Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)
hatten.
– Oh, Perky, ich sehe so schrecklich aus!, winselte Rebecca, als sie ihr verfallenes Gesicht im Spiegel betrachtete.
– Unsinn, Liebling. Das ist bald wieder besser, glaub mir!
Seien wir ehrlich, altes Mädchen, mit deinem Aussehen ist es nie weit her gewesen. Zu plump, stopfst dir dauernd die beschissenen Pralinen ins Maul, dachte er bei sich. Die Ärzte hatten das Gleiche gesagt. Fettleibig, so hatten sie sich ausgedrückt. Eine Frau von nur zweiundvierzig, neun Jahre jünger als ich, obwohl man es kaum glauben sollte. Vierzig Kilo Übergewicht. Es war ein fantastisches Wort: fettleibig. Wie der Arzt das gesagt hatte, nüchtern, medizinisch, im korrekten Zusammenhang. Es hatte ihr wehgetan. Das hatte er gemerkt. Das hatte ihr einen richtigen Stich gegeben.
Obwohl er die Veränderung in ihrem Gesicht wahrgenommen hatte, konnte Perky zu seinem Erstaunen keine echte ästhetische Verschlechterung in Rebeccas Aussehen seit dem Schlaganfall feststellen. Die Wahrheit war, vermutete er, dass sie ihn schon lange angewidert hatte. Vielleicht hatte sie es schon immer getan: ihre kindische Art, ihre Selbstverliebtheit, ihr albernes Getue und vor allem ihre Fettleibigkeit. Sie war ein einziger Witz.
– Oh, Perks, du Schatz, meinst du wirklich?, ächzte Rebecca, mehr zu sich selbst als zu Perky, und wandte sich dann an die eintretende Schwester, Lorraine Gillespie,– Wird es wieder besser, liebes Schwesterchen?
Lorraine lächelte sie an,– Na, da bin ich ganz sicher, MrsNavarro.
– Siehst du? Hör auf die hübsche junge Dame, lächelte Perks, zog eine buschige Augenbraue hoch, während er Lorraine ansah, und hielt einen koketten Moment lang Blickkontakt, ehe er ihn mit einem Blinzeln beendete.
Das war eine, die man erst auftauen musste, dachte Perky. Er hielt sich für einen Frauenkenner. Manchmal, sinnierte er, sprang einen Schönheit direkt an. Man machte nur Wow! , dann gewöhnte man sich daran. Aber die Besten, wie diese kleine schottische Schwester, die schlichen sich langsam, aber unaufhaltsam an einen an, zeigten einem bei jedem Mal, mit jeder Stimmung, jedem neuen Ausdruck, ein wenig mehr. Sie erlaubten es einem, sich eine vage, verschwommene, neutrale Vorstellung von ihnen zu machen, und dann sahen sie einen auf diese gewisse Art an und fickten wie die Karnickel.
– Ja, sagte Rebecca schmollend,– mein süßes kleines Schwesterchen. Sie ist so lieb und freundlich, nicht wahr, Schwesterchen?
Lorraine fühlte sich geschmeichelt und beleidigt zugleich. Sie dachte nur an ihren Feierabend. Heute Abend war es so weit. Goldie!
– Und ich kann Ihnen versichern, dass Perky Sie auch mag!, zwitscherte Rebecca.– Er ist ein schrecklicher Schürzenjäger, stimmt’s, Perks?
Perky zwang sich zu einem Lächeln.
– Aber er ist ein solcher Schatz, so romantisch, ich weiß nicht, was ich ohne ihn anfangen würde.
Da seine Aktien bei Rebecca offensichtlich besser denn je standen, deponierte Perky instinktiv ein Diktiergerät auf ihrem Nachttisch, zusammen mit einigen Leerkassetten. Ein bisschen sehr plump, dachte er, aber er war verzweifelt.– Ein wenig Ehestifterei mit Miss May bringt dich vielleicht auf andere Gedanken, Liebling …
– Oh, Perks … ich kann jetzt unmöglich Liebesromane schreiben. Sieh mich an. Ich sehe abscheulich aus. Wie könnte ich jetzt etwas Romantisches schreiben?
Perky verspürte ein beklemmendes Angstgefühl, das ihm die Brust einschnürte.
– Unsinn. Du bist noch immer die schönste Frau der Welt, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus.
– Oh, Perky-Darling …, setzte sie an, gerade ehe Lorraine ihr ein Thermometer in den Mund schob und sie zum Schweigen brachte.
Perks betrachtete kalt ihre in seinen Augen so lächerliche Gestalt und hatte dabei immer noch ein entspanntes Lächeln aufgesetzt. Verstellung war ihm zur zweiten Natur geworden. Dennoch blieb das nagende Problem: Ohne das Manuskript für einen neuen Miss-May-Regencyroman würde Giles vom Verlag nicht die hundertachtzig Riesen Vorschuss für das nächste Buch ausspucken. Schlimmer noch, er konnte ihn auf Vertragsbruch verklagen und die neunzig Riesen vom letzten zurückfordern. Diese neunzig Riesen; mittlerweile im Besitz zahlloser Londoner Buchmacher, Bar- und Restaurantbesitzer und Prostituierter.
Rebecca nahm immer monströsere Ausmaße an, nicht nur körperlich, sondern auch als Autorin. Die Daily Mail hatte sie als »größte lebende Autorin von Liebesromanen« bezeichnet, während der
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