Echte Vampire haben Kurven
hergekommen, um mich zu amüsieren, und nicht, um mir einen Brummschädel zu holen. Aber solange Damian nicht in der Nähe war, konnte ich mich entspannen.
Ich sah mich um. Es waren zahlreiche Hexen zugegen, mit Ausnahme von CiCi jedoch alles Vertreterinnen der dunklen Mächte. Natürlich tummelten sich auch reihenweise Draculas in der Menge, die meisten von ihnen Sterbliche mit weiß geschminkten Gesichtern, blutroten Lippen und falschem Blut in den Mundwinkeln. Als wären alle Vampire Ferkel, die noch nie etwas von Servietten oder Tischmanieren gehört haben und sich beim Essen bekleckern.
Plötzlich blitzte und rauchte es neben mir, als ein Zauberer einen verblüfften Partygast, der ihn erzürnt haben musste, in einen Frosch verwandelte. Der Zauberer sah mich an, zuckte
mit den Schultern, als wollte er sagen: »Ihr könnt mir nicht das Geringste anhaben« und schritt davon. Die Begleiterin des Verzauberten, die als Königin Elisabeth die Erste verkleidet war, packte den Frosch und rannte dem Zauberer keifend hinterher, doch niemand schenkte ihr oder ihrem erbosten Gezeter Beachtung.
Es war ein schönes Gefühl, zur »Vampirgemeinde«, wie Richard Mainwaring es genannt hatte, dazuzugehören. Immer wieder schlenderten Leute vorbei, die ich von den Meetings der letzten Wochen kannte, und bedachten mich mit einem Lächeln oder Nicken.
Dann kam Tony mit einem hochprozentigen Drink angeschnauft. »Da bin ich wieder, Miss Gloriana.«
Ich erforschte seine Gedanken. Er war nervös, aber fest entschlossen, weiterhin für uns zu arbeiten, ganz gleich, wie viel Westwood ihm auch geboten hatte. Tony Crapetta war längst nicht so dumm, wie alle dachten. Er wollte leben, in Austin, und zwar noch viele, viele Jahre. Vielleicht sogar bis in alle Ewigkeit, falls er je den Mut aufbrachte, sich in einen Vampir verwandeln zu lassen.
Er kippte sich einen Gutteil seines Drinks hinter die Binde und seufzte zufrieden. »Mr. Sabatini versteht es, eine ordentliche Party zu organisieren. Was halten Sie davon, wenn wir mal eine Runde drehen?«
»Warum nicht?« Ich folgte ihm zum Ausgang. Es gab noch drei weitere Zelte. Die Band, die ich bei unserem Eintreffen gehört hatte, spielte auf der Terrasse mit dem herrlichen Ausblick über die Stadt eine bekannte Melodie, einige Paare tanzten dazu. Auf kleinen Tischen standen Kerzen, deren flackerndes Licht für romantische Stimmung sorgte, und ich stand ausgerechnet mit Tony Crapetta hier.
»Diese Band war erst kürzlich mit einem ihrer Songs in
der Country-Hitparade vertreten. Voriges Jahr hat eine Rock Band aufgespielt. Ich persönlich bevorzuge zwar Disco-Sound, aber ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, falls Sie Lust auf ein Tänzchen haben, Miss Gloriana.« Tony hielt mir die Hand hin. »Mr. Sabatini hat einen hübschen Batzen Geld dafür hingeblättert, dass die Jungs auf seiner Privatparty aufspielen. Wär doch ein Jammer, wenn wir das nicht ausnützen würden.«
Mit seinem original Siebziger-Jahre-Anzug (komplett mit Weste, Glock enhose und knallbunt bedrucktem Hemd) hätte Crapetta aus einer der Tanzshows von Saturday Night Fever stammen können, wenn man von den sechs Kruzifixen absah, die an Goldketten zwischen seinem dichten Brusthaar baumelten. Als er nun auch noch einen John-Travolta-Move vollführte, hakte ich das Thema Tanzen endgültig ab.
»Vielen Dank, Tony, aber ehe wir eine kesse Sohle aufs Parkett legen, würde ich gern noch einen Blick in das Zelt da drüben werfen.« Ich hätte besser daran getan, auf sein Angebot einzugehen, denn besagtes Zelt beherbergte meinen persönlichen Alptraum.
»Warum zögern Sie noch, Miss Gloriana?«, fragte Tony, als ich wie angewurzelt am Eingang stehen blieb und mich unwillkürlich fragte, ob mir Damian absichtlich das Leben schwermachte. Unsinn. Ich wurde allmählich paranoid. Er konnte nichts von meiner kleinen Schwäche wissen. Keiner in Austin wusste davon. Keiner außer Valdez.
Tony legte mir aufmunternd die Hand aufs Kreuz. »Hier können Sie nach Herzenslust Black Jack, Roulette und Poker spielen – und Sie müssen nicht einmal Ihr eigenes Geld riskieren, denn die Chips gibt es gratis. Die Gewinne kann man an dem Tisch dort hinten gegen einen der tollen Preise eintauschen.
Voriges Jahr bin ich mit einem DVD-Player nach Hause gegangen.«
Schon verspürte ich den Adrenalinkick, den ich verzweifelt zu vergessen versucht hatte. Wie ich dieses Gefühl vermisst hatte! Die Musik der Band draußen klang mir längst nicht so
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