Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
zu werden, ein Ziel, auf das ich hinarbeiten konnte, wie wenn man sich zu einem Marathon anmeldet.«
Und da registrierte sie, dass Sebastian den Kopf schüttelte.
Beinahe unmerklich, aber er schüttelte ihn. Den meisten Menschen wäre es entgangen, doch Alex, die darauf getrimmt war, jeden Hinweis zu registrieren, sprang darauf an und wandte ihren Blick ihm zu.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass vielleicht noch mehr dahintersteckt?«
Sebastian sah erst Alex an und dann Björn, der - Alex hätte es schwören können - auf einmal verlegen wirkte.
»Wie man hört, sollen die Auswahlkriterien für den ProTrain-Wettkampf äußerst…«, sie hielt inne und sah von einem jungen Mann zum anderen, »… streng gewesen sein. Es muss einen sehr guten Grund geben, warum Sie heute hier sitzen, Mr. Sieger.«
Schweigen.
Und dann konnte Sebastian sich nicht mehr zurückhalten. »Was soll das denn, Björn, dass du der Frage den ganzen Tag ausweichst?«
Und mit diesen Worten wandte er sich Alex zu.
»Er ist zu bescheiden, es Ihnen zu erzählen, er ist sogar zu bescheiden, es irgendjemandem zu erzählen, der ihn fragt. Aber ich meine, er sollte Ihnen seine Geschichte erzählen. Sie ist schließlich wahr, warum also sollte er sich zieren?«
»Ich stimme Ihnen absolut zu«, sagte Alex aufmunternd, als
Björn den Mund öffnete, um seinem Freund zu widersprechen. »Bitte. Schießen Sie los!«
Offenbar höchst erfreut, endlich eine Gelegenheit zu haben, mit der Wahrheit herauszurücken, begann Sebastian hastig zu erzählen, bevor Björn ihn davon abhalten konnte.
»Also, wir trainierten beide für ein Rennen, an dem wir für einen wohltätigen Zweck teilnehmen wollten. Wir liefen oben in den Bergen in der Nähe unseres Heimatortes, als wir auf einmal auf einen verletzten Mann stießen, einen Kletterer, der abgestürzt war. Bei dem Sturz war sein Funkgerät in die Brüche gegangen. Weder ich noch Björn hatten unsere Handys dabei, was im Rückblick wahrscheinlich als total bescheuert erscheinen muss, aber da oben hat man sowieso kaum irgendwo Empfang, weshalb wir uns wohl die Mühe gespart haben, sie mitzunehmen. Der Mann lag schon seit achtzehn Stunden da, ganz allein, und er war schwer verletzt. Ich blieb bei ihm, während Björn zurückrannte, um Hilfe zu holen …«
»Das hätte doch jeder getan«, fiel Björn ihm ins Wort und schüttelte den Kopf.
»Bestimmt«, brachte Sebastian ihn zum Schweigen, »aber nicht jeder wäre zehn Meilen in siebenundvierzig Minuten gelaufen.«
»Wow!«, rutschte es Alex unbeabsichtigt heraus.
»Wow!«, wiederholte Remy, weil dieser Ausruf das Gesagte ihrer Meinung nach perfekt auf den Punkt brachte.
»Wenn ich mich nicht irre, liegt der Weltrekord bei vierundvierzig Minuten …«, murmelte Alex. Dieser Wert war ihr bei ihren Recherchen im Kopf haften geblieben.
Sebastian grinste breit. »Er liegt bei vierundvierzig Minuten und vierundzwanzig Sekunden, aufgestellt in den Niederlanden von dem äthiopischen Läufer Haile Gebrselassie. Diese Zeit in bergigem Gelände hinzulegen, war also eine ziemlich bemerkenswerte Leistung von Björn, oder was meinen Sie?«
»Es ging ja fast nur bergab«, meldete sich Björn bescheiden zu Wort.
»Anschließend erschien es in sämtlichen Lokalzeitungen«, ging Sebastian über Björns Einwand hinweg, »und dann gab der Mann, für den Björn Hilfe geholt hatte, einer Münchner Zeitung ein Interview, und danach brachte ein Fernsehsender die Geschichte, und kurz darauf hatte unser Björn einen Auftritt im Fernsehen, und daraufhin meldete sich ProTrain, um ihn dafür zu gewinnen, an ihrem Wettkampf teilzunehmen. Sie sagten, dass sie auf der Suche nach ›Lokalhelden‹ seien. Er war nicht scharf darauf anzutreten, aber seine Freunde sagten ihm: ›Mann, du musst antreten, das ist eine einmalige Chance, die du nie wieder bekommen wirst.‹ Wir überzeugten ihn, dass es eine gute Sache ist. Und hier sind wir nun.«
Sebastian platzte förmlich vor Stolz auf seinen Freund, doch als Alex ihren Blick Björn zuwandte, sah sie, dass er so verlegen wirkte, dass sie regelrecht Mitleid mit ihm hatte.
»Was für eine bemerkenswerte Leistung«, sagte sie. »Es wundert mich nicht, dass Sebastian so stolz auf Sie ist, dass er es am liebsten jedem erzählen will.« Sie zwinkerte ihm beinahe unmerklich zu. »Und jetzt erzählen Sie mir mehr über sich. Ihr Englisch ist wirklich hervorragend.«
Er brauchte einen Augenblick, um sich zu fassen, dann setzte er ein dankbares
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