eben eher darauf aus, Unruhe zu stiften, als gut auszusehen.« Richard starrte Flo einen Augenblick an. »Aber es gibt auch Vampire, die haben nichts anderes im Kopf als ihr Aussehen.«
»Na und? Ich bin eben stolz auf mein Äußeres.« Flo deponierte vorsichtig einen Stapel Seidenblusen auf dem Tisch. »Und ich habe das Unmögliche geschafft: Ich habe mir meinen frischen, modischen Look bewahrt, obwohl ich ein paar Jahrhunderte älter bin als die meisten Anwesenden hier.«
Ich legte Flo eine Hand auf die Schulter. Sie zitterte vor Wut, und zwischen ihren geschminkten Lippen wurden die Spitzen
ihrer Vampirzähne sichtbar. Ich würde mich hüten, ihr zu sagen, dass die Farbe ihres Revlon-Lippenstiftes (»Cherries in the Snow«) total out war. Block, Block!
»Flo, du bist mein großes Vorbild, wenn es um Modetrends geht.« Ich warf Richard einen »Zieh Leine!«-Blick zu. »Richard macht sich bloß Sorgen wegen eines Vampirs, den er jagt...«
»Nein, ich mache mir Sorgen, weil Gloriana von einem Stalker belästigt wird.« Sogleich war ich die Empfängerin seiner giftigen Blicke.
»Ein Stalker ist hinter dir her?« Jetzt hatte Florence ihre Fangzähne ganz ausgefahren. »Wer wagt es, meine Mitbewohnerin zu belästigen? Dem Kerl schlitze ich die Kehle auf! Ist es ein Vampir? Dann würde das natürlich nicht viel nützen. Dass aber auch nie ein Pfahl in der Nähe ist, wenn man mal einen braucht.« Flo schnappte sich einen Malerpinsel und beäugte prüfend das hintere Ende. »Ein bisschen zu stumpf, aber mit dem nötigen Kraftaufwand...«
»Beruhige dich, Vampgirl. Ich bin sicher, Richard hat alles fest im Griff.« Lacy hatte die Schuhschachteln ordentlich übereinandergestapelt und lehnte sich lasziv an den Tresen, so dass der Saum ihres knappen Oberteils hochrutschte. Beim Anblick ihrer schmalen Taille knirschte ich mit den Zähnen. Die großgewachsene Rothaarige hatte einen Narren an Richard gefressen. Sie fand seinen durchdringenden Blick und seine schwermütige Art unwiderstehlich.
»Ihr solltet alle auf der Hut sein.« Richard wandte sich an seine ehemalige Geliebte. »Florence, hörst du in letzter Zeit gelegentlich Stimmen?«
»Stimmen? Willst du etwa andeuten, ich wäre nicht ganz dicht?« Flo hatte sich offenbar in den Kopf gesetzt, Richard offen anzufeinden, und mir hing die Vermittlerrolle allmählich echt zum Hals raus.
»Nein. Ich höre in letzter Zeit hin und wieder eine Stimme, als würde jemand auf telepathischem Wege versuchen, mit mir Kontakt aufzunehmen, mich zu sich zu rufen.« Okay, ich bin eine unverbesserliche Friedensstifterin. »Du also nicht?«
»Nein, nichts dergleichen.« Flos grüne Augen ruhten beunruhigt auf mir. »Kommt dir die Stimme bekannt vor? Ist es Damian?«
Ihr Bruder hatte mir kürzlich ein paar üble Streiche gespielt, um mich ins Bett zu locken. Aber ich hatte ihm klipp und klar zu verstehen gegeben, dass ich nicht bereit war, nur eine Kerbe an seinem Bettpfosten zu sein, und ich hatte das Gefühl, dass die Message angekommen war. »Nein, seine Stimme würde ich erkennen. Es ist jemand anderes. Er hat auch nicht wie du und Damian diesen sexy klingenden italienischen Akzent.«
»Sexy, wenn auch kaum hörbar. Also, wer auch immer dahintersteckt- er kann sich auf etwas gefasst machen, und das weißt du auch, nicht, Glory?«
»Ja, Flo. Und jetzt zeig mir deine Schuhe. Ich kann nicht fassen, dass du mir welche
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