Echte Vampire haben Kurven
meiner klugen Entscheidungen gewesen. Ich hörte, wie nebenan die Tür aufging und Flo in Stöckelschuhen über den Holzboden trippelte. Niemand war überraschter gewesen als ich, als Flo verkündet hatte, sie wolle mit mir zusammenziehen, ich solle nach einer entsprechenden Wohnung Ausschau halten. Ganz
recht, verkündet. Flo lässt ein Nein als Antwort nicht gelten. Ich sollte Nachhilfestunden bei ihr nehmen.
Aber ich konnte noch weit mehr von ihr lernen. Außerdem übernahm sie die halbe Miete. Woher sie das Geld dafür bezog, wusste ich nicht, und es ging mich auch nichts an. Vielleicht kam Damian für ihren Lebensunterhalt auf.
Sie erschien mit einem Schal um den Hals und einer Tasche in der Hand in meiner Tür.
»Was liest du da?« Sie ließ sich auf das Fußende meines Bettes fallen und kraulte Valdez hinter den Ohren.
Ich verzog das Gesicht. »Ich bilde mich weiter.« Ich hatte Flo angeboten, ihr das Lesen beizubringen, aber sie hatte mir eine klare Abfuhr erteilt, mit ihrem üblichen Charme, aber kategorisch. Kein Interesse, Punktum. Entweder ich mochte sie so, wie sie war, und wenn nicht, ciao. Aber man konnte ihr einfach nicht lange böse sein, und außerdem kam sie offensichtlich auch so bestens zurecht.
»Sollen wir ein bisschen Sex and the City gucken?«
Was Elektrogeräte anging, war Flo dafür längst im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen. Sie wusste, wie man einen DVD-Player bediente, und ich hatte sie, während wir beide bei Freddy gewohnt hatten, mit dem SATC -Virus angesteckt.
»Gern.« Ich legte das Buch zur Seite. »Aber erst bist du mir noch ein paar Erklärungen schuldig. Damian ist dein Bruder?«
Flo zuckte die Achseln. »Ist eine lange Geschichte, ungefähr so wie bei Freddy und seiner Mutter. Als Damian damals zum Vampir wurde, war ich natürlich nicht gewillt gewesen, zu Staub zu zerfallen, während er sich bis in alle Ewigkeit weiter vergnügte.« Sie band Valdez ihren Schal um den Hals, und er ließ es widerspruchslos geschehen, sogar, ohne einen sarkastischen
Kommentar vom Stapel zu lassen. Flo weiß eben, wie man mit Männern umspringt.
»Verstehe. Bei Blade war es ähnlich. Keines seiner Geschwister wollte sich die Chance auf ewiges Leben entgehen lassen.« Ich stupste Valdez mit dem Fuß an. »Musst du noch einmal raus, ehe wir schlafen gehen?«
Valdez sah zu Flo auf. »Ich hätte nichts dagegen, mir kurz die Beine zu vertreten. Was hältst du davon, Süße?«
Der Ärmste. Wann würde er wohl begreifen, dass er bei Flo keine Chance hatte?
»Du fragst mich allen Ernstes, ob ich mit dir rausgehe?« Flo grinste. »Also gut. Aber wir legen einen Zwischenstopp unten im Café ein; vielleicht sitzt dort ja ein gut aussehender Mann. Sí?« Sie nahm ihm den Schal ab und schlang ihn sich um die Schultern. »Und du wirst mich beschützen.«
»Niemand könnte das besser.« Valdez alias James Bond hüpfte vom Bett, schnappte sich die Leine von der Kommode und legte sie vor Flo auf den Boden. »Hier. Wir müssen den Schein wahren.«
Den Schein wahren? Hallo, ein Hund ist und bleibt ein Hund. Valdez bedachte mich mit einem Blick, bei dem ich mich ernsthaft fragte, ob er vielleicht die große Ausnahme bildete. Flo schüttelte sich ihre Haare auf und fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen.
»Wie seh ich aus, Glory?«
»Makellos, wie immer.« Genau wie die schmale schwarze Hose und das türkisfarbene Top, das sie trug. Flo hat einen tollen Geschmack. Ich könnte sie in meinem Laden gut gebrauchen, aber sie hatte mir klipp und klar erklärt, dass sie nie mit ihrer Meinung hinter dem Berg hält, und zu viel Ehrlichkeit stellt beim Verkauf zuweilen ein Problem dar.
»Es überrascht mich, dass du keinen Liebhaber hast, Flo.«
»Oh, ich habe einen.« Sie nahm Valdez an die Leine und seufzte. »Aber die Sache ist nicht ganz unkompliziert. Er schaut ständig anderen Frauen hinterher.«
»Der Kerl ist wohl nicht ganz bei Trost.«
Ich verschluckte mich beinahe an meinem Drink. »Valdez!« Trotzdem musste ich ihm Recht geben. Flo war eine faszinierende Frau. Was konnte ein Mann noch mehr wollen?
»Das ist lieb von dir, Glory.« Sie grinste breit. »Ja, ich lese immer noch deine Gedanken. Aber ab morgen werde ich mich bessern.«
Sie rauschte aus dem Zimmer. Valdez trabte neben ihr her. Mein Leben wurde von Minute zu Minute spannender. Ich nahm erneut mein Buch zur Hand, konnte mich aber nicht mehr konzentrieren. Zeit für eine SATC -Pause. Ich ging ins Wohnzimmer. Die DVD mit der
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