Echte Vampire haben Kurven
gute Stube.«
Flo und Diana folgten uns auf dem Fuß. Ich kam mir ein bisschen albern vor, als ich nach der Tür tastete.
»Eine von euch sollte vorausgehen. Flo, führ uns zum nächsten Schuhgeschäft, möglichst eines, in dem gerade Ausverkauf ist.«
»Zu Befehl!« Flo marschierte los, Valdez hinterher.
Diana ergriff meinen Arm, als wollte sie mich durch die Massen dirigieren. Ich erntete einige mitleidige Blicke und kam mir vor wie eine Betrügerin.
»Was für Stiefel suchst du denn? Hochhackig oder flach? Bis zum Knöchel oder bis zum Knie? Leder oder Veloursleder? Und welche Farbe?«
»Mann, Diana, ich bin blind, nicht taubstumm. Ich kann dem Verkäufer schon selber …« Ich verstummte. Dieses Blinde-Kuh-Spiel
nervte mich schon jetzt. »Entschuldige, Di.« Ich klärte sie kurz über meine Vorstellungen auf.
»Voilà.« Flo hielt vor einem Geschäft, an dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift »Sale« hing. Beim Eintreten verkündete sie: »Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn meine blinde Freundin ihren Hund mit in den Laden nimmt? Die Ärmste hat nur äußerst selten die Gelegenheit, shoppen zu gehen.«
Valdez fletschte die Zähne und knurrte einen Verkäufer an, der uns im Weg stand.
»Äh, kein Problem. Blindenhunde sind uns jederzeit willkommen.« Der Verkäufer wich zurück und stolperte über ein Regal mit Ballschuhen.
Hm. Der Metallic-Look war zurück, wie es schien. Beinahe hätte ich nach einer besonders hübschen bronzefarbenen Sandalette gegriffen. Stattdessen tappte ich nach einem Hocker.
»Sitz, Valdez.« Ich lächelte und drückte seinen Hintern zu Boden, bis er saß – dummerweise auf meinem linken Fuß. »Autsch!«
Diana nahm die Leine und zerrte ihn beiseite. »Sie hätte gern kniehohe braune Wildlederstiefel, Größe achtunddreißig oder neununddreißig. Der Absatz soll nicht zu hoch sein, stimmt’s, Glory?«
»Genau. Danke.« Ich befahl Valdez auf telepathischem Wege, sich zu benehmen, während ich aus dem linken Schuh schlüpfte und meine Zehen massierte.
Flo drückte mir einen Stiefel in die Hand. »Hier, fühl mal, Glory. Herrlich weich, nicht?«
Valdez sprang wie von der Tarantel gestochen auf und begann wie wild zu bellen.
»Oh, Gott!« Ich ließ mich auf den Boden fallen. Diana kroch unter einen Tisch, und Flo flüchtete zu dem verdatterten Verkäufer hinter den Tresen.
»Ist es Westwood?« Diana streckte den Arm nach mir aus und zerrte mich zu sich unter den Tisch. Es geht doch nichts über Vampirkräfte.
Zum Glück waren wir die einzigen Kundinnen im Laden. »Was ist denn los, Valdez?« Er schnüffelte ein wenig am Boden herum, dann setzte er sich hin und kratzte sich hinter dem Ohr.
»Falscher Alarm. Diese dämlichen Stiefel sind mit Kaninchenfell gefüttert. Einen Augenblick dachte ich, ich hätte eine Katze gewittert.«
»Schönen Dank auch.« Ich kroch unter dem Tisch hervor und erhob mich. »Flo, knöpf dir den Verkäufer vor.«
Sie grinste und sah dem Verkäufer tief in die Augen, worauf er stumm ins Lager marschierte, um meine Stiefel zu holen. Diana klopfte sich den Staub von den Jeans und schüttelte den Kopf.
»Blödes Vieh. Du hast mich zu Tode erschreckt. Überprüf beim nächsten Mal gefälligst, ob wir auch wirklich in Gefahr sind, ehe du wieder so einen Aufstand machst.« Diana wirkte blasser als sonst.
Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Flo sank auf den Hocker neben mir.
»Shopping ist eine ernste Angelegenheit, Valdez, vor allem, wenn es Schuhe im Ausverkauf gibt.« Sie fächelte sich mit der flachen Hand Luft zu. »Also verhalte dich unauffällig, es sei denn, du siehst einen Mann mit Pfeil und Bogen hantieren.«
»Geh mir nicht auf den Wecker, Lady.«
»Geh du uns nicht auf den Wecker.« Ich drückte sein Hinterteil zu Boden, wobei ich diesmal vorher meine Füße aus der Gefahrenzone brachte. Dann kehrte der Verkäufer mit drei Schachteln zurück, und ich war gezwungen, meine Scharade als blinde Kundin fortzusetzen. Es gab weiß Gott Angenehmeres,
aber wenigstens fühlte ich mich sicher. Und Flo und Diana bestätigten mir einhellig, dass meine neuen braunen Stiefel eine Augenweide waren – und ein Schnäppchen obendrein.
Diana erstand ein Paar Pumps von Prada, und Flo fand, bei Ferragamo-Pantoffeln zum halben Preis müsse man einfach zuschlagen, weshalb sie gleich drei Paar erstand, von jeder Farbe eines.
Wir waren auf dem Weg zum Leichenwagen, draußen auf dem Parkplatz, als Valdez erneut zu bellen begann und mich zu Boden warf. Die
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